«Die Investitionen hinken hinterher, die Kosten steigen, die Mehreinnahmen kamen nur durch Sondereffekte zustande», resümiert Brigitte Rohrbach (SP), Präsidentin der Finanzkomission (FiKo). Nicht etwa als Kritik, sondern als Warnung an Parlament und Gemeinderat, ein wachsames Auge auf die Finanzen zu behalten. Heidi Eberhard (FDP), Präsidentin der Geschäftsprüfungskommission (GPK), lobte denn auch das Engagement und Herzblut von Gemeinderat und Verwaltung im Zusammenhang mit dem Jahresbericht.
Steigende Kosten und Investitionsstau
Die FiKo-Warnung nimmt Fabienne Marti (GLP) auf: «Wir sehen viele gute Entwicklungen, aber der Aufwand steigt massiv und das ist heikel.» Die Personalkosten sind in den letzten beiden Jahren um 8,6 % und 6,3 % gestiegen, der Sachaufwand hat ähnliche Zahlen. Marti streicht heraus, dass nur 18 der 300 Berner Gemeinden eine solch hohe Nettoverschuldung haben wie Köniz. Rohrbach relativiert und erwähnt, dass die Situation bereits deutlich besser sei als noch vor ein paar Jahren. Die Schulden konnten bereits ein wenig abgebaut werden. Der Investitionsstau hingegen liegt bei rund 50 Mio. Franken, gibt auch David Müller (Grüne) zu bedenken. «Es bleibt viel zu tun», meint er denn auch entsprechend. «Trotz positiven Zahlen schlagen die Alarmglocken», sagt Dominic Amacher (FDP). Er fordert eine Schuldenbremse und bei den Ausgaben eine Euphoriebremse und begründet dies mit einem Vergleich vom Jahr 2018 bis heute. Die Bevölkerung von Köniz sei in diesem Zeitraum um 5 % gewachsen, die Verwaltung aber gar um 20 %. Deshalb sei es wichtig, zu verstehen, dass «jeder Franken, den die Gemeinde ausgibt, auch irgendwo verdient werden muss», fasst Florian Moser (SVP) zusammen. Einigkeit über die Parteigrenzen hinweg, dass man die Jahresrechnung und den Jahres- sowie Verwaltungsbericht gutheisst, aber auch zeitgleich auf die Probleme aufmerksam macht. Solche, die dem Gemeinderat ebenfalls nicht verborgen geblieben sind. Der Zankapfel fällt in diesem Traktandum aber vom Klimabaum.
Am Volk vorbei?
3 Mio. Franken investiert der Gemeinderat in diesem Jahr in den Klimafonds. Mit Blick auf die Finanzen stören sich einige Parlamentarier an der Höhe dieser Einlage. «Deshalb wollen wir einen finanzpolitischen Kompromiss finden», schlägt Dominic Amacher (FDP) vor und unterbreitet einen Gegenvorschlag mit 1,5 Mio. Franken. Der Antrag unterliegt mit 21 zu 16 Stimmen relativ knapp. Die SVP ärgert sich über das Vorgehen. Denn die 3 Mio. Franken werden als Nachkredit aufgelistet und eingeholt. Normalerweise dürfte das Volk – wenn es das wünscht – ab 2 Mio. Franken über ein fakultatives Referendum mitentscheiden. Hier aber bleibt das Volk aussen vor und der Entscheid liegt alleine beim Parlament. Und dieses müsste dann gleich den ganzen Jahresbericht mit all der guten Arbeit bachab schicken, nur wegen eines Nachkredits. Damit tut man sich schwer. Kathrin Gilgen (SVP) meint zu diesem Vorgehen: «Klimaschutz kann über die laufende Rechnung budgetiert werden und miteinfliessen. Ich finde es verwerflich, dass die Bevölkerung nicht darüber befinden kann. Wir setzen hier Geld ein, das wir dringend auch in anderen Bereichen benötigen.» Reto Zbinden (SVP) ergänzt: «Das ist nicht fair.» Er erinnert an die Solarinitiative, welche die Gemeinde Köniz mit 58 % abgelehnt hat, und ist sich deshalb nicht sicher, ob dieser Entscheid im Sinne einer Volksmehrheit ist. Gemeindepräsidentin Tanja Bauer nimmt den Zankapfel vom Boden auf und erklärt: «Wir haben eine lebendige Demokratie und das merkt man heute. Wir haben Vorgaben und die lauten, dass die Verwaltung bis 2035 Nettonull erreichen muss, die gesamte Gemeinde bis 2045. Das braucht finanzielle Mittel und die soll man einlegen, wenn man es kann.» Vielen war nicht klar, wofür genau denn dieses Geld eingesetzt werden soll. «Für den vorzeitigen Ersatz von fossilen Heizungen bei der Verwaltung, energetische Sanierungen, Energiespeicher, Elektrofahrzeuge, Umweltbildung an Schulen, Beratungsangebote und Pilotprojekte», lautet eine Aufzählung der Präsidentin.
Wollen, können und sollen
Die anschliessende Abstimmung zeigt, dass die Mehrheit im Parlament den gesamten Bericht nicht ablehnen wollte. Kritik am Vorgehen bezüglich Klimafonds hin oder her. Vielmehr war von einzelnen Parlamentariern zu vernehmen, dass das Klimareglement angepasst werden müsse, um das Volk besser einzubinden. Wie so oft in der Politik heisst es auch hier: Fortsetzung folgt. So hitzig die Diskussion auch sein mochte, so versöhnlich blieb das Parlament in seiner Haltung. Insbesondere der Investitionsstau hat aufgezeigt, dass die 40 Mitglieder erneut bereit sein werden, wie schon beim budgetlosen Zustand, vereint an einer Lösung mitzuarbeiten. Es gibt andere Parlamente im Kanton Bern, die weitaus weniger konstruktiv arbeiten und für jeden Stein, den man aus dem Weg räumt, zwei neue hineinwerfen. In Köniz läuft das anders. Das Parlament sucht Lösungen, mit dem Gemeinderat. Darüber sollten hitzige Diskussionen nicht hinwegtäuschen, denn der Dialog unter Berücksichtigung aller Parteien hat schon manch versöhnliche Lösung hervorgebracht. Klimafonds versus Finanzkorsett. In Köniz wird aus dem «Versus» vermutlich bald einmal ein einfaches «Und».