Von 1943 Sensler Unternehmen haben 304 (15,6%) die Umfrage beantwortet. Mit Ausnahme des primären Wirtschaftssektors (Land- und Forstwirtschaft), der keine Antworten lieferte, gilt dieses Ergebnis als repräsentativ. Alleine die Tatsache, dass sich relativ wenige Firmen an dieser Untersuchung beteiligten, weist darauf hin, dass der Leidensdruck der Sensler Wirtschaft wohl (noch) nicht allzu gross ist.
Durchzogene Erwartungen
Die von Paul Coudret, Wirtschaftsberater der Handels- und Industriekammer Freiburg (HIFK), präsentierten Fakten im Podium vom 4. Mai zeigen ein aufschlussreiches Bild: 55 Prozent der Firmen beurteilen den aktuellen Geschäftsgang als gut bis ausgezeichnet. Für die kommenden sechs Monate sind es noch knapp 50 Prozent. Knapp 50 Prozent befürchten eine Verschlechterung der Konjunkturlage und des Konsumklimas. Für 2015 erwarten nur noch vier Prozent (2014 = 9%) eine ausgezeichnete und 32 Prozent (2014 = 37%) eine gute Gewinnentwicklung.
Über 70 Prozent der Firmen beklagen eine Margenerosion und eine stärkere Konkurrenz aus dem In- und Ausland. Die Frankenstärke steht erst an sechster Stelle des Sorgenbarometers und ist Zeichen der geringen Export-
abhängigkeit. Sieben Prozent der Firmen bemängeln fehlendes Industrie-Bauland. 75 Prozent erachten die Steuerbelastung als durchschnittlich, für 24 Prozent ist sie überdurchschnittlich hoch.
Die Frage, welche Strategien die von den sich verschlechternden Bedingungen betroffenen Unternehmen verfolgen, wurde (leider) nicht erhoben.
Als besonders positiv gelten die hohe Lebensqualität und die Nähe zu den Städten Bern und Freiburg. Begrüsst wird auch das Angebot an gut qualifizierten Arbeitskräften vor Ort. 60 Prozent der Firmen finden ihre Mitarbeitenden im Bezirk. Die Übrigen rekrutieren sie im Kanton Bern und in andern Freiburger Bezirken. 88 Prozent der Firmen sehen in der A12 einen Vorteil, weil sie neue Betriebe anzieht. Als verbesserungswürdig gelten das Verhältnis zu kantonalen und lokalen Behörden sowie der Erhalt und Ausbau der Transportinfrastruktur. Stichwort: Umfahrung Düdingen.
Das Umfrageergebnis wird nachvollziehbar, wenn man die ebenfalls vom HIKF (Handels- und Industriekammer Freiburg) erhobene Wirtschaftsstruktur des Sensebezirks berücksichtigt: Branchenmässig ist die Sensler Wirtschaft stark diversifiziert. Wird der öffentliche Bereich ausgeklammert, überwiegt aber der industrielle Sektor. 80,2 Prozent der Firmen beschäftigen weniger als 20 und nur sieben Prozent mehr als 50 Angestellte. Produziert wird vor allem für den Heimmarkt. Die Exportabhängigkeit ist sehr gering. 77 Prozent der Firmen exportieren nicht ins Ausland und von den exportierenden Unternehmen sind nur wenige stark vom Auslandabsatz abhängig. Sieben von zehn Betrieben wurden erst nach 1980 gegründet. Dies weist auf die relativ späte Industrialisierung des Sensebezirks hin. 85 Prozent der Firmeninhaber wohnen im Bezirk und sind lokal solide verankert.
Der Pendlerexport
Ob die rund 10’000 Pendler, die täglich nach Bern, Freiburg oder Lausanne zur Arbeit fahren, ein Problem oder eine Chance darstellen, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Der Sensebezirk umfasst 15 Prozent der Freiburger Bevölkerung, erwirtschaftet aber nur zehn Prozent des kantonalen Bruttoinland-Produkts (BIP). Noch bis vor wenigen Jahrzehnten war die Sense ein Auswanderungsland. Heute wächst die Zahl der Zuzüger stärker als das Angebot an Arbeitsplätzen. Pendler tragen nur wenig zum bezirksinternen BIP bei und belasten die Transportinfrastruktur. Kritiker bemängeln daher, dass der Sensebezirk zu wenig neue Arbeitsplätze schaffe.
Oberamtmann Nicolas Bürgisser sieht in den Wegpendlern mehr Vor- als Nachteile: «Sie arbeiten auswärts in zumeist gut bezahlten Jobs und zahlen bei uns Steuern. Dem verdanken wir die tiefste Arbeitslosenquote der Hauptstadtregion Schweiz. Dass ein niedriges BIP eine entsprechende Verarmung bedeutet, stimmt für uns daher nicht.» Bürgisser stellt eine explosive wirtschaftliche Entwicklung, wie sie zum Beispiel in Bulle sichtbar wird und mit welcher der Sensebezirk oft verglichen wird, in Frage: «Diese zieht überdimensionierte Bautätigkeit und eine grossen Anzahl schwach qualifizierter Arbeitskräfte aus dem EU-Raum nach sich. Werden diese arbeitslos, belasten sie unsere sozialen Einrichtungen. Ich befürworte keine derartige Entwicklung, sondern ein harmonisches und eher qualitatives Wachstum.»