Eines der modernsten Hochhäuser der Stadt Zürich. Sicherheitskontrollen, Lounges, Bildschirme, Glasräume. Was auf den ersten Blick aussieht wie eine Szene aus dem neusten CSI-Krimi der USA, ist das Gebäude der Firma EY in Zürich. Mitten drin arbeitet Adrian Ott mit einem Team von 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Leiter der Abteilung IT-Forensik und IT-Discovery.
Ott – der Komissar
«Unsere Werkzeuge sind schon ein bisschen weniger cool wie im Fernsehen», relativiert der 37-jährige Forensiker. Aber als Ott die Bundesanwaltschaft als IT-Forensiker verliess, um zu EY zu stossen, hatte das auch mit den Möglichkeiten zu tun. «Wir haben internationale Kunden und damit auch ein internationales Netzwerk», unterstreicht er eine der Tatsachen, die sicherstellen, dass er technologisch und fachlich in der Lage ist, in einer digitalen Welt kriminelle Energien ausfindig zu machen, die längst nicht mehr nur den Computer betreffen, sondern bis hin zu Fahrzeugen reichen. «Forensik kommt ursprünglich aus der Spurensicherung. Wie beim Mord, so muss auch im IT-Bereich die Spurensicherung so durchgeführt werden, dass diese gerichtlich Bestand hat», gewährt er Einblick in seinen Berufsalltag. Soeben aus New York zurück, ereilte ihn der Anruf eines grossen Schweizer Sportklubs, der einem Cyberangriff zum Opfer fiel. Oft geht es aber auch darum, Vermutungen nachzugehen, wenn etwa jemand aus der Firma sensible Daten entwendet oder ein Whistle Blower Unregelmässigkeiten meldet. EY ist eine Revisionsstelle, auch von Grossfirmen. Wenn ein Revisor einen Anfangsverdacht hat, so kann er auf Adrian Ott und sein Team zählen, die technisch in der Lage sind, eine mögliche Tat zu rekonstruieren und zu beweisen.
Ott – der Kommunikator
Die Firmen müssen wissen, das es Mittel und Wege gibt, solchen Verdachtsfällen nachzugehen. Und die Firmen sollen sensibilisiert werden, dass Hacker-Angriffe aus dem Netz keine Seltenheit sind, sondern jeden treffen können. Um dieses Risiko zu minimieren und um die Firmen auf Sicherheitslücken aufmerksam zu machen, verlässt der Forensiker immer wieder seinen Alltag, um darüber zu referieren; unlängst auch für die Mobiliar-Versicherung, auch in Düdingen und Bümpliz. «Es ist mir wichtig zu kommunizieren», erzählt Ott, der stets einen kurzen Blick auf seinen Rechner wirft, um alles im Blick zu haben.
Ott – der Tabubrecher
«Meist geht es in den Vorträgen um Cyberkriminalität», wagt sich der Spezialist in ein Thema vor, über dass nur ungern öffentlich gesprochen wird. Denn wenn eine Firma angegriffen wird und sich nur mit Lösegeld wieder Zugang zum eigenen System erkaufen kann, dann will man in aller Regel verhindern, dass die Kunden dadurch beunruhigt werden oder gar fernbleiben. Also schweigen die Firmen über Angriffe. Ott weiss aber, dass viele Firmen täglich Opfer solcher Angriffe aus dem Netz werden, auch in Bern und Freiburg. Mit seinen Vorträgen spricht er nicht nur offen darüber, er sensibilisiert und leistet einen wertvollen Beitrag, um dieses Tabu zu brechen.
Über die Arbeit von Adrian Ott und seinem Team könnte man sicherlich eine Krimiserie lancieren. Etwa als man einen Brief, der nie abgespeichert, sondern nur auf dem PC geschrieben wurde, ausfindig und den Erpresser damit dingfest machen konnte. Wer weiss, vielleicht kommt eines Tages eine Fernsehstation auf ihn zu und startet solch ein Projekt. Mit Komissar Adrian Ott in der Hauptrolle und einem ersten Fall in Düdingen oder Köniz. Keine Fantasie, die einem Drehbuch entsprungen ist, sondern eine Realität der IT-Forensik: Tatort Computer.


