Wie wäre es denn mit einem Streik der Spitex-Leute?

Wie wäre es denn mit einem Streik der Spitex-Leute?

Die Spitex ist in unserem Alltag allgegenwärtig – und sei es bloss, weil wir die Autos oder die Velos der Mitarbeitenden sehen. Diese Pflegenden stehen aber unter massivem Druck, auch wenn der Grosse Rat kürzlich gewisse Sparmassnahmen um zwölf Monate hinausgeschoben hat.

Schonfrist für die öffentlichen Spitex-Organisationen im Kanton Bern: Erst 2019 – und nicht bereits 2018 – müssen sie mit sechs Millionen Franken weniger für ihre Versorgungspflicht auskommen. Doch was heisst das konkret für die Spitex? Wir haben uns bei Bernhard Zaugg erkundigt, dem Präsidenten der «Spitex RegionKöniz», zuständig für die Gemeinden Köniz, Neuenegg und Oberbalm.

Wo genau wird gekürzt?
Bernhard Zaugg gibt sich auf die Frage, wo sie denn genau ab 2019 sparen sollen, entwaffnend ehrlich: «Ehrlich gesagt, wir wissen es noch nicht in allen Details.» Entsprechend unklar ist, wie sich diese Sparmassnahmen denn auswirken werden. Eine Möglichkeit, die Bernhard Zaugg aufzeigt: «Heute nehmen wir innert vier Stunden mit einem neuen Patienten Kontakt auf, innert 24 Stunden erfolgt der erste Besuch. Möglicherweise werden wir diese Zeitspannen verschieben müssen, auf 12 respektive 36 Stunden.»
Zur Erinnerung: Die öffentlichen Spitex-Organisationen sind verpflichtet, Patienten im ganzen Kantonsgebiet 24/7 zu versorgen. Der Kanton entschädigt sie dafür mit einer «Kopfprämie», mit einem Sockelbetrag. Dieser soll an eine neue Kostenstruktur angepasst werden. Zudem müssen sich alle Patienten nach ihrem 65. Altersjahr generell mit max. 15,95 Franken pro Tag an den Kosten beteiligen, was sich pro Monat auf beinahe 500 Franken beläuft. Bisher galt eine einkommensabhängige Regelung. Kann jemand diesen Betrag nicht aufbringen, muss er oder sie allenfalls in ein Heim, was dem Kanton – was für eine Ironie – Mehrkosten verursacht, letztlich zu Lasten der Steuerzahler.

Alle müssen Beitrag leisten
Der Bernische Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg erklärte, dass alte Menschen im Heim auch ihren Beitrag im Sinne der Solidarität leisten müssten. Ihm war bei der Debatte im Grossen Rat klar, dass womöglich nicht alle alten Menschen diesen Betrag leisten könnten – dafür gebe es jedoch Ergänzungsleistungen.
Bernhard Zaugg – und nicht nur er – sieht dieser Entwicklung mit Sorge entgegen: «Wir haben eine ganz flache Hierarchie, keine aufgeblähte Administration und unsere Mitarbeitenden sind ungewöhnlich engagiert. Ein zusätz­liches Sparen, das nicht erneut zu Lasten der Patienten geht, sehe ich nicht.»
Er verweist auch auf regionale Unterschiede bei den Einsätzen: «Man kann doch nicht einfach die Stadt Bern als leuchtendes Beispiel für positive Zahlen nehmen, wenn man sich bewