«Gopf, isch dä Wy gruusig…»

«Gopf, isch dä Wy gruusig…»

Für amüsante Kurzgeschichten genügt es, mit offenen Augen durch die Welt zu laufen. Oder, wie im heutigen Fall, die Ohren auf dem Liegestuhl zu spitzen, wenn auf Radio Rottu erzählt wird, dass 240 (!) Walliser Weinkeller ihre Türen «ab morgen Freitag» während 3 Tagen fürs Publikum öffnen.

Nichts wie hin. Einzige Einschränkung, weil mit dem Auto unterwegs: zusammengezählt nicht mehr als 2 Gläser Wein im Lauf des Tages. Zuvor gibt es ein verfrühtes Zmittag als Fundament.
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«Herzlich willkommen!» heisst es auf der entsprechenden Internetseite und: «Die Walliser Weine schaffen Raum für Begegnung, und zwar mit Veranstaltungen, die Familienfeiern oder Landpartien mit Freunden gleichen, bei denen sich alles um guten Geschmack, Entdeckungsfreude und geselligen Austausch dreht. Während 3 Tagen erwarten Sie traumhafte Genuss- und Glücksmomente, die Sie garantiert in allerbeste Stimmung versetzen werden.»

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Nun denn, dann sind wir in Corona-Zeiten und während «einer Reise im Zeichen der Liebe» doch einmal gespannt, wie sich diese Treffen abspielen werden. Da auch in Vercorin/VS zuhause und zum Zeitpunkt der offenen Türen im Wallis, besuche ich zu Beginn meiner kleinen Tour du vin 3 Weinproduzenten in der Nähe, erst anschliessend geht es in die Höhle der Löwen zum eigentlichen Pièce de résistance, nämlich nach Salgesch, eine der Hochburgen Schweizer Qualitätsweine.

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Erste Station: die Cave de la Rèche in Réchy von Brigitte und Cyrille Torrent, kurz vor Mittag, also zur besten Apéro-Zeit. Siehe da: 6 Personen – die Torrents inklusive – sitzen gemütlich im einzigen wirklichen Weinkeller, der diesen Namen verdient. Aber logisch, ich habe nicht 240 Orte besucht und degustiert, es hatte bestimmt auch andere echte Caves. Der Cornalin, den ich versuche, mein Schweizer Lieblingswein, geriet Mitte des
20. Jahrhunderts beinahe in Vergessenheit, obwohl bereits 600 Jahre zuvor im Wallis erwähnt. Es ist ein sympathisches Sextett, das da in Réchy zusammensitzt. Weit weniger sympathisch dann die Diskussion rund um den amerikanischen Präsidenten, was ihn – hätte er mitgehört – allerdings ungefähr so viel interessiert haben dürfte wie jenes Gurkenglas, das letzte Woche in unserem Keller wie von Geisterhand geöffnet aufgesprungen ist. Nur damit Sie meine Einschätzung richtig einordnen können.

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Gespannt war ich auf die Weine aus dem Hause Mathieu, weil alles Importe aus Frankreich. Hallo? Ich dachte, da seien Walliser Produzenten am Drücker. Gross deshalb mein Erstaunen, als bei Jean-Louis Mathieu in Chalais ausschliesslich Fendant, Dôle, Gamaret & Co. zum Degustieren stehen. Des Rätsels Lösung: Ich Löli habe mich beim Surfen im Internet verguckt, das ist ein anderer Mathieu, über den ich mich informiert habe, nicht im Wallis zu finden. Zurück zu Mathieu nach Chalais, unmittelbar neben der Tatstation der Téléphérique nach Vercorin gelegen. Unter dem grossen Zelt – ab Freitagmittag ist für das ganze Wochenende Regen angesagt (der ab 14 Uhr auch eintrifft) – stehen 32 Personen artig an Stehtischen beisammen, dies, nachdem sie ihre Namen und Adres-
sen für die Corona-Rückverfolgung abgegeben haben. Auffallend: Nirgends habe ich während meinen Besuchen Gesichtsmasken gesehen. Die Abstandsregel (nicht die Anstandsregel…) hatte en Valais eh noch nie Gültigkeit.

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Eine weitere Station: die Clos du Géronde in Chippis. 2 Umstände haben mich zu diesem Besuch motiviert. Erstens ist der Lac de Géronde mit seinen riesigen Trauerweiden für mich die schönste Badi der Welt, einfach grossartig, mit Sicht auf die Berge entlang des Rhonetals. Zweitens gab es das heutige Trappistinnenkloster Géronde auf dem riesigen Hügel inmitten der Rebberge schon im Mittelalter. Also liegt es auf der Hand, den gleichnamigen Merlot zu probieren – und zu geniessen. Übrigens: Überall werden kleine Teller mit Trockenfleisch und Roggenbrot aufgetischt, kostenlos.
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Bei dieser dreitägigen Aktion gibt es ab einem Kauf von 12 Flaschen eine Skitageskarte gratis. Natürlich nicht fürs Berner Oberland.

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Auf dem Weg nach Salgesch sind entlang der Strasse mehrere kleine Degustationsstände zu sehen. Kein Wunder, kommt man so auf 240 Produzenten. Bei Diego Mathier – Schweizer Winzer des Jahrzehnts – wo eine erstaunliche Leere zum Zeitpunkt meines Besuches herrscht, ein lustiges Intermezzo. Einer Dame schmeckt der Gigolo nicht, eine Assemblage von Pinot, Syrah, Cabernet und Gamay. «Gopf, isch dä Wy gruusig», sagt sie zur Mitarbeiterin. Der Partner der Frau sieht das weit weniger eng, im Gegenteil, der Gigolo schmeckt ihm durchaus, «zudem ist er bei 12 Flaschen 20 % günstiger», wie er fachmännisch feststellt. Die Skitageskarte wird ebenfalls erwähnt.

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Auffallend: Gewisse Herren laufen am späteren Nachmittag in Salgesch wie Hühner über die Strasse, kein Blick links, kein Blick rechts. Ich bin sicher, dass ihre Partnerinnen die Autos fahren werden, n’est-ce-pas?

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