Wir Menschen lieben Schubladen. Wir sind super schnell darin, Mitmenschen in eben diese einzuteilen. Und auch ich bin nicht gefeit davor – auch ich ertappe mich manchmal dabei, wie ich meine, stabil im Oberstübchen verbauten, Schubladen füttere. Wie würden wir wohl als Gesellschaft zusammenleben, wenn wir alle etwas langsamer im Schubladisieren wären? Letztens fand ich mich in einem Gespräch wieder, in dem es um sogenannte «Städter» und «Landeier» ging. Mein Gegenüber warf die Frage auf, was denn nun besser sei. Auf meine Frage, anhand welcher Kriterien sie das bewerten möchte, meinte die Person: «Naja, mir als Lehrmeister wären junge Leute vom Land lieber, die wissen noch, wie man arbeitet. Die studierten Städter kannst du ja für gar nichts brauchen.» Und zack, da ist sie wieder: die Schublade.
Ich mag mich gut daran erinnern, als ich in einem Praktikum auf einem Landwirtschaftsbetrieb mit einer gleichaltrigen Frau zusammenarbeitete. Eines Abends meinte sie zu mir: «Weisst du, ich bin es so Leid, auf mein Äusseres reduziert zu werden. Die Leute sehen mich und denken: da ist dieses verwöhnte, dumme Blondchen aus der Stadt, die will sich ihre Finger eh nicht schmutzig machen.» Ich war erstmal baff, denn mit mir, auf dem Miststock, stand eine Stadt-Zürcherin, eine Doktorandin, eine durchtrainierte Sportlerin und die Gründerin einer Tierschutzorganisation. Mir wiederum ist es häufiger schon passiert, dass Leute, die wissen, dass ich auf einem Bauernhof lebe, automatisch davon ausgehen, dass ich ein ausgeprägtes technisches Verständnis und Interesse für Landwirtschaftsmaschinen haben muss. Doch wenn ich ehrlich bin, fahre ich nicht einmal gerne Trekker. Macht mich dies jetzt weniger zum «Landei»? Vielleicht. Aber vielleicht ist das auch ganz ok so.
Wie Generationenwohnen gelingen kann
Er gehört zu den Urgesteinen der Könizer Politik. Der ehemalige Parlamentarier Christian Roth hat sich…