«Nur, weil etwas so ist, muss es nicht so bleiben»

«Nur, weil etwas so ist, muss es nicht so bleiben»

Mitten in einer idyllischen Landschaft liegt Burrens Burehofmärit, ein besonderer Ort, an dem Tiere ihr Für-Immer-Zuhause haben und liebevolle Pflege finden. Der Lebenshof ist auch ein lebendiger Bauernhof mit eigenem Hofladen. Besuchende lernen nicht nur die Tiere und ihre Geschichten kennen, sondern können auch selbst erzeugte Produkte direkt vom Hof erwerben. Burrens sind glücklich mit ihrer Entscheidung, den Hof umgestellt zu haben.

«Erleichterung». Tobias Burren trinkt einen Schluck Wasser und schaut nachdenklich auf die Tischplatte des holzgezimmerten Esstischs. «Erleichterung darüber, dass nun kein Tier mehr geschlachtet wird. Und darüber, dass ich meinen Kindern nie erklären muss, dass sie wohl ein Tier gernhaben, ihm einen Namen geben können, aber es trotzdem geschlachtet wird. Einfach unendliche Erleichterung.»

Tobias Burren ist kein Mann der grossen Worte. Die bedarf es auch nicht, denn mit dem freudigen Aufleuchten in seinen Augen ist alles gesagt.

Die Zweifel

Der Landwirt ist eher ein Mann der grossen Taten.  Im vergangenen Jahr haben er und seine Frau Christine den gemeinsamen Bauernhof zum Lebenshof umgestellt. «Ich bin hier aufgewachsen», beginnt Tobias Burren. «Für mich war damals schon als Kind auf dem Trettraktor klar, dass ich mein Heimet übernehmen und bauern möchte.» Immer mit dem Ziel vor Augen, im Einklang mit der Natur und möglichst entschleunigt zu bauern, führte sein Weg ihn bis nach Kanada und Irland, wo er Praktika auf Höfen absolvierte. «Dort habe ich vieles gesehen, viel Schönes und viel weniger Schönes, wie mit Tieren umgegangen wird.» Doch auch zuhause sah die Welt nicht viel anders aus. «Die Art und Weise, wie wir mit Nutztieren zusammenleben – das war lange einfach gegeben. Denn aus einem bestimmten Grund bezeichnen wir ja Kühe, Hühner, Schweine etc. als Nutztiere: Sie müssen dem Menschen einen Nutzen erbringen.» Burren fing an, zu hinterfragen. «Spätestens bei der Geburt der eigenen Kinder fragst du dich, ob das eigentlich alles so richtig ist, wie wir mit Tieren umgehen. Warum werden zum Beispiel Kälber nicht bei den Müttern gelassen?» Das Paar suchte eine Lösung in der sogenannten Mutter-Kalb-Haltung. Hier werden Kuh und Kalb nicht bei der Geburt getrennt, sondern während ca. sechs Monaten beisammen gelassen. Doch dies stellte sich nicht als Lösung, sondern maximal als ein Kompromiss heraus – ein Kompromiss für das eigene Gewissen. «Irgendwann war es uns klar: Die einzige Lösung ist, Tiere nicht mehr zu nutzen.»

Die Wende

«Die Mutter-Kalb-Haltung war das eine, aber wenn wir ehrlich sind, stimmte schon länger vieles nicht mehr für uns», erzählt Christine Burren. Die gelernte Köchin ist ebenfalls auf einem Bauernhof mit konventioneller Tierhaltung aufgewachsen. «Die jährliche Ausstallung der Hühner belastete uns auch immer sehr.» Ausstallung bedeutet, dass der Hühnerstall nach einem Jahr vollständig geräumt wird und alle Tiere geschlachtet werden. Lässt man Hühner leben, bis sie eines natürlichen Todes sterben, können sie bis zu zehn Jahre alt werden. Nach der Ausstallung zogen wieder hunderte neue Hühner ein, und der Zyklus begann von vorne. «Unser Problem war: Wir sahen und spürten täglich den Konflikt, aber sahen keine Lösung.» Lange akzeptierten Christine und Tobias Burren, dass das Schlachten ihrer Hühner, Kühe, Schweine, Ziegen und Kaninchen zum Leben als Bauernfamilie dazu gehörte, das Gefühl der Machtlosigkeit war irgendwann Alltag. Bis Burrens von sogenannten Lebenshöfen hörten. Ein Lebenshof ist ein Bauernhof, auf dem die Tiere leben dürfen, ohne einem Nutzen nachkommen zu müssen. Statt mit dem Verkauf tierischer Produkte finanziert sich ein Lebenshof mit spendenbasierten Tierpatenschaften und wenn möglich mit dem Direktverkauf hofeigener Produkte wie Gemüse und Obst. Einige Höfe bieten auch Events an, wie Muttertagsbrunch, Weihnachtsmarkt etc. «Uns gefiel dieses Konzept, aber wir waren erst unsicher, ob die Kundschaft  bei unserer Umstellung mitmachen wird», so Christine Burren. Und doch wagte die Familie den Schritt. Denn: «Nur, weil etwas so ist, muss es nicht so bleiben.»

Die Zukunft

2022 fällten Burrens die Entscheidung. Sie informierten die treue Stammkundschaft des Hofladens, den die Eltern von Tobias aufgebaut hatten, über die kommenden Veränderungen. Künftig werde es keine tierischen Produkte mehr zu kaufen geben. Dafür weiterhin frisches Obst und Gemüse, vegane Backwaren, Blumen und selbstgemachte Geschenkartikel. Neu gibt es auch Haferlocken, Hirse, Kernotto, Linsen und Haferdrink zu kaufen, im Sommer können Beeren selbt gepflückt werden. «Vermutlich haben wir einige Kunden verloren», so Tobias Burren, «aber dafür haben wir auch viele Neukunden gewonnen.» 2024 kam dann der finale Schritt – nun ist der Hof offiziell ein Lebenshof. Die letzten Kühe gingen zum Schlachter, das letzte Fleisch wurde verkauft. Die Tiere, die heute bei Burrens leben, müssen keinem Nutzen mehr nachkommen und werden durch die Spenden von Patinnen und Paten aus der ganzen Schweiz finanziert. «Heute Morgen wollte ich eigentlich noch die letzte Kuh melken, doch die Melkmaschine hat den Geist aufgegeben», sagt Tobias Burren mit einem Schmunzeln. Es scheint ganz so, als sei das Schicksal auf ihrer Seite, und als habe sich die mutige Familie für den richtigen Weg entschieden.

Burrens Burehofmärit
Familie Burren
Liebewilstrasse 161
3173 Liebewil

www.burehofmaerit.ch
Öffnungszeiten Hofladen:
Montag bis Freitag, 8 – 12 und
14 – 16 Uhr. Samstag 8 – 16 Uhr

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