Ungehörte Lösungsmacher

Ungehörte Lösungsmacher

Gespickt mit gut recherchierten Ansätzen, gelistet nach Bereichen und griffbereit für all jene, die wirklich klimarettende Massnahmen ergreifen wollen: die Klimagruppe Köniz erarbeitet ein Positionspapier, das aufzeigt wie die Gemeinde bis 2030 emissionsfrei werden könnte. Eine junge Generation kämpft für ihre Zukunft und fühlt sich ziemlich alleine gelassen.

«Willst du in der Natur Ferien machen, willst du einen Sommer ohne Hitzewelle, willst du in Zukunft von Überschwemmungen verschont bleiben, willst du noch mehr weisse Winter erleben, willst du dein Hahnenwasser auch zukünftig trinken können?» So lauten die rhetorischen Fragen, welche die Klimajugend vor den Wahlen letzten September stellte. Es sei die letzte Legislatur, in der noch etwas geändert werden könne.

Klimakampf
Seither ist bald ein Jahr vergangen. Die Wahlen sind vorbei, der Klimanotstand geblieben. Im zähen Ringen um Kompromisse und Kosten gebar das Parlament mit Wehen das Klimareglement. Dieses will, das Köniz bis 2050 klimaneutral ist. «Das dauert zu lange», sagt eine Aktivistin an einem jener Sommerabende, in denen das Thermometer nie unter 20 Grad sinkt. Dabei ist noch nicht mal gesagt, dass 2050 realistisch ist. Die Debatte zu den einzelnen Massnahmen und Kosten steht noch an. Es wäre nicht das erste Mal, dass bei der Umsetzung eines Reglements so stark gefeilt wird, dass am Schluss nicht mehr so viel vom Vorhaben übrig ist. Nun würde es niemanden überraschen, wenn sich die Klimagruppe Köniz auf Strassen setzen oder sich sogar mit Sekundenkleber an Strassen festkleben würden, um den Verkehr lahm zu legen. Stattdessen aber schlagen sie leisere Töne an. Diese engagierten Menschen sind nicht darauf aus, nur zu zeigen, dass sich etwas ändern muss, sondern bringen auch konstruktive Vorschläge wie es sich ändern kann.

Positionspapier
Nach wochenlanger Arbeit präsentieren sie verschiedene Ansätze, um die Emissionen rasch und nachhaltig zu reduzieren. Sie verabschieden ein Positionspapier. Schnörkellos, rank und schlank fasst dieses auf wenigen Seiten zusammen, was eine Gemeinde konkret machen kann. Ab und an müsste sie ein wenig vom kantonalen Kurs abweichen und sich selbst höhere Ziele stecken, aber wer in dieser Sammlung nach Utopien sucht, wird nicht fündig. Aufgeteilt in die Bereiche Mobilität, Wohnen, Energie, Landwirtschaft und Ernährung, schaffen sie vielmehr konkrete Ansätze für eine rasche Umsetzung. «Was bisher geschah, war ‹rausstüdelen›, doch dafür ist nun keine Zeit mehr», präzisiert die Gruppe. Haben sie die Arbeit des Parlaments und des Gemeinderats gemacht? Und schon überrascht die nächste Antwort: «Lösungen müssen nicht immer von der Politik kommen. Es gibt auch Lösungen aus dem jüngsten Gesellschaftsteil und die sind nicht nur Hirngespinste sondern handfeste Ansätze, die es verdienen, beachtet zu werden.» Mit Fug und Recht darf die Gruppe das für sich beanspruchen. Denn für ihr Papier haben sie viel Wissen eingeholt, bei der Gemeinde selbst, bei den verschiedenen Branchen, bei Expertinnen und Experten.

Was nun?
Dass es bald ein Könizer Klimareglement geben wird, hat die Jungen inspiriert, sich einzuklinken und mitzuhelfen. Die Frage ist nun, wer in der Könizer Politik diese Hilfe annimmt oder überhaupt ernst nimmt? Diese Generation hat in den vergangenen Jahren viele schöne Worte aus der Politik gehört denen aber nur selten Taten folgten. Statt sich verdrossen aus dem politischen Miteinander zu verabschieden, bringen diese jungen Menschen nun sogar einen Lösungsansatz mit. Schneller, effizienter und konkreter als das erklärte Ziel der Gemeinde. Genauer gesagt 20 Jahre schneller. Gemeinderat und Parlament erhalten in diesen Tagen das Positionspapier und die mitwirkenden Menschen warten gespannt darauf, was die Politik daraus macht. Schon erstaunlich, dass diese Generation ihr Schicksal nicht nur selbst in die Hand nimmt, sondern auch noch den Dialog sucht und mitarbeitet. Übrigens nicht nur mit der linken Hälfte des politischen Spektrums. «Wir haben teilweise auch sehr gute Gespräche mit der SVP führen können», überraschen sie weiter. Nun bleibt abzuwarten ob nach den Gesprächen die Taten folgen.

Das wäre schon fast das schöne Ende einer beeindruckenden Geschichte, wäre da nicht die Angst vieler, dass Klimamassnahmen die Lebensqualität beschneiden könnten. «Es braucht einen Gesinnungswandel, dann sind das keine einschneidenden Massnahmen, sondern solche, die eine ganz neue Form an Lebensqualität bringen können», lautet die spannende Antwort. Indirekt beantwortet sie noch eine andere Frage, die noch gar nicht gestellt wurde. Die nach dem Mut zur Veränderung. Da hat der jüngste Gesellschaftsteil in Köniz mit Blick auf die Klimagruppe klar die Nase vorn, vielleicht sogar einen ganzen Rüssel. Noch sind sie die ungehörten Lösungsmacher, doch nun kämpfen sie gegen die unerhörten Problemverursacher.

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