Eine veritable (Aus)Wahl

Eine veritable (Aus)Wahl

Am 8. September wählt die Bevölkerung ihren Gemeinderat und das Gemeindepräsidium. Der bisherige Präsident Urs Rohrbach wird von Gemeinderätin Karin Remund herausgefordert. Ein Gespräch mit den Duellanten.

Vor vier Jahren trat Urs Rohrbach gegen den damaligen Gemeinderat Daniel Rebetez an und setzte sich durch. Nach vier Jahren als Gemeindepräsident wird er selbst herausgefordert: von seiner Gemeinderatskollegin Karin Remund. Wieso eigentlich? «In meiner Amtszeit hatte ich genügend Einblick in den Tiefbau, dass ich das Problem mit dem fehlenden Personal selbst anpacken möchte. Es ist die grösste Herausforderung der nächsten Zeit. Schwarzenburgs Verwaltung fehlt es an Leuten und darunter leidet vieles», sagt die 56-jährige Karin Remund.

Das Verwaltungsproblem
Doch ist das nicht die Aufgabe des ganzen Gemeinderats und nicht nur des Präsidiums? «Es ist schwierig mit der Verwaltung. Da ergeht es uns leider wie anderen Gemeinden. Vor vier Jahren haben wir heikle Voraussetzungen übernommen, speziell im Sozialdienst und der Bauverwaltung. Der ganze Gemeinderat hat das Problem angepackt und nun ein Modell mit einer dreiköpfigen Geschäftsleitung präsentiert. Ich glaube, diese Lösung wird uns endlich voranbringen», antwortet Urs Rohrbach. Also durchaus ein Problem, das den ganzen Gemeinderat etwas angeht, und für das nun eine Lösung gefunden wurde. «Durchaus und hinter der Lösung mit der Geschäftsleitung stehe ich voll und ganz. Doch gerade in der Bauverwaltung haben wir harte Zeiten hinter uns. Wir haben Anfeindungen erfahren und es gibt kritische Fragen, denen ich mich stellen will. Nicht zuletzt weil 25 Jahre lang wichtige Geschäfte liegen gelassen wurden und wir einfach zu wenig Leute haben», ergänzt Remund. Nichts, das der Gemeindepräsident verneint, doch auch er hat seine Erfahrungen nach der ersten Legislatur gemacht und meint: «Wir haben nun in der Verwaltung eine Strategie, klare Prioritäten und ein neues Personalreglement. Ja wir haben noch zu wenig Leute, aber wir haben einen nahezu strategielosen Zustand übernommen und arbeiten nun Schritt für Schritt, um aus den Problemen herauszukommen. Leider können wir nicht zaubern, aber uns schrittweise verbessern sehr wohl.»

Die hohen Investitionen
Karin Remund hat bereits erwähnt, dass der jetzige Gemeinderat einen Investitionsstau übernommen hat. Marode Wasserleitungen müssen ersetzt werden, Schulhäuser erneuert. Das alles kostet viele Mio. Franken. Kann Schwarzenburg das stemmen? Karin Remund zielt auch bei den Finanzen wieder auf die leeren Stühle in der Verwaltung. «Je geringer die Fluktuation ist, desto besser für unsere Kosten. Da liegt viel Sparpotenzial drin.» Doch Urs Rohrbach nimmt einen anderen Blickwinkel ein: «Unsere Bevölkerungsentwicklung stagniert seit 10 Jahren und wir kommen nicht über 7000 Einwohnerinnen und Einwohner. Das merken wir bei den Steuereinnahmen. So ist es schwer, mehr Geld zu generieren. Wir müssen eine Strategie entwickeln, um sanft zu wachsen.» Um als Gemeinde genügend Kapital zu erwirtschaften sieht Karin Remund noch einen weiteren Ansatz: «Denken wir mal an das Oberstufenzentrum. Dessen Sanierung oder Neubau wird uns 13 Mio. Franken kosten. Doch wir haben die Möglichkeit, Drittmittel zu besorgen. Private betreiben zum Beispiel die Photovoltaikanlage auf dem Dach, für soziale Infrastrukturen kann ein Gesuch an Alpinfra oder vielleicht an die Patenschaft für das Berggebiet gestellt werden – wir haben da und dort Einsparpotenzial.» Nichts, das man nicht schon tut, wie Urs Rohrbach sofort aufzeigt: «So ein Beispiel gibt es schon aus dem Tiefbau. Hier war der Gemeinderat mutig und hat gerade für Strassenprojekte die Finanzierung mit Drittmitteln eingefordert.»

