Silicon oder Wangen Valley?

Silicon oder Wangen Valley?

Es kommt selten vor, dass die «Könizer Zeitung | Der Sensetaler» über die USA schreibt. Wirtschaftlich zeigen jedoch die Ausführungen von Rolf Brechbühl, Leiter Firmenkunden Mittelland und Wallis bei den Raiffeisenbanken, dass die Auswirkungen bis nach Oberwangen, Tafers oder Rüeggisberg wirken.

Konservativ klingt erst einmal wenig fortschrittlich. Doch in wirtschaftlicher Sicht ist es genau dieses Wort, das die Schweiz in den vergangenen Jahren vor Schlimmerem bewahrt hat. «Die Schweiz ist besser durch die Krise gekommen», sagt Brechbühl. Die Inflation hat europäisch deutlich heftiger zugeschlagen als hierzulande. Nur in den USA ist dies noch besser gelungen. Mit einem grossen Aufwand, der nun seinen Tribut fordern könnte. Der Leading Economy Index (LEI) zeigt, dass in den USA eine Rezession droht. Und weil die USA für Europa eine Vorreiterrolle einnimmt, hätte dies unmittelbare Folgen für die Wirtschaft. «Es hilft, wenn die Schweiz jeweils nicht so schnell auf Änderungen reagiert. Die Wirtschaft hierzulande kann sich adaptieren», kommentiert der Experte. Dank konservativer Haltung navigiert die Schweiz stabil durch die Krisen.

Das Ende des Fachkräftemangels?

Was nicht bedeutet, dass in der Schweiz alles Friede, Freude, Fondue ist. «Der Motor des wichtigen Handelspartners Deutschland stockt. Das hemmt die Schweiz», liest Brechbühl die Entwicklung am Bruttoinlandprodukt BIP ab. Und je besser die Schweiz durch die Krisen kommt, desto stärker geht der Franken daraus hervor. «Eigentlich sollte man stolz sein, das ist ein Gütesiegel par excellence. Aber jeder, der exportieren muss, für den ist es ein Horror. Es ist eine riesige Leistung, wenn man da als Firma durchkommt», lobt er die Schweizer Exportindustrie. Was hilft ist die Teuerung. Gerade in Deutschland. Das federt ab und ergibt Chancen. Spannend dürfte zudem für die Schweiz eine andere Entwicklung aus den USA sein. Seit Jahren sind dort die unfreiwilligen Kündigungen stabil. Doch die Neueinstellungen gehen zurück. Die USA stellt nicht mehr ein. «Die USA hat eine ‹Hire and Fire›-Mentalität, deshalb beginnt die Arbeitslosenquote wieder zu steigen», so der Raiffeisenbanker. Läutet der Vorreiter USA das Ende des Fachkräftemangels ein?

Verwaltungen hemmen Wirtschaft zusehends

Schafft es der neue US-Präsident Donald Trump, die drohende Rezession zu verhindern? Er verspricht, mit hohen Strafzöllen sein Land zu schützen. China belastet er gar mit 24 % Zoll, eine Art Protektionismus. «Für die USA mag das gut sein, für die Welt weitaus weniger», schätzt Brechbühl die Lage ein.  Die Schweiz exportiert jährlich für 50 Mrd. Franken. Regulierungen hemmen die Wirtschaft. Das kennt auch die Schweiz. Auf Rang 1 der grössten Probleme der Schweizer Wirtschaft rangieren die Bürokratie und die Überregulierung. Sie verteuern, sorgen für Wettbewerbsnachteile und verhindern Wachstum. Die Politik ist gut beraten, wenn sie in diesen unsicheren Zeiten wieder vermehrt der Wirtschaft den Rücken stärkt und den Verwaltungen auf die Finger schaut.

Stabiler Konsum

Brechbühl wechselt zum Schluss die Perspektive und widmet sich den Konsumentinnen und Konsumenten. Die Schweiz ist auch in diesem Bereich etwas anders als das sie umgebende Europa. Das Ende der Inflation hat den Konsum nur zögerlich positiv beeinflusst. Vorsicht ist die Mutter des Schweizers Geldbeutels. Doch es gilt auch das Gegenteil, Krisen wirken sich in der Schweiz weitaus weniger stark auf den Konsum aus als anderswo. Die Schweizerinnen und Schweizer konsumieren immer, aber immer mit Bedacht. Anschliessend eröffnet André Frey die Lohnrunde, die Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Wangental berichten über ihr Geschäftsjahr und ihre eigenen Prognosen für das Jahr 2025. Es verblüfft, dass sich diese grossmehrheitlich in die Aussagen von Rolf Brechbühl integrieren lassen. Lohnerhöhungen fallen mehrheitlich geringer aus als im Vorjahr, angepasst an die abgeflachte Teuerung. Herausfordernd und schwierig war das Jahr 2024 für die meisten, aber auch lösbar dank einer Eigenschaft, die der Finanzwelt verdächtig nahe kommt: einer konservativen Haltung, in der man nicht gleich Hals über Kopf alles ändert, sondern schwierige Momente durchsteht.

Vor einigen Monaten berichtete diese Zeitung, wie SRF-Korrespondent Sebastian Ramspeck am Schlossapéro der Bank Gantrisch in Schwarzenburg aufzeigte, wie die Welt trotz Grossmächten wie Russland oder Indien bipolar zwischen den USA und China aufgeteilt sei. Europa und die Schweiz sind klar der US-Seite zugewandt. Die USA ist also ein Vorbote für Entwicklungen hierzulande. Das ist ein Vorteil. Man erkennt Tendenzen und kann sich darauf einstellen. Das tut die Schweiz, das tut die Region dieser Zeitung. Konservativ und stabil. So gesehen trennen geographisch das Silicon und das Wangen Valley ein ganzer Atlantik, wirtschaftlich aber nur eine kleine Verzögerung. Eine Zeitkapsel, die es erlaubt, zu reagieren.

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