Sensler Lösung für ein Berner Problem

Sensler Lösung für ein Berner Problem

Der Bahnbetreiber muss sich einer Möglichkeit stellen, die er eigentlich schon im Jahr 2016 geschreddert hatte. Der Kanton Freiburg und der Sensebezirk wollen ein Teilstück der Autobahn überdachen, damit darauf die BLS-Werkstätte entstehen kann. Eine echte Alternative.

Nur will die BLS lieber am Projekt im «Chliforst» festhalten. Der Bundesrat hat es bewilligt und die Planung ist weit fortgeschritten. Kommt die Freiburger-Alternative also zu spät? Keineswegs. In Bern West regt sich inzwischen Widerstand an allen Fronten. Anwohner, Gemeinden und Naturschutzorganisationen wie «Pro Natura» wehren sich gegen die Folgen dieses Baus. Insgesamt müssten 150’000 m² Naturland verbaut werden; eine tiefe Kerbe im Grünteil rund um die Hauptstadt. Damit tun sich auch die Burger schwer. Ihnen gehört ein beträchtlicher Teil des Landes und diesen möchten sie nicht mehr für dieses Projekt hergeben.
Das Sensler-Projekt
Die BLS lässt sich dennoch nicht von ihrem Vorhaben abbringen. Ob sie bei diesem geballten Widerstand allerdings bis vor das Bundesgericht ziehen wollen, darf zumindest bezweifelt werden. Der Sensebezirk will nun Hand bieten. Von Bern, Fahrtrichtung Freiburg auf der A12 ist ungefähr ab dem Schild «Flamatt 1000m» auf 800 bis 1000 m Länge eine Überdachung möglich. Darauf könnten die Bahnbetreiber ihre Instandhaltungswerkstätte bauen, 60 m breit und 12 bis 15 m hoch. Das Dorf wäre vom Autobahnlärm entlastet und die BLS könnte dort ihre Züge warten, reinigen und reparieren. Der Bau wäre ein klein wenig anders als im «Chliforst». «Etwas weniger quadratisch, dafür könnten zwei Züge hintereinander einfahren», präzisiert Grossrat Nicolas Bürgisser. Der grosse Vorteil für die BLS wäre, «dass die Natur hier kaum belangt wird», sagt Staatsrat Jean-François Steiert. Kulturland oder im Falle von Mühleberg sogar Naturschutzgebiete zu verbauen, stösst bei der Bevölkerung immer mehr auf Widerstand und gesetzlich sind die Möglichkeiten ebenfalls stark eingeschränkt worden. Das bekommen die Bahnbetreiber zu spüren. Bei der Flamatter Möglichkeit wäre dieses Problem schon mal gelöst.

Die Zurückhaltung
Doch so wirklich freut das die BLS nicht. «Wir haben Daniel Schafer, den neuen CEO der BLS, informiert und er zeigte sich interessiert», meinte zwar der Freiburger Staatsrat. Aber das bezieht sich wohl eher darauf, dass er die Machbarkeitsstudie dieses Projekts noch einmal anschauen will. Diese finanzieren die Freiburger mit 20’000 Franken gleich selbst, damit sie bereits im Frühjahr 2022 verlässliche Angaben zum Vorhaben machen können. In ihren ersten Kommentaren zeigten sich die Bahnbetreiber aber kritisch. Es gäbe aktuell keine Alternativen zum «Chliforst», topografisch sei Flamatt nicht ideal, zudem sei die Strecke Freiburg-Flamatt dicht befahren und daher bestünden kaum freie Gleise für die Zusatzfahrten, liess die Medienstelle verlauten. Bereits im Jahr 2016 brachten die Sensler diese Möglichkeit auf den Tisch, sie waren einer von 42 Standorten, den die BLS geprüft hat. Weshalb sie nicht schon damals in Betracht gezogen wurden, haben die Freiburger nie erfahren. «Nun ist aber der richtige Zeitpunkt, das noch einmal anzubringen», sagt Oberamtmann Manfred Raemy, der die Idee nie ganz aus den Augen verloren hat. «Der Sensebezirk ist dabei, seinen neuen Richtplan auszuarbeiten und wir könnten das Projekt gleich miteinbeziehen.»

