Die erste Stelle nach dem Studium führte Jacques Cordey an die Schule nach Spiegel. Dort unterrichtete er neben Sport auch Mathematik und Naturwissenschaften, denn es sei ihm wichtig gewesen, nicht nur Sportlehrer zu sein, betont der ehemalige Handballer. «Ich war auch immer Klassenlehrer. Mich hat das ‹Gesamtpaket› meiner Schüler interessiert. Viele sind anders im Sportunterricht als zum Beispiel in den Mathestunden, daher war es für mich toll, auch andere Fächer zu unterrichten.»
Seit über 30 Jahren engagiert sich Jacques Cordey nun im Schulsport. Anfänglich als Verantwortlicher seiner Schule. Als solcher nahm er 4 Mal im Jahr an Sitzungen teil, die sein Vorgänger leitete. An diesen kamen «alle Fäden zusammen», denn von jeder Schule der Gemeinde Köniz war ein Verantwortlicher dabei. Sein Vorgänger habe den Schulsport über 30 Jahre lang gross gemacht, 1989 wurde Cordey dann sein Stellvertreter und konnte bei der Weiterentwicklung mithelfen. Nach dessen Pensionierung 2007 bewarb er sich um die Stelle und wurde gewählt. «Anfangs habe ich zum Teil hier und zum Teil als Lehrer gearbeitet. Doch das war irgendwann nicht mehr möglich, beide Parteien wollten mich voll haben», erklärt der leidenschaftliche Sportler. Nun kann er sich rund 70% für den Schulsport engagieren, die restlichen 30% für allgemeine Sachen – alles, was mit Schule und Sport zusammenhängt, unter anderem für das obligatorische Schulschwimmen oder die Sportlerehrung in Köniz, die er Jahr für Jahr leitet.
Zusammen mit den Vereinen
Kinder werden immer unbeweglicher, daher ist es Jacques Cordey ein grosses Anliegen, diese dazu zu bringen, sich zu bewegen. Ein Problem sei, dass im obligatorischen Schulsport heute ein Drittel der Lehrerschaft auf der Primarstufe nicht befähigt ist, Sport zu unterrichten. Da nur ein Teil Zugang zu Vereinen hat, sei es für ihn wichtig, die Kinder so niedrigschwellig und unkompliziert wie möglich zum Sport zu bringen. Man wolle aber keine Konkurrenz zu den bestehenden Vereinen sein, sondern mit ihnen kooperieren. «Wir bieten die Möglichkeit, verschiedenen Sportarten auszuprobieren. Sei es in Ferienkursen, Sportlagern oder Semesterkursen. Haben die Kinder danach Lust, die Sportart weiter zu betreiben, können sie dies dann in den Vereinen machen», sagt Cordey. So habe man zum Beispiel Handball durch die Zusammenarbeit mit dem Könizer Verein Club72 wiederbeleben können. «Wir haben Kurse streichen müssen, weil die Nachfrage so gering war. Mit dem Club72 haben wir dann 1 Jahr lang 60 Gratislektionen in den Schulen angeboten und so einen Zugang geschaffen. Heute gibt es Mini- und Kidshandball und über 70 Kinder, die mitmachen», freut sich der Ex-Handballer.
Kantonales Sportforum
Die Thematik des diesjährigen kantonalen Sportforums lautete «Freiwilliger Schulsport – Chancen und Hürden». Dazu gab es einen Referenten aus einer Konolfinger Schule, wo das Projekt «freiwilliger Schulsport» erst seit 3 Jahren betrieben wird und dementsprechend wenig Erfahrung vorhanden ist. Als Gegenpol dazu wurde Jacques Cordey eingeladen: «Es war eine Ehre und sehr spannend. Die Hindernisse, die Konolfingen beschrieb, hatten wir damals auch. Aber auch das Riesenglück, dass die Gemeinde uns in den 40 Jahren so unterstützt hat. Die Wertschätzung ist speziell.» Er rechne es Köniz hoch an, dass man Ende der 90er-Jahre, als sich der Kanton zurückzog, die komplette Finanzierung des Projektes übernommen hat. Es sei die Grundlage, um den freiwilligen Schulsport so anbieten zu können. In vielen Gemeinden rund herum wurde der freiwillige Schulsport gestrichen.
Sparmassnahmen
Auch in Köniz ist es nicht mehr so einfach wie früher. Zwar stehe die Gemeinde noch immer hinter dem Projekt, doch man muss Einschränkungen machen. «Seit 7 Jahren bin ich am Verteidigen. Ich habe 3 Sparmassnahmen mitgemacht. Früher hiess es: alles machbar. Die Zeiten sind vorbei. Ich habe ein System entwickelt, damit der Schulsport auf gesunden Beinen steht, aber die Qualität nicht verliert», so Cordey. So konnte er unter anderem durch eine Strukturänderung die J+S-Beiträge von 4000 auf 130’000 Franken steigern. Die Ausgaben der Gemeinde wurden um ein Drittel gesenkt. Die Effizienz wurde gesteigert, Gruppen optimiert, indem man Kurse zusammenlegte und grössere Gruppen bildete. Dies ging aber auch alles auf Kosten der Innovation. Will man neue Bewegungen mitmachen und neue Kurse anbieten, dann muss dafür ein anderer gestrichen werden. Aber das alles ist nicht genug. Aufs nächste Jahr muss Jacques Cordey wegen des Sparpaketes der Gemeinde sein Budget noch einmal um 50’000 Franken senken. «Ich rechne es Köniz hoch an, dass sie an dem Projekt festhalten. Die Qualität wird anerkannt, das Modell ist national bekannt. Es zieht Eltern an, diese Wertschätzung spürte ich im Gemeinderat», sagt der Leichtathletiktrainer. Aber auch, dass es nicht mehr wie früher sei, als der Gemeindepräsident zum Beispiel die Sportlager besuchte und auch mal mit dem Lagerleiter das Zimmer teilte, um sich ein Bild davon zu machen, was in einem Lager passiert. «Man wusste, was wir machen, solche Besuche haben von Wertschätzung gezeugt. Man kam vorbei, um den Helfern Merci zu sagen.»
