Was, wenn eine Freundschaft nur noch aus Heuchelei, dem Austausch von Floskeln und angestrengtem Small-Talk besteht? Wenn der Blick beim Treffen heimlich zur Uhr wandert und panisch nach Ausreden gesucht wird bei der Frage, wann man sich wiedersieht? Dann ist es wohl an der Zeit, Massnahmen zu ergreifen. Schliesslich hat der Tag sowieso zu wenige Stunden, und diese gilt es möglichst optimal zu nutzen. Keine Zeit mehr verschwenden wollen auch
Pierre und seine Frau Clotilde. So beschliessen sie, sich von lästig gewordenen Freunden zu trennen. Dazu lädt sie das Ehepaar zu einem letzten, perfekt inszenierten Abendessen ein. Naturgemäss kommt alles anders als geplant. Zu durchschaubar sind die Absichten, zu hartnäckig Anton, der seine Freundschaft mit Pierre nicht aufgeben will. So nimmt das nicht mehr heimliche Abschiedsdinner seinen Lauf…
Engagiert und vielseitig
Verkörpert wird der nicht mehr erwünschte Freund von Res Aebi, der seine Feuerprobe bei den Freilichtspielen Aarberg im Jahr 1991 hatte. Seit er 1997 mit seiner Familie nach Schwarzen-
burg zog, wirkte er mehrmals mit bei den traditionellen Aufführungen der «Junkere Bühni». Seinen Einstand in der Berner Matte feierte Aebi vor vier Jahren mit der Beziehungskomödie «Die Wahrheit» unter der Regie von Livia Anne Richard. Hauptberuflich unterrichtet der 53-Jährige im Oberstufenzentrum Schwarzenburg. Ganz ohne Theater geht es auch dort nicht. Wann immer möglich habe er mit seinen Schülern jeweils in der 9. Klasse ein Abschlusstheater aufgeführt. Es ist seiner Initiative zu verdanken, dass «Theater» während über zehn Jahren im Wechsel mit «Musical» als Wahlfach belegt werden konnte. Als Hauptverantwortlicher schrieb der engagierte Lehrer nicht nur Bühnenstücke, er war auch für deren Inszenierung zuständig und hatte die künstlerische Leitung inne.
«Furchtbare Zwickmühle»
«Pierre soll vor allem auf Druck seiner Ehefrau Carmen die Freundschaft mit Anton beenden», betont Res Aebi. Seine Rolle lasse sich aber nicht so einfach abservieren. Freundschaften leichtfertig zu beenden, ist für den Schauspieler auch im wahren Leben undenkbar. «Es lohnt sich immer, um eine echte Freundschaft zu kämpfen», ist er überzeugt. «Solche sind rar; sie wachsen mit einem heran und man muss sie pflegen.» Dennoch hat er auch ein gewisses Verständnis für Pierre, der sich in einer «furchtbaren Zwickmühle» befindet. «Mit dem nötigen Mass an Ehrlichkeit und Offenheit wäre er aber gar nicht in eine solche Situation gekommen», gibt Aebi zu bedenken. Viel mehr solle hier aber nicht verraten werden. Nur so viel: Für ihn habe Theater den Anspruch, einerseits zu unterhalten, andererseits dem Publikum einen Spiegel vorzuhalten. «Der Zuschauer soll von der Geschichte berührt werden und sich damit identifizieren können.» «Abschiedsdinner» falle in diese Kategorie. «Man kann sich amüsieren, und danach gut gelaunt das Theater verlassen, oder man kann sich überlegen: Wo stehe ich in dieser Geschichte? Geht es mir mit Grubers oder Imbodens nicht ähnlich?» Wer sich vor unbequemen Fragen scheut, sollte beim Zuschauen besser nicht zu viel nachdenken, sondern sich einfach hinsetzen und unterhalten lassen…