1300 Spitzenathletinnen und -athleten aus 68 Nationen trafen sich Anfang Juni zur WM. Dabei waren es nach Jahrzehnten getrennter Ausführungen erst die zweiten Berglauf- und Trailrunning-Weltmeisterschaften, die von den wichtigsten Verbänden gemeinschaftlich organisiert wurden.
45 km und 3000 hm in unter 5 h
164 der weltbesten Gelände- und Bergläuferinnen massen sich in der Kategorie «Trail Short». Wobei das «short» trügt: Auf 45,2 Kilometern waren drei grosse Auf- und Abstiege zu bewältigen, über 3000 Höhenmeter kamen so zusammen. Judith Wyder meisterte die Strecke von Innsbruck ins Stubaital in 4 Stunden und 55 Minuten – das bedeutet WM-Silber, und zwar nur zwei Minuten hinter der Erstplatzierten.
«Ich war bereits ab Kilometer 5 zuvorderst, auch wenn ich dies nicht so geplant hatte», schaut die 35-Jährige zurück. Doch sechs Kilometer vor dem Ziel holte die Französin Clementine Geoffray sie ein und überholte sie, kurz bevor es ein letztes Mal bergab ging. «Auf den 1400 Höhenmetern, die wir nun runter mussten, merkte ich, dass meine Beine müde sind.» Ein «Purzelbaum» – ein Sturz – sorgte für noch mehr Distanz zwischen den beiden. Beim Zieleinlauf überwog aber die Freude über den zweiten Rang. Ganz Sportsfrau betont sie: «Ich habe Silber gewonnen und nicht Gold verloren. Es war ein gutes und schnelles Rennen für uns beide.»
Als Familie unterwegs
Nach einer längeren, von Verletzungen geprägten Zeit sei sie zudem mit vielen Fragezeichen gestartet. Würde der Körper die hohe und lange Belastung tolerieren? Umso grösser die Freude nach der Ziellinie. Da die WM diesmal in Österreich stattfand, konnte ihre Familie direkt im Zieleinlauf mit ihr feiern. Wyders Ehemann, Gabriel Lombriser, ist der Nationalcoach der Schweizer Läuferinnen und Läufer und war dementsprechend absorbiert. «Meine Eltern waren darum hauptsächlich für die Kinder zuständig.» Die beiden Mädchen seien ein Teil von ihr und gehörten darum selbstverständlich dazu, erläutert sie. «Wir machen das als Familie.»
Dominik Rolli 11., Rea Iseli 32.
Dank der guten Team-Wertung der Frauen konnte Wyder gleich zweimal Silber heimbringen. Überhaupt seien es erfolgreiche Meisterschaften für die Schweiz gewesen. Der Oberbalmer Dominik Rolli lief beim «Vertical» hinter einer starken Konkurrenz aus Kenia und Uganda auf den 11. Rang, beim Berglauf «Classic» musste er aufgrund von gesundheitlichen Schwierigkeiten aufgeben. Rea Iseli aus Kehrsatz klassierte sich in derselben Disziplin unter 106 Teilnehmerinnen auf dem 32. Rang.
Unter den Besten
Judith Wyder ist beileibe keine Unbekannte. In Zimmerwald aufgewachsen, machte sie sich vor allem im OL einen Namen. Sie wurde fünfmal Weltmeisterin (3x Silber, 4x Bronze), errang sechsmal den Europameistertitel (2x Silber, 1x Bronze) und bei den Schweizermeisterschaften kommt man kaum nach mit zählen (7x Gold, 8x Silber, 1x Bronze). Ein Jahr nach der Geburt ihrer ersten Tochter Linn konzentrierte sich die Läuferin aufs Trailrunning – und gewann 2019 prompt die Golden Trail World Series. «Das ist die renommierteste Serie im Bereich Trailrunning», erklärt sie. Ein Schock, als sie kurz darauf einen Hirnschlag erlitt. 2020 gebar sie ihre zweite Tochter Jonna, 2021 musste sie ihre Teilnahme aufgrund einer Schambeinastfraktur abbrechen. Letztes Jahr war ein Wiedereinstieg ins Wettkampfgeschehen erst im November wieder möglich, wo sie an der WM in Thailand in zwei Disziplinen auf den 6. respektive 13. Rang lief. Nun soll es bei der GTWS erneut klappen: Vier Rennen stehen dieses Jahr noch an. Klar ist: Steht Judith Wyder am Start, gehört sie zum Favoritenkreis. «Ich setze mich aber nicht unter Druck», sagt sie bestimmt. «Ich versuche einfach, mein Bestes zu geben. Ist es ein guter Tag, gehöre ich zu den Besten.»