Freiburg hilft schon jetzt
Aus Sicht der Freiburger sind die Bedenken der BLS lösbar. Ein neuer Weg, statt erbitterter Kampf tut sich auf. Andreas Freiburghaus, der Gemeindepräsident von Wünnewil-Flamatt, sagt: «Wir haben einen Standort, an dem sich vieles machen lässt.» Ideale Voraussetzungen eigentlich. Die Nähe zu Bern dürfte ebenfalls kein stichhaltiges Gegenargument sein, die Distanz Chliforst-Bern oder Flamatt-Bern unterscheidet sich gerade mal um zwei Kilometer. Oder stört es die BLS vielleicht, dass Flamatt im Kanton Freiburg liegt und nicht in Bern? Das liesse sich gleich aus mehreren Gründen entkräften: Zum einen wäre die Werkstätte nur zirka 200 Meter hinter der Kantonsgrenze, zum anderen sind nicht nur der Kanton Bern und der Bund Aktionäre, sondern auch der Kanton Freiburg. Dieser zeigt sich darüber hinaus schon seit Längerem der BLS gegenüber hilfsbereit. Als Übergangslösung wartet diese nämlich ihre Züge im Depot der Freiburger Verkehrsbetriebe in Givisiez.

Die Kosten
Eher schon ein Argument gegen Flamatt könnten die Finanzen sein. Eine Überdachung in dieser Grössenordnung sorgt für Mehrkosten von geschätzt 65 Mio. Franken. Zum Vergleich erwähnt Grossrat Bürgisser ein Projekt aus Winterthur. Für 600 Meter benötigten die Zürcher 50 Mio. Franken mehr. «Unsere Idee ist also nicht neu. Man denke nur an das Westside. Japan und Deutschland haben längst damit begonnen, Autobahnen im grossen Stil zu überdachen», vergleicht er. Die bestehenden Projekte zeigen, dass der Sinn dann gegeben ist, wenn Mehrkosten mit Mehrwert einhergehen. Den Mehrwert in Flamatt hätte in erster Linie die Natur, die dank der Überdachung verschont bliebe. Für die BLS schwingt also auch die Frage mit, wie viel ihnen der Naturschutz wert ist. Die Werkstätte soll insgesamt geschätzt 300 Mio. Franken kosten.

Die Vorteile für Freiburg
Ganz uneigennützig ist die Aktion des Sensebezirks aber nicht. Die Freiburger hätten die BLS als Steuerzahler sicherlich gerne auf ihrer Seite. «Zudem bilden wir viele junge Menschen aus, oft müssen sie aber ausserkantonal arbeiten gehen, weil es hier noch zu wenig qualifizierte Arbeitsplätze gibt», weiss Steiert. Mit der Instandhaltungswerkstätte sollen rund 200 Stellen entstehen. Im Gegenzug erhält die BLS vom Kanton, dem Sensebezirk und der Gemeinde die volle Unterstützung. Das dürfte sich terminlich positiv auswirken. Die Verzögerungen am «Chliforst» sind bereits heute auf mehrere Jahre zu beziffern und eine Fertigstellung frühestens im Jahr 2028 möglich. Ein Terminplan, den die Flamatter-Lösung ebenfalls bieten könnte, wenngleich Steiert aus gutem Grund keine Zahl in Aussicht stellt. Dafür sei es schlicht zu früh.

Die BLS hält am «Chliforst» fest, doch der Sensebezirk drängt sich auf. Ein klein wenig wie im Eishockey. Man will den Mittelstürmer anspielen, um das Tor zu schiessen, doch dieser ist von der Verteidigung mittlerweile gut bewacht. Auf der Aussenseite prescht aber ein Flügelstürmer hervor und ist frei anspielbar. Wie frei von Problemen die Lösung Flamatt ist, wird die Machbarkeitsstudie im Frühjahr 2022 zeigen. Die BLS kann diese zwar vom Tisch wegargumentieren, droht aber mit ihrem Wunschprojekt noch über viele Jahre ins Stocken zu geraten. Der Druck auf die BLS wächst, um die Sensler Lösung für ein Berner Problem ernsthaft zu prüfen.

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