Schwierigkeiten
Der freiwillige Schulsport ist in vielerlei Hinsicht wichtig. Kinder sollten sich bewegen, Sport ist eine Prävention gegen Übergewicht und Unbeweglichkeit, fördert aber auch die Integration. So sind im Moment Kinder aus 20 verschiedenen Ländern in den Kursen. Die Einfachheit des Sports bringt alle zusammen. Der Preis pro Kurs, der 6 Monate dauert, beträgt rund 45 Franken. «Viele sagen, mach es doch einfach teurer, aber die sehen nicht, wie viele Leute schon ein Problem haben, diesen geringen Beitrag zu bezahlen. Aufgrund der Sparmassnahmen bleibt mir nun nichts anderes übrig, als ihn zu erhöhen. Auch 2 Lager mussten wir streichen», erklärt Cordey bedauernd. Die Reise, Unterkunft und das Essen werden durch die Elternbeiträge gedeckt, die Betreuungskosten übernahm die Gemeinde. Der Beitrag ergibt sich aufgrund des steuerbaren Einkommens der Eltern und liegt bei maximal 300 Franken, er sinkt mit dem Einkommen der Eltern. Da die Zahl der Geringverdiener anstieg, sanken dementsprechend die Einnahmen und die Kosten stiegen. Aus diesem Grund habe man 2 Lager streichen müssen, positiv sei aber, dass man 3 weiter durchführen könne. Schliesslich gibt es auch immer weniger Schullager. Dass der Bedarf da ist, sieht man daran, dass das Herbstcamp im Mai schon nach 2 Wochen ausgebucht war. «Wenn man es teurer macht, dann können viele nicht kommen. Das ist schade, denn gerade solchen Kindern möchte man das Erlebnis ermöglichen, damit sie mal was anderes sehen», meint der Sportverantwortliche.
Veränderungen
Jacques Cordey bringt für sein Herzensprojekt auch Opfer. Er reduziert sein Pensum und verzichtet auf die Altersentlastung. «Es geht nicht, dass ich mehr Geld von den Eltern verlange, von meinen Gruppenleitern erwarte, dass sie grössere Gruppen betreuen, aber selbst nichts ändere. Es ist ein Geschenk für mich, dass es dieses Amt gibt und daher möchte ich meinen Teil beisteuern. Ich werde für die gleiche Arbeit nun weniger Lohn bekommen», erklärt er.
Für sein Engagement wurde er bei der Berner Sportlerehrung mit dem «Berner Sportbär» ausgezeichnet. Seine Sorge, dass habe nur mit seiner Trainertätigkeit für Mujinga Kambundji zu tun, erwies sich als unbegründet. «Meine schlimmste Befürchtung war, dass jemand die Laudatio hält, der von mir und meiner Arbeit keine Ahnung hat. Ich dachte, dass keiner weiss, was ich alles gemacht habe», erzählt der 58-Jährige. Aber die Angst war unbegründet, so wurde unter anderem seine Kollegin mit «eingespannt», ihn unauffällig auszuhorchen. Doch die grösste Überraschung war, das seine ehemalige Athletin Mireille Donders die Lobesrede hielt. «Das war schön, sie war die Erste, die ich zu den Olympischen Spielen brachte, und wir sind noch bis heute verbunden. Das ist eine ganz andere Wertschätzung.»
Leichtathletik
Neben dem freiwilligen Schulsport beherrscht auch die Leichtathletik das Leben von Jacques Cordey. Er selbst war früher Sprinter und seit 35 Jahren ist er als Trainer tätig. Aber «nur als Trainer im Ehrenamt, nie als Job», er selbst habe den Sport auf Leistungssportniveau betrieben mit 6x Training pro Woche, doch «nie so erfolgreich wie andere, obwohl ich auch mal ins Finale an einer SM kam». Seine Trainertätigkeit hat er zugunsten von Job und Familie reduziert, statt 6x pro Woche ist er nun nur noch 2x tätig. Seine Frau habe immer Verständnis für ihn gehabt und ihn dabei unterstützt: «Sie kennt mich gut und hat mir immer geholfen.» Die 3 Ebenen – Schul-, Leistungs- und Spitzensport – seien ihm wichtig und er brauche alle, betont der Vater einer Tochter und eines Sohnes. «Im Schulsport bringt man die Kinder dazu, sich zu bewegen. Im Leistungssport geht es darum, das Umfeld zu optimieren. Der Spitzensport ist das i-Tüpfelchen, man kann die Leistung mit einer Medaille krönen. Meine Tätigkeiten decken die ganze Bandbreite ab», strahlt Jacques Cordey und man spürt die Leidenschaft, mit der er bei allem dabei ist.


