Nach wie vor eine «Wakker(e)» Gemeinde

Nach wie vor eine «Wakker(e)» Gemeinde

Seit genau 50 Jahren wird dieser Preis nun verliehen. Prestige hat er nicht aufgrund der 20'000 Franken Preisgeld, sondern weil er eine Anerkennung vom Schweizer Heimatschutz für Gemeinden ist, die es verstehen, die Baukultur von gestern, heute und morgen so zu vereinen, dass Lebensqualität entsteht.

«Köniz ist es gelungen, beide Gesichter zu schärfen; das urbane und das ländliche, das städtische Ambiente mit Verdichtung nach innen wie im Zentrum oder der pitoreske Siedlungscharakter wie beispielsweise in Herzwil.» Was Luc Mentha, der Präsident des Berner Heimatschutzes, beschreibt, war massgebend für den Preisgewinn vor zehn Jahren. Welche Auswirkungen es haben könnte, wenn die einzelnen Ortsteile für sich wären und nicht gemeinsam planen würden, beschreibt er in einem Beispiel: «Wäre etwa Niederscherli eine eigenständige Gemeinde, hätte sie viel mehr Bautätigkeit auf jenen Flächen, die landwirtschaftlich genutzt werden sollen. Als Teil der Gemeinde Köniz können die Bauvorhaben sinnvoll koordiniert und Kulturland geschützt werden.»

Auf gutem Weg
Für den SP-Grossrat steht ausser Frage: Köniz ist nach wie vor auf diesem umsichtigen Weg. «Die Ortsplanung ist abgeschlossen und vom Volk mit grossem Mehr akzeptiert worden», begründet er. Das zeigt sich in vielen kleinen Details, die in Köniz nach wie vor gelten: Die Siedlungsentwicklung findet ohne neue Einzonungen durch Verdichtung der bestehenden Bauzonen statt, grössere Bauvorhaben werden per Wettbewerb ausgeschrieben, damit bestmögliche Lösungen von vorausschauenden Architekturbüros zur Anwendung kommen, der Gemeinderat betreibt nach wie vor eine strategische Bodenpolitik, will heissen, er kann nach Möglichkeiten Land kaufen und entwickeln und die Gemeinde war und ist als Pioniergemeinde für Tempo 30 auf Kantonsstrassen von überregionaler Bedeutung. Alles zusammen sorgt eben für die Vereinbarkeit von gestern, heute und morgen.

Hoher Preis?
Bekanntlich sind die Finanzen von Köniz wesentlich weniger preisverdächtig. War also der Preis für diese vorbildliche und familienfreundliche Entwicklung zu hoch? «Ganz und gar nicht. Die Finanzschieflage hat andere Gründe. Was die Entwicklung der Gemeinde angeht, so hat diese viel mehr ein gutes Investment gemacht. Der bewusste Entscheid, Schulhäuser dort zu bauen, wo die Menschen wohnen, zieht Familien an. Mit dem Schulhaus bleiben die Familien», erklärt er. So entstehen treue Könizerinnen und Könizer, deren Steuersubstrat tendenziell zusehends besser wird. Findet der Experte also gar keine Kritikpunkte in der Entwicklung von Köniz? Doch. «Man müsste die Projeke beschleunigen können. Bläuacker und Rappentöri beispielsweise sind bei der Realisierung 20-jährige Ideen, manches würde man vielleicht heute bereits wieder ein wenig anders machen; die Politik muss sich überlegen, wie man solche Vorhaben vorantreiben kann», argumentiert er, um aber wenig später zu ergänzen: «Der Preis ist immer auch eine Aufforderung zum Weitermachen. Köniz tut genau das. Die Begründung des Wakkerpreises ist verankert worden und bleibend angekommen.»

Braucht es Heimatschutz?
Während die Denkmalpflege die kantonale Stelle für das Bauinventar und die Fachberichte zu den schützenswerten Bauten (k-Objekte) ist, kümmert sich der Heimatschutz um die erhaltenswerten Gebäude, aber eben längst nicht nur. «Es hat einen Paradigmenwechsel gegeben bei uns. Weg vom reinen Bewahren pitoresker Ortsbilder hin zum Fokus auf Siedlungsentwicklungen nach innen, Wachstum ohne Qualitätsverlust und genügend Freiräumen zwischen den Bauten, wie das etwa beim Liebefeldpark der Fall ist», erklärt er. Man spürt Menthas Hingabe und Motivation, wenn es um Entwicklungen und das Bauen geht. «Ja, das stimmt. Wenn ich in einer neuen Stadt bin, nehme ich immer den ÖV, um die verschiedenen Siedlungen und Quartiere zu entdecken. Die Wettbewerbe und Raumentwicklungen, die ich begleiten durfte, haben mir immer wieder vor Augen geführt, dass Baukultur Heimat und Identität schafft.»
Der sorgsame Umgang mit Ortsbildern, Neues zu schaffen, ohne Altes zu zerstören, das gelingt in Köniz seit einem Jahrzehnt vorbildlich. Mehr noch, Köniz hat auf kommunaler Ebene das vorgemacht, was wenige Jahre später auf nationaler Ebene eingeführt wurde: Den Paradigmawechsel zur Siedlungsentwicklung nach Innen. Köniz ist nach wie vor eine «wakkere» Gemeinde. Der Heimatschutz ist nichts weniger als der schützende Partner wertvoller Bauten und Siedlungsteile in Zeiten von immensem Investitionsdruck. Wenn die Genfer Gemeinde Meyrin in diesem Jahr den 50. Preis verliehen bekommt, wird auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga zugegen sein. Ein kleines Indiz, wie wichtig diese Aufgabe von Luc Mentha und seinem Team ist.

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