Kein Links-Rechts?
Diese Einigkeit zwischen den beiden erinnert an den alten Spruch, dass Parteizugehörigkeiten in einem Gemeinderat eine untergeordnete Rolle spielen. Ist es also kein grosser Unterschied, ob der Grüne Rohrbach präsidiert oder die Bürgerliche Remund? «Für das Energiestadtlabel habe ich als Bürgerliche helfen wollen. Kurz und knapp: Wir machen Sachpolitik», so Remund. «Es geht mehr darum, wie wir miteinander umgehen. Es ist mein Führungsstil, dass ich alle abzuholen versuche. Wir sind im Gemeinderat sieben Individuen und pflegen eine gute Gesprächskultur. Viele Abstimmungen enden bei uns einstimmig», ergänzt der Präsident. Seine Herausfordererin nickt.

Das teure Fest?
Mit dieser Einigkeit geht es Richtung 1000 Jahre Schwarzenburg. Geplant ist, dass im ganzen Jahr 2025 viele verschiedene Aktivitäten stattfinden. Eine teure Angelegenheit? «Derzeit ist ein breit abgestütztes OK mit vielen aktiven Leuten an den Vorbereitungen. Ich musste im Gemeinderat kämpfen, dass dieser mitmacht und dies als Chance sieht. Schwarzenburg hat viele Vereine, Restaurants und Detaillisten; eine ideale Basis, um das Gesellige aufleben zu lassen. Wir sind ein alter Marktort, älter als die Hauptstadt. Die Gemeinde stellt rund 100’000 Franken zur Verfügung. Nun suchen wir Drittmittel, um etwa eine halbe Mio. Franken zusammenzubekommen. So ein Moment ist einmalig.» Anfänglich war das Budget gar noch deutlich höher. Der Vorwurf kam, es sei ein wenig wie Brot und Spiele für die Bevölkerung. «Ich möchte auch die 1000 Jahre feiern, aber ich hätte es kompakter gemacht, gebündelt und mit breiter Wirkung. Es steht für mich ein wenig im Gegensatz zum Problem, dass wir Arbeit ohne Ende haben und uns Mitarbeitende fehlen. Das ist nicht der Moment, um eine solche Feier zu machen», kontert Remund. «Für mich ist das kein Widerspruch. Es sind viele Leute ausserhalb der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderats daran beteiligt. 1000 Jahre sind eben nächstes Jahr und nicht irgendwann. Zudem glaube ich, dass der Effekt für Schwarzenburg sehr positiv sein wird», entgegnet Rohrbach.

Rückgrat KMU
Miteinbezogen sind sicherlich auch die vielen KMU in Schwarzenburg. Sie spielen eine wichtige Rolle für das Leben in der Zentrumsgemeinde. «Wir haben alles in Schwarzenburg, Ausbildung für junge Leute, Arbeitsplätze, viele Läden und produzierendes Gewerbe. Sie sorgen dafür, dass es uns allen gut geht. Dass man Steuern zahlen kann und diese wiederum finanzieren die Verwaltung. Es braucht nun noch Bemühungen, neues Gewerbe anzusiedeln», sagt Remund. Kein Widerspruch zu dem was Rohrbach entgegnet: «Das Standortmarketing ist in der Tat wichtig. Wir hätten noch Baulandmöglichkeiten und das wird in der Ortsplanung in der nächsten Legislatur sicherlich ein Schwerpunkt sein. Denn es ist eine Stärke von Schwarzenburg, dass wir gute Firmen und Arbeitsplätze haben. Da darf man stolz sein.»

Nein, das Gespräch zwischen Karin Remund und Urs Rohrbach ist kein Duell zweier Feinde, sondern dasjenige zwischen zwei Menschen, die Schwarzenburg als ihre Heimat sehen und sich mit Herz und Elan der Gemeinde verschrieben haben. Ein Glücksfall. Wo viele Gemeinden händeringend Leute suchen, die Verantwortung übernehmen wollen, kann Schwarzenburg seiner Bevölkerung sogar eine veritable (Aus)Wahl bieten.

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