«Gopf», sage ich leicht missmutig zu meiner Frau, «meine wattierten Hosen, die ich per Internet bestellt habe, sind viel zu eng, ich werde sie zurückschicken müssen und umtauschen lassen.» Sie schüttelt den Kopf. «Das sind gar nicht deine Hosen, es sind meine, deine liegen auf dem anderen Stuhl.» Aha.
Ich schreibe meine Krimis (in der letzten Ausgabe dieser Zeitung haben Sie einiges dazu lesen können) in unserer Ferienwohnung in Vercorin, im Eifischtal, wie das Val d’Anniviers verdeutscht heisst. Kürzlich haben wir ein befreundetes Ehepaar für einige Tage eingeladen. Frage an die – frei nach Kishon – beste Ehefrau von allen: «Fährt Johann eigentlich Ski?» Abermal schüttelt sie den Kopf. «Mit wem waren wir schon zweimal in den Skiferien?» Stimmt.
Apropos Vercorin (siehe auch Foto). Auf unserer Terrasse weht die Bernerfahne. Pourquoi pas? Andernorts im Dorf sind schliesslich auch ausserkantonale Jurassier-, Genfer- oder Waadtländerfahnen zu sehen. Aber der Bär passt nicht allen Vercorinards, sie würden vermutlich lieber die 13-Sterne-Fahne sehen. Comme il faut. Wenn sie mich darauf ansprechen, kontere ich sec mit der Feststellung, dass ich auf Wunsch durchaus noch jene der Young Boys hissen könnte. Diskussion im Keim erstickt. Im Übrigen wurde die Wohnung unter uns kürzlich verkauft. An Jurassier aus Moutiers. Bei einem spontanen Apero auf besagter Terrasse – Sie erinnern sich: mit Bernerfahne – habe ich sie gefragt, ob sie Pro-Jurassier seinen – oder Bern-Treue. «Sagen wir es so», kam von Madeleine zur Antwort, «gehörte die Terrasse uns, würde eine andere Fahne wehen.» Die Frau hätte Diplomatin werden sollen.
Mit den Enkeln auf dem Jaun. Dort gibt es einen kleinen Kinderlift für die Jüngsten. Anna (4) kommt mit ihrem Bob noch nicht ganz zurecht, Jan (7) schon. Easy. Am Nachmittag schlittelt Jan rauf und runter. Rauf und runter. Einmal beobachte ich ihn, wie er sich hochziehen lässt. Aber was für ein Desaster! Er wie ein Anfänger mit seinem roten Skihelm. Immer wieder rutscht er weg, fällt vom Handbügel. Ob ich runterlaufen und ihm helfen soll? Nein. Selbst ist der Mann schliesslich und mag er noch so jung sein. Erst zwei, drei Minuten später merke ich, dass noch andere Kinder rote Skihelme tragen, Jan steht nämlich schon eine ganze Weile neben mir, schweigend. Grossätti…
Und jetzt zu einem unbestrittenen Höhepunkt meiner Missgeschicke. Sohnemann bestellt mir jeweils Asics-Sportschuhe per Internet. Nein! Falsch. Nicht weil sie billiger als in den Sportgeschäften wären, sondern einzig deshalb, weil man in den Sport- und Schuhgeschäften keine Sportschuhe in Grösse 49 findet, im Internet schon. Also: Während langer Zeit ging das picco bello. Das letzte Mal hingegen schien alles anders. Das heisst, die Grösse stimmte schon, aber anscheinend hatte man die Leisten verändert, mit dem Resultat, dass die Schuhe ziemlich eng chaussierten. «Wird sich mit der Zeit schon ergeben», geht mir durch den Kopf, was sich auch bestätigt, ich fühle mich immer wohler. Und jetzt gut aufpassen, liebe Lesende: Nicht nach einer, nicht nach zwei, erst nach drei Wochen merke ich, dass ich vergessen habe, die Kartons aus den Schuhen zu ziehen. So bin ich.
Ich habe früher sogenannt «versteckte Telefone» für Radio Förderband als Beat Neuenschwander gemacht. Ich wollte dabei das Hallenbad in Bern mit Cola füllen lassen, bei Globus einen Königspinguin übers Weekend in der Kühlkammer übernachten lassen, per Fleurop Schnittlauch&Peterli nach Kalifornien bestellen, Polo Hofers Bernhardiner zurückbringen (im Wissen, dass er kein Hundefan war), bei der US-Botschaft um politisches Asyl bitten, bei einem Berner Optiker Kontaktlinsen für ein Springpferd fertigen lassen und, und, und… Das alles im Bewusstsein, dass ich selber einmal Opfer eines Telefonanrufs werden würde. Das bahnte sich an, als mich (damals bei der Migros Bern) ein Herr Ivanow von der sowjetischen Botschaft anrief, mit der Mitteilung, dass mich ein Brillenfabrikant aus Moskau treffen möchte, um der Migros Lesebrillen anzubieten. Ich und Einkäufer für Brillen? Ha! Aber nicht mit mir, liebe Freunde. Borni immer viel schlau. Unmittelbar nach der Offerte greift meine Retourkutsche. Ich frage diesen alias Herr Ivanow, ob ich im Gegenzug dafür einmal ein Gulag besichtigen könne, ich sei freier Journalist. Der Russe gibt sich erstaunt, ringt nach Worten, ich dopple subito nach, möchte bei meinem zu erwartenden Besuch in Moskau auch den Generalsekretär der KPdSU treffen. Wie sich in den nächsten Augenblicken herausstellt, ist es dummerweise wirklich Herr Ivanow von der «Botschaft Sowjetisches», der nur einen falschen Namen für den Brillenkontakt erhalten hat. Ehrlich gesagt: So peinlich berührt war ich in meinem ganzen Leben noch nie.
Thomas Bornhauser