«Ich war ein schulischer Spätentwickler»

«Ich war ein schulischer Spätentwickler»

Im Fernsehen ist Werner Salzmann, Mitglied der parlamentarischen Sicherheitspolitischen Kommission, öfters im Rahmen seiner Wortmeldungen im Ständerat zu sehen. Eher ungewohnt Mitte Juni sein Auftritt im Swiss Bike Park beim Charity-Event Bike4Kids: Biker-Tenu und kurze Hosen statt Anzug und Krawatte. Ein Gespräch mit dem ehemaligen «Gurtedörfler» über schulische Spätzünder, unnütze Elterntaxis und den Austausch mit parlamentarischen US-Amtskollegen.

Wann und wo haben Sie die Freude am Velofahren entdeckt?

Das war im Verlauf meiner Kindheit im «Gurtedörfli», wo in den vier Bauernhäusern und einem Wohnhaus der Familien Balsiger, Locher, Andrist, Zürcher und Salzmann über 20 Kinder lebten. Wir waren ständig in Bewegung, haben gemeinsam viel unternommen, Schnitzeljagden veranstaltet und «Versteckis» gespielt – nicht selten auch in der Ruine Aegerten. Ab der 3. Klasse nahmen wir dann gemeinsam auf dem Velo den Schulweg ins Waberer Dorfschulhaus unter die Räder. Wenn im Winter die Skipiste auf dem Gurten geöffnet war, ging es auf dem Schlitten oder den Skis hinunter nach Wabern, um nach der Schule mit dem «Bähnli» zum Kulm hochzufahren und über die Piste heimzukehren.

Unvergesslich bleibt ein Erlebnis im Frühjahr 1971, als wir Kinder beim Kühehüten Zeugen eines Konditionstrainings der sowjetischen Eishockey-Nationalmannschaft wurden. Die kraftstrotzenden Athleten, die während der Hockey-Weltmeisterschaft im Kurhotel Gurten Kulm untergebracht waren, mussten – beschwert mit 100-Kilo-Weizensäcken auf den Schultern – mehrmals einen steilen Hang hinab und hinauf rennen.

War klein Werner ein guter Schüler?

Rückblickend würde ich mich als schulischen Spätentwickler bezeichnen. Ich bin nicht besonders gerne in die Schule gegangen. Mathe und Turnen haben mich am meisten interessiert – die anderen Fächer weniger. Ich sass lieber auf dem Traktor oder habe Sport gemacht. Obwohl ich später den Sek-Übertritt schaffte, war ich einer, der nicht besonders gerne lernte. Das kam erst 1979 an der Landwirtschaftlichen Schule Rütti in Zollikofen, wo ich mein Studium der Agrarwissenschaft begonnen hatte.

Elterntaxis, in denen Kinder in die Schule und zurück chauffiert werden, sind heute vielerorts ein Ärgernis. Was ist Ihre Meinung dazu?

Elterntaxis sind nicht im Interesse der Kinder. Auf der einen Seite begreife ich Eltern, die Angst haben, dass ihrem Kind etwas zustösst auf dem Schulweg. Doch man sollte die Kinder nicht überbehüten. Der Schulweg ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer Entwicklung. Für die geistige und physische Gesundheit ist es wichtig, nach dem Unterricht abschalten zu können – das gelingt am besten, wenn sie den Heimweg selbst unter die Räder oder unter die Füsse nehmen, statt im Auto nach Hause gefahren zu werden.

Was halten Sie vom Schweizer Ausbildungssystem?

Unser duales Ausbildungssystem ist einmalig. Es wird der Problematik gerecht, dass sich nicht alle Kinder gleich schnell entwickeln. Wer es nach der 6. Klasse nicht in die Sek schafft, kann später in den Hauptfächern jederzeit aufsteigen. In der Lehre besteht weiterhin die Möglichkeit, Verpasstes mit der Berufsmatur nachzuholen. Unser Ausbildungssystem geniesst international einen guten Ruf, wie ich immer wieder feststellen kann. Als Mitglied der parlamentarischen Sicherheitskommission konnte ich mich im Mai während der parlamentarischen Versammlung der Nato in Dayton, Ohio mit meinen amerikanischen Amtskollegen austauschen, die sich ernsthaft, auch im Zusammenhang mit dem Zollabkommen, für unser Ausbildungssystem interessierten. In den USA gehen junge Amerikaner, die es sich leisten können, nach dem College an die Uni, bevor sie einen Job antreten. Wer das nicht schafft, geht schlecht ausgebildet und unterbezahlt irgendwo jobben. Wenn es den USA gelingt, von unserem dualen Ausbildungssystem zu lernen, wäre dies für sie eine probate Möglichkeit, dem bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Für das Zollabkommen ist natürlich primär der Bundesrat gefordert. Als Schweizer Bildungsminister führt nun Guy Parmelin die Verhandlungen mit Vertretern der amerikanischen Regierung weiter.

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