Im Mercedes durch Frankreich, im VW-Bus durch den Jura – und im Porsche nach Deutschland, am Steuer ein echter Rennfahrer: In meinen jüngeren Jahren war ich aktive Autostopperin. Um Geld fürs Studium zu sparen, wählte ich fremde Autos zu meinem Haupttransportmittel. Es gab seltene, ungute Erlebnisse: eine Hand auf meinem Oberschenkel, «Gegenleistungen» wurden verlangt, und einmal rettete ich mich an einem Kreisel mit einem Sprung aus dem noch rollenden Auto. Aber 95 % der vielen, vielen Fahrten waren berührend, bereichernd, witzig und spannend. Ich fuhr mit Handwerkern und Ärztinnen, erhielt «Lifts» von Unternehmern, Aussteigern und Designerinnen, und einmal von einer Pilotin im Aston Martin. Nicht wenige vertrauten mir ihre halbe Lebensgeschichte an. Einer erzählte von seiner Spielsucht, ein anderer davon, wie er einst bei IBM an den Anfängen des Internets mitgewirkt hatte. Spanien war, bis auf einen Bio-Zitronenbauer, mühsam, doch dann fuhr mein nächster Chauffeur einen Umweg und mich durch ganz Barcelona, mitten durch die eigentlich für Autos gesperrten Altstadtgässchen. Unterwegs nach Polen organisierten «meine» Lastwagenfahrer jeweils per Funk meine Weiterreise.
Ich glaube, dass ich in diesen Jahren bereits für den Journalismus geprägt wurde. Ohne es zu wissen, durchlief ich eine Interview-Ausbildung par excellence. Die unglaubliche Breite an Themen, in die ich jeweils einen Einblick erhielt, waren ein Vorgeschmack auf meinen jetzigen Arbeitsalltag. Ich durfte das Rüst-zeug für einen Beruf sammeln, der mich bis heute quer durchs Leben führt. Vielleicht war ich nie bloss auf der Suche nach einem «Lift», sondern immer schon auf der Spur einer guten Geschichte.