Gähnend langweilig, Frontalunterricht, Psalmen, Bibellesen, biblische Verse und Geschichten. So hat der Schreibende seine Kirchliche Unterweisung vor ‘zig Jahren in unguter Erinnerung. Heute sieht das anders aus, wie sich der Autor dieses Artikels bei der Teilnahme an einem Workshop überzeugen konnte.
Interessante Themen
Unter der Leitung von Pfarrer Bernhard Neuenschwander und Pfarrerin Maria Fuchs Keller sowie der Mitwirkung von Jugendarbeiter Samuel Bertschinger wurden den 21 Konfirmanden der neunten Klasse acht themenspezifische Workshops angeboten, von denen sie deren vier auswählen konnten. Angebotene Themen waren «Sekten», «Seelisch gesund bleiben», «Tod und Auferstehung», «Randständig, uf der Gass», «Buddhismus», «Matrix», «Inklusion» und «Flüchtlingsintegration». Die Workshops zu «Tod und Auferstehung» und «Inklusion» kamen mangels Interesses nicht zustande. Zuvor fand ein Konfirmanden-Elternabend statt, wo über die Workshops und das Konfirmandenjahr informiert wurde. Zu Beginn des Schuljahres wurden mit den Jugendlichen persönliche Kennenlerngespräche mit Pfarrerin Maria Fuchs Keller oder Pfarrer Bernhard Neuenschwander durchgeführt. «Das machen wir schon länger und haben damit gute Erfahrungen gemacht. Mit Workshops arbeiten wir schon seit 2004», so Pfarrer Neuenschwander.
Bei den überwiegend ganztägigen Workshops fanden am Vormittag die praktischen Begegnungen statt, am Nachmittag reflektierten die Jugendlichen das Erlebte in Diskussionen mit der Workshop-Leitung. Teils intensiv, teils zurückhaltend. «Im Unterschied zur Schule zählt in der KUW nicht die Leistung der Jugendlichen. Es wird nicht bewertet und benotet. Es ist freiwillig, niemand muss. Es geht hier um den Menschen. Dadurch kommen wir auch vom Leistungsdruck in der Schule weg. Das ist aber nicht als Kritik am Schulsystem zu verstehen», erklärt Neuenschwander.
Beim Thema «Sekten» besuchte ein Ehepaar der Zeugen Jehovas die Konfirmanden. Zum Workshop «Seelisch gesund bleiben» stand ein Besuch im Psychi-
atriezentrum Münsingen auf dem Programm. Das Thema «Randständig, uf der Gass» konfrontierte die Workshop-Teilnehmenden mit der Gassenarbeit. Dabei besuchten sie auch das Haus Felsenau, ein Wohnheim mit 36 Plätzen und integriertem Arbeits- und Beschäftigungsprogramm für Frauen und Männer. Zum Thema «Buddhismus» wurde das Dromtönpa-Center in Bern besucht. Bei «Matrix» schauten sich die Jugendlichen verschiedene Filme an; diese wurden zwischendurch gestoppt, um die Hintergründe der Filmszenen aus unterschiedlicher Sichtweise zu erörtern.
Glaube soll reifen können
Mit dem Film «Jung, fleissig und unerwünscht – Das Schicksal eines afghanischen Asylbewerbers» im Workshop «Flüchtlingsintegration» und der anschlies-
senden Diskussion darüber sahen die Jugendlichen, dass nicht alle Menschen die gleichen Chancen haben und die Lebensbedingungen für diese Menschen schwierig sind. «Dies sind alles sehr lebensnahe Themen. An uns Älteren liegt es, den Jugendlichen aufzuzeigen, wie Glaube und Spiritualität darin vorkommen. Dies kann nie abschliessend sein. Der Glaube kann und soll sich ein Leben lang entwickeln und reifen können. In den Diskussionsrunden wollen wir Türen zeigen, durch die sie gehen und Erfahrungen machen können. Wenn die Jugendlichen merken, dass sie Seelennahrung brauchen und dies möglicherweise der Glaube sein kann, und wenn sie merken, dass religiöse Themen spannend sein können, ist schon viel gewonnen», bekräftigt Neuenschwander.
«Die Jugendlichen haben ihre eigenen Ideen, was sie mit ihrem Leben anfangen wollen. Dabei wollen wir sie unterstützen, allfällige Zweifel aufnehmen und ihnen Mut machen. Dazu gehört auch der Zugang zu Gott. Der religiöse Weg zum Glauben ist oft ein langer Prozess. Dieser ist mit der Konfirmation nicht abgeschlossen», erklärt Maria Fuchs Keller.