Nach 100 Jahren schliesst sich baulich der Kreis

Nach 100 Jahren schliesst sich baulich der Kreis

Der Neuhausplatz hat ein neues Gesicht. Walo Hänni forschte über die Anfänge des Neuhausplatzes und dessen Entwicklung – und teilweise erinnert er sich an selber Erlebtes.

«Es war Ende der 40er- bzw. Anfang der 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts: Mindestens einmal im Jahr, jeweils an einem Mittwochnachmittag, hörte man aus Dutzenden von Kinderkehlen: ‹Hopp, Fipp, Fopp, Hopp!›. So tönte es immer wieder aus dem Innern des eleganten Kinos ‹Elite› in praktischer Nachbarschaft zum Neuhausplatz gelegen (seit etwa Mitte der 70er-Jahre ist in diesem Gebäude das Schuhhaus Ferstl). Was für ein Anlass! Gesponsert von den Schokoladefirmen Nestlé, Peter, Cailler, Kohler, die eben den ‹Fipp-Fopp-Club› ins Leben gerufen hatten. Etwas Schokolade kaufen und konsumieren und man war als Kind Club-Mitglied mit ‹Bröscheli›. In einer heimkino- bzw. fernsehlosen Zeit einmal einige schwarz-weisse Filme zu sehen, war für ein Kind ein einmaliges Erlebnis. Die Veranstaltungen fanden in der ganzen Schweiz in Kinos und grossen Restaurant­sälen statt und – Sie lesen richtig – eben auch am aufstrebenden Neuhausplatz. Der Platz hatte sich derweil längst zum ‹Nabel› der Könizberger Gartenstadt entwickelt und Jung wie Alt erfreute sich am heimischen Zentrum.

Vor 100 Jahren noch verträumt
Aber jetzt endlich alles der Reihe nach. Vor 100 Jahren war es rund um die Kreuzung Könizstrasse/Sägestrasse recht still, nahezu verträumt. Wäre da nicht Schreiner Meister ‹Maiers Holzsagi› oder die beiden Bauernhöfe Neuhausgut und Hubachergut (seit 1967 Thomaskirche) mit ihren Pferden und Kühen gewesen, hätte sich kaum etwas bewegt.

Auf der anderen, staubigen Stras­senseite machte sich Alexander Roth auf, einen Gärtnereibetrieb in Schwung zu bringen. Im Rücken seiner Liegenschaft kaufte Heinrich Böhm Land, um seine bis heute beeindruckend erfolgreiche Lack- und Farbenfabrik aufzubauen. Landwirtschaft und Gewerbe reichten sich somit erstmals die Hand, und die 1907 eröffnete Bern–Schwarzenburg-Bahn erschloss auch das Gebiet am Fusse des Könizberges.

Vater der Gartenstadt
Ein nächster Schritt war klar: ‹Wo und wie – wohne ich in der Region Bern am gesündesten, am billigsten und am idealsten???›. Der Architekt und Investor Philipp Hauser, ‹Vater der Gartenstadt›, kaufte das ganze Neuhausgut und entwarf die auch heute weitgehend erhaltene Siedlungsstruktur. Inspiriert waren seine Pläne und seine Werbebotschaften eindeutig auch vom Geist und den neuen Hausbauformen der Landesausstellung 1914 in Bern. Die Erfolgsgeschichte der Siedlung am Könizberg ist klar und einmalig. Hans W. Popp und Martin Kocher, Würdenträger der Verkehrsgenossenschaft Gartenstadt-Liebefeld, haben sie mehrfach spannend dokumentiert.

Restaurant seit 1925
Zurück zum Neuhausplatz: Wo neues häusliches und betrieb­liches Leben entstand, durfte keineswegs die ‹Versorgung› fehlen. Folgerichtig entstand 1925 das Restaurant Neuhaus mit Bäckerei und Metzgerei. Ein selbstbewusster Bau für die damalige Zeit, ein Ort – auch heute noch – mit unendlich vielen Geschichten, ein Raum für vielfältige Erlebnisse. Und als ab 1926 auch noch die erste, regelmässige Buslinie Bern–Köniz am Neuhausplatz vorbeifuhr, war die Infrastruktur-Basis komplett.

Kein leisester Zweifel: Der Platz würde immer erfolgreicher. Schon folgte der nächste Schritt: Die Verkehrsgenossenschaft liess 1929 das legendäre ‹Fadespühli› erbauen, ein kühner Akzent an den unbändigen Glauben an die Zukunft. Und wirklich: Jahr für Jahr gesellten sich neue Verkaufsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe rund um den Platz. Ein prominentes Geschäft ‹Kissling› warb in den 50er-Jahren mit: ‹Gute Mercerie, mollige Unterwäsche, schöne Wolle, stets frische Lebensmittel!›. Heute wirbt ein anderes Geschäft nur noch mit: ‹Alles rein!›.

Angebot nach wie vor gross
Vieles hat sich in der Werbung gewandelt, aber das Angebot rund um den Neuhausplatz ist nach wie vor gross und Ladenbesitzer wie auch Dienstleister haben sich schon früh organisiert. Mitte der 60er-Jahre waren es vorerst nur einige wenige.
Dann 1991 wurde der Verein Neuhausplatzgemeinschaft ge­gründet und seither umsichtig von Marianne Künzi, Bill + Künzi AG – Heizung + Sanitär, geleitet. Toll auch, dass seit Jahren an jedem Samstag an verschiedenen Marktständen frische Produkte aus der Region gekauft werden können.

Baulich hat der Neuhausplatz letztmals 1995 ein neues Gesicht erhalten, nämlich bei der Sanierung der Könizstrasse mit der einmaligen künstlerischen Intervention von René Ramp. Die spiegelnde Chromstahl-Kugel mit dem farbigen Koordinatennetz ist seither ein prägendes Wahrzeichen.

Jetzt, nach 100 Jahren schliesst sich baulich der Kreis: Drei markante Rundbauten aus den 40er- (Rondell) und 60er-Jahren (Logis, Swiss) erhalten Gesellschaft: den Bau der Stanley-Thomas-Johnson-Stiftung.

Gratulation den Investoren der neuen Wohn-, Gewerbe- und Dienstleistungs-Liegenschaft. Glückwünsche an alle, die am ‹Jubiläumsplatz› wirken, verweilen oder, wie ich, ihn einfach
lieben.»

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