«Es sieht positiv aus», verkündet die Finanzdirektorin zu Beginn lächelnd. In den vergangenen zwei Jahren wies der Kanton Bern hohe Ertragsüberschüsse aus und baute kräftig Schulden ab. Die prognostizierten Zahlen 2026 bis 2029 weisen eine ähnliche Tendenz auf.
Ausnahmejahr 2027
In den kommenden vier Jahren will der Kanton durchschnittlich einen jährlichen Bilanzüberschuss von 300 Mio. Franken erwirtschaften. In dieser Zeitspanne beabsichtigt die Finanzdirektion circa 240 Mio. Franken an Schulden abzubauen. Die Ausnahme bildet das Jahr 2027. Mit dem Polizeizentrum und dem Campus in Biel sowie weiteren Bauten werden im Jahr 2027 fast 900 Mio. Franken investiert. Diese Zahl ist vorher und nachher jährlich mindestens um 100 Mio. Franken tiefer angesetzt. Planerisch ist dieser Investitionssprung gut eingebettet, sodass unter dem Strich die positiven Effekte erhalten bleiben.
Sorgenkind Schule
Freudensprünge gibt es an der Medienkonferenz keine zu bestaunen. Weder von der Regierungsrätin noch vom Leiter Finanzplanung, Beat Zimmermann. «Wir sind zufrieden, sehen aber manches kritisch», meint Bärtschi in ihrer finanzpolitischen Würdigung. Grund für den doch etwas verhaltenen Optimismus sind mehrere Unsicherheiten sowie die Volksschule. Für letztere müssen die Mittel abermals stark erhöht werden. Konkret circa 100 Mio. Franken jährlich. Zum einen begründet Finanzplaner Zimmermann dies mit der demografischen Entwicklung, weil nun geburtenstarke Jahrgänge in die Schulen kommen. Zum anderen nimmt der Platzbedarf an den Schulen zu und die Löhne der Lehrkräfte steigen weiter an. Mehr als diejenigen der anderen Kantonsangestellten. Hier werde ein sogenannter «Rückstand» aufgeholt. Doch danach sei Schluss damit, liessen die Finanzvertreter durchblicken. Aus privatwirtschaftlicher Sicht kann man diese Aussage nachvollziehen. Der Lohn von Lehrpersonen wächst um ein Vielfaches schneller als der Meridian aller anderen Löhne im Kanton Bern.
Die Risiken
Bärtschi und Zimmermann sehen nebst den überproportional steigenden Kosten im Schulwesen noch weitere Probleme. Oder besser Risiken. Wann, ob überhaupt und wie hoch die nächste Gewinnausschüttung der Nationalbank anstehen könnte, scheint derzeit kaum vorhersehbar. Der Finanzplan hat für das Jahr 2026 vorsichtigerweise noch keine Ausschüttung budgetiert, sieht jedoch einen Betrag von 160 Mio. Franken ab dem Jahr 2027 vor. «Ab diesem Jahr greift die neue Vereinbarung», begründet der Finanzplaner. Unsicherheiten sieht Zimmermann auch beim Nationalen Finanzausgleich (NFA): «Die Prognosen zeigen steigende Ausgleichszahlungen. Die Ressourcen im Kanton Bern entwickeln sich unterdurchschnittlich im Vergleich zur restlichen Schweiz. Deshalb steigen die Ausgleichszahlungen.» Theoretisch; es ist und bleibt eine Annahme einer nicht unerheblichen Zahl von 1,5 Mrd. Franken im Jahr 2026 bis 1,75 Mrd. Franken im Jahr 2029. Zu den Risiken zählt Bärtschi ferner die geopolitische Lage. «Deshalb ist eine zurückhaltende Ausgabenpolitik wichtig», begründet sie.
Der Kanton Bern ist auf Kurs, wenn die Schuldenbremse eingehalten wird. Dies verdeutlicht die Medienkonferenz. Die Bevölkerung darf sich freuen. Die Umsetzung der Steuerstrategie ist auf Kurs (Senkungen aus dem Jahr 2024 und 2025) und ab 2029 sind weitere Steuersenkungen geplant, wie Regierungsrätin Astrid Bärtschi mitteilt. Hohe Gewinne, hohe Investitionen und sinkende Steuersätze, das alles klingt nach einer bärenstarken Arbeit im Kanton. Ja, zweifelsfrei ist Bern auf Kurs. Dennoch ist bei allen Beteiligten kein Hochmut zu verspüren. Risiken hemmen die Klarheit der Annahme und ein Kanton, der so viele Ausgleichszahlungen kassiert wie kein anderer in der Schweiz, der hat nach wie vor viel zu tun. Aber mit guten Aussichten auf Besserung – mit einer Steigerung trotz Senkung.