In Wabern entstehen 400 Arbeitsplätze der Zukunft

In Wabern entstehen 400 Arbeitsplätze der Zukunft

Wer in den 70er-Jahren das EPCOT im Disney World Resort in Florida besuchte, dem wurde im «Land of Tomorrow» unter anderem aufgezeigt, wie in Zukunft Gemüse wachsen könnte, nämlich nicht im Boden, ohne Erde. Als Jahre später dann die ersten Hors-sol-Tomaten und -Gurken hierzulande verkauft wurden, ging ein Aufschrei durch die Schweiz, die Kontroverse über Sinn und Unsinn solcher Produkte war lanciert. Heute ist dieses Gemüse Alltag. Ähnlich dürfte es dem grossen Gebäude auf dem Gurtenbräu-Areal ergehen, wenn auch ohne Geschrei.

Hand aufs Herz: Fällt Ihnen das riesige Gebäude an der BLS-Eisenbahnlinie – bei der Halte­station Wabern – auf, wenn Sie die Kirchstrasse entlangfahren? Jost Kutter von «Gotham», beauftragter Architekt für den Umbau der ehemaligen Bierabfüllanlage – seinerzeit die modernste der Schweiz – erstaunt es immer wieder, dass vielen Leuten – auch aus der Umgebung – der doch relativ massive Block nicht ins Auge springt. Entsprechend wissen Sie auch nicht, was darin passieren wird, obschon die Planung beendet ist und die rechtskräftige Baubewilligung bereits vorliegt. Nächstens geht es nämlich los, noch 2020 wird das Gebäude seiner neuen Bestimmung übergeben, mit Co-Working-Arbeitsplätzen.

Von Nomaden und Landlords
Rückblick: Früher gab es Pulte in Büros, anschliessend war es chic, in Grossraumbüros zu arbeiten, die ihrerseits von den mobilen Arbeitsplätzen abgelöst wurden. Diese wiederum scheinen nicht das sprichwörtlich Gelbe vom Ei zu sein, da viele Mitarbeitende sich darüber beklagen, dass es für sie zwar praktisch ist, sich von überall her einloggen zu können, sie jedoch den regelmässigen Kontakt mit ihren Freunden am Arbeitsort vermissen, weil auch sie mal hier, mal dort sind. Deshalb gehen Grossfirmen dazu über, wieder eine bestimmte Anzahl fixer Arbeitsplätze einzurichten. Bleibt noch das Homeoffice für beliebtes familiäres Time-Sharing, das letztlich auch nicht ganz zu befriedigen vermag, weil man eher abgelenkt ist und nur ganz selten über die benötigte Infrastruktur zu Hause verfügt. Deshalb nun Co-Working.

Heute präsentiert sich das Gebäude in Wabern auf 4 Etagen und rund 6000 m2 Nutzungsfläche in leerem Zustand, entsprechend hallt es durch die Hallen. In absehbarer Zukunft wird alles anders sein, denn 400 Menschen sollen hier ihren temporären Arbeitsplatz finden. Zum Beispiel moderne «Nomaden» (so Jost Kutter), die mit ihrem Laptop unter dem Arm reinkommen und wieder rausgehen. An ihrem temporären Arbeitsplatz können sie von der vorhandenen Infrastruktur profitieren. «Green cards» sind Leute, die etwas mehr als die «Nomaden» beanspruchen und beispielsweise den eigenen PC mitnehmen und dort für eine bestimmte Zeit stehenlassen. Auch sie können die bestehende Infrastruktur nutzen – Sitzungszimmer, die Gastronomie etc.

Die «Landlords» sind in erster Linie Mitarbeitende von KMU, die sich längerfristig installieren, oder auch von Start-up-Unternehmen. Vorteil für deren Arbeitgeber: Sie sind absolut flexibel, was die Anzahl Arbeitsplätze anbelangt, können diese kurzfristig erhöhen oder reduzieren. Jost Kutter: «Büroarbeitsplätze zu teilen anstatt sie zu besitzen, das passt gut zu unserer modernen Arbeitswelt.» Denn: Projektbezogenes Arbeiten und schnelle organisatorische Veränderungen sind in vielen Unternehmen an der Tagesordnung, stehen aber im Gegensatz zur Praxis, eine bestimmte Menge an Flächen langfristig anzumieten. Ausserdem ändern sich die Flächenbedürfnisse von Unternehmen in einer Wachstumsphase schnell, die üblichen Mietvertragslaufzeiten – je länger, desto lieber – sind viel zu unflexibel.

Auf 4 Stockwerken
Das oberste Geschoss – also der Zugang ab Gurtenbräu-Areal – bezeichnet Jost Kutter als «Wohnzimmer», mit Empfang, Gastronomie, Konferenzräumen, Events für bis zu 500 Personen und einem Co-Working-Bereich. Die mittlere Etage bietet offene Bereiche für Co-Working: Entlang der Wände mit breiter Fensterfront sollen «stille» Arbeitsplätze entstehen – offene und geschlossene – in der Mitte des Raums finden Gespräche statt, Telefonanrufe, Gedankenaustausch. Der unterste Stock auf Bahnniveau ist eine Art «Gemischtwarenladen», mit einem neuartigen Lernzentrum für Jugendliche. Aber auch ein Musik-Forschungslaboratorium findet dort Platz. Jost Kutter vielsagend: «Wir werden uns auch diesbezüglich auf der Spitze der Berges positionieren, mit Forschungsteams, die weit über unsere Landesgrenzen hinaus beachtenswerte Ergebnisse erarbeiten werden.» Im Untergeschoss befindet sich die Garage mit Einstellhallenplätzen. «Mehrheitlich werden die Leute – meistens Pendler – mit dem ÖV oder dem Velo zur Arbeit fahren, das Gebäude ist dazu prädestiniert, mit der Haltstation der BLS in unmittelbarer Nähe. Nach dem Ausbau ist der HB Bern in nur
5 Minuten zu erreichen. Nicht weit davon hält das Nüni-Tram», stellt Kutter fest.
Ökologisch und nachhaltig
Und hier beginnt – oder endet? – das Projekt in Bezug auf Nachhaltigkeit. «Alle Materialien, die wir zur Ausstattung verwenden werden, müssen nachhaltig sein, ökologisch.» Gleiches gilt auch für die eigene Energiegewinnung mit Solarzellen auf dem Dach oder die Begrünung der Innenräume. Das Konzept vereint alle Qualitäten in einem «Brainforest», wie Kutter feststellt. Auf den 3 Ebenen entstehen für die Brainworker lebhafte, grüne Ebenen wie in einem Urwald. Diese sind die Bühnen für neue Formen firmenübergreifender Zusammenarbeit, eine vielfältige Gemeinschaft entsteht, die alle Aspekte der Nachhaltigkeit lebt, Offenheit wird erlebt und Zugänglichkeit für alle ermöglicht.

Mit 400 Arbeitsplätzen wird die ehemalige Bierabfüllanlage zum grössten Co-Workingzentrum der Schweiz. Und ein Vorzeigeprojekt nicht nur für moderne Büroräume, sondern auch in Bezug auf Ökologie und Ökonomie.

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