Am 7. März fand das vorerst letzte Mühleturnier in Bern statt. Hier belegte der Schlierner noch den 3. Rang. Jetzt übt er online. Viel habe sich für ihn nicht geändert, ausser dass die Turniere nicht stattfinden – so wurde auch die Schweizer Meisterschaft aufgrund von Covid-19 abgesagt – und er jetzt weniger am Bärenplatz sei, sagt Franz Schmid. Dort ist der Treffpunkt der rund 28 Mitglieder des Mühlespielvereins Bern. «Es gibt keinen festen Stamm, da unsere Mitglieder von überall herkommen», erläutert der 79-Jährige, der im November seinen runden Geburtstag feiern wird. Er ist der älteste Mühlespieler im Verein. «Aber ich kann mit den Jungen immer noch mithalten», erzählt er und lacht. Die Turniere können sie in der katholischen Kirche in Wabern veranstalten. Da diese samstags stattfinden, sei man in den Restaurants nicht so gerne gesehen.
Von Schach zu Mühle
Früher spielte Franz Schmid gerne Schach. Doch dafür muss man regelmässig jede Woche trainieren. Die unregelmässigen Arbeitszeiten bei der Post, wo er arbeitete, erschwerten dies. Mühle dagegen sei ein Gesellschaftsspiel, das jeder spielen kann. «Ich habe erst spät angefangen, bin eigentlich nur so reingerutscht», sagt der ehemalige Leiter des Postzentrums in Köniz. Am 25. August 1996 veranstaltete die Bank EEK das «Bärner Nüünizie Turnier» in der Elfenau. Schmid meldete sich an. Der Beginn seiner Mühlespieler-Karriere, in der er unter anderem zweimal Vize-Europameister wurde. An Weltmeisterschaften dagegen nahm er (noch) nicht teil, da diese meist in England stattfinden. «Anfangs war ich auf Draht, wenn ich verloren habe, heute kann ich besser damit umgehen», gesteht der Rentner. Kürzlich wurde er vom Weltverband zum Grossmeister ernannt. Dafür muss man mindestens 20 Grossmeister-Normpunkte sammeln, diese erhält man unter anderem für Top-3-Klassierungen an Meisterschaften. Er selbst bleibt trotz dieser Ehre bescheiden und lacht: «Der Titel bedeutet mir nicht so viel, ich nehme ihn entgegen. Aber nun spiele ich in der höchsten Liga, da muss ich aufpassen, dass ich nicht gegen schwächere Gegner verliere. Jeder Siegverlust ist mit Risiko verbunden. Ich muss mich mehr zusammenreissen.»
Richtige Taktik
Beim Mühlespielen kommt es vor allem auf die Taktik an, so könne man nicht «die Partie offensiv beginnen und dann auf eine defensive Spielweise» wechseln. Man muss überlegen und darf nicht impulsiv reagieren. Das macht auch den Reiz aus: «Man ist selbst verantwortlich, wie das Spiel ausgeht. Ich kann niemandem die Schuld geben, wenn ich verliere. Aber wenn der Gegner einen Fehler macht, dann nehme ich ihn gerne entgegen.» Das Spiel sei raffinierter geworden, so hätten Leute, die vor 20 Jahren dominiert hätten, heute wenig Chancen. «Die unbekannten Varianten, mit denen ich bei der EM in Passau Zweiter geworden bin, würden heute vielleicht Rang 7 oder 8 bedeuten. Raffiniertere Angriffe sind heute wichtig.» Früher sei es einfacher gewesen, heut ist die Breite grösser. Dementsprechend trainiert Schmid auch. Wenn er zweimal die gleiche Variante am PC verliert, holt er das Übungsbrett, um herauszufinden, was er falsch mache. «Ein 3. Mal will ich nicht verlieren», lacht er.
Jass-Spieler
Franz Schmid ist ebenfalls ein begeisterter Jass-Spieler. In Frutigen aufgewachsen, ging er seit der 2. Klasse mit den Kühen auf die Alp. «Wir haben immer gejasst. Das ist keine grosse Herausforderung für mich, das kann ich einfach», erzählt er schmunzelnd. Als es noch Schweizer Meisterschaften gab, nahm er 10 Mal an diesen teil. Turniere spielt der Schlierner noch: «Aber beim Jassen kann man noch so gut sein, wenn man einen schlechten Partner hat, kann man trotzdem verlieren.» Das ist ein Nachteil gegenüber dem Mühlespielen. Trotzdem wird der Sport von Nachwuchssorgen geplagt, so nehmen an den Schweizer Meisterschaften nur rund 40 Spieler teil. Schade, da man auch im höheren Alter noch gute Chancen hat, auf dem Podest zu landen. Man muss nur die richtige Taktik wählen.


