Gewitzt, authentisch, einzigartig

Gewitzt, authentisch, einzigartig

Lydia Bucher hat ihr ganzes Leben in der Gemeinde verbracht. In den letzten Jahren hat sie unzählige Besucherinnen und Besucher durch das Vreneli Heimatmuseum geführt. Auf ihre authentische und gewitzte Art hat sie die Traditionen und Bräuche aus dieser Gegend durch ihre Erzählungen wiederaufleben lassen.

Die Geschichte vom Vreneli aus dem 17. Jahrhundert wurde über Generationen hinweg mündlich überliefert und hätte so oder so ähnlich überall passieren können. Doch ist es gerade Guggisberg, das vor allem durch das Lied «ds Vreneli ab em Guggisberg» berühmt geworden ist. Dies erzählt die Liebesgeschichte von Vreneli und ihrem Hans-Joggeli, deren Ausgang bekanntlich kein glückliches Ende nahm. Lydia Bucher drückt es so aus: «Eigentlich ist es eine ganz normale Liebesgeschichte und doch ist sie so sonderbar.» Die Melodie des Liedes habe etwas Wehmütiges und treffe die Menschen mitten ins Herz.

Beamtin statt Bäuerin
Auch die Geschichte von Lydia Bucher ist etwas sonderbar. Die Bauerstochter ging einen Weg, der für eine Frau in der damaligen Zeit eher unüblich war. «Eigentlich wollte ich Bäuerin werden», erzählt sie. Doch es kam anders. Der damalige Gemeindeschreiber wurde auf die aufgeweckte Schülerin aufmerksam und überzeugte ihre Eltern, sie auf der Gemeinde eine Bürolehre machen zu lassen. «Das ist das Beste, was mir im Leben passieren konnte», schwärmt die Guggisbergerin. Zufrieden blickt die alteingesessene Frau auf 46 Dienstjahre zurück und erinnert sich gerne an die interessante und abwechslungsreiche Zeit. Neben ihrer Arbeit als Verwaltungsangestellte war sie 23 Jahre als Zivilstandesbeamtin tätig und verheiratete unzählige Liebespaare. «Das ist auch ein Grund, weshalb ich selber nie verheiratet war. Ich war so beschäftig, andere Leute zu verheiraten, dass keine Zeit für eine eigene Hochzeit und Familie blieb», schmunzelt sie.

Kindheitserinnerungen
In besonderer Erinnerung bleiben ihr auch die vielen Führungen im Vreneli Heimatmuseum, wo sie mit ihrem urchigen Dialekt und mit viel Herzblut Anekdoten aus dem Alltag der Bevölkerung erzählte. Die Guggisberger seien bodenständige und praktisch orientierte Menschen, meint Lydia Bucher. Dies sehe man auch der unüblich kurzen Tracht an, was in der früheren Zeit aus Sicht der Kirche als unsittlich galt. Dabei sei eine kurze Tracht doch viel praktischer für das Arbeiten in den Hängen und spare zudem auch noch teuren Stoff, scherzt sie. Auch an ihre eigene Vergangenheit denkt die ehemalige Kirchenchor-Sängerin zurück: «Wir hatten nicht viel, aber es ging uns gut.» Sie ergänzt bescheiden: «Wir waren einfach zufrieden mit dem, was wir hatten.» Ferien gab es nie, doch ihr Vater sei durch den Militärdienst viel rumgekommen und brachte Geschichten mit nach Hause. Es bleiben ihr viele schöne Kindheitserinnerungen, wie etwa die Sonntage, an denen sie sich mit ihrem Bruder nach dem Besuch in der Kirche am Kachelofen aufwärmte und gespannt der Stimme des Vaters lauschte.

Bekanntheit
Wenn man mit Lydia Bucher durch das Dorf Guggisberg spaziert, wird schnell klar: Es gibt kaum jemanden, der sie nicht kennt. Hier ein freundliches Lachen, da ein «Grüessti wie geits» und dort ein fröhliches Zuwinken. Es scheint, die leidenschaftliche Geschichtenerzählerin ist wie das Vreneli nicht mehr aus diesem Ort wegzudenken. Der Zukunft blickt die 87-Jährige optimistisch entgegen. Sie hat in den fast 90-Jahren eine enorme Entwicklung miterlebt. Doch im Gegensatz zu vielen anderen habe sie nie das Gefühl, dass früher alles besser war. Den Leuten, welche die heutigen Jugendlichen kritisieren, sage sie immer: «Die Jungen von heute werden genauso von der Zeit geprägt wie wir damals.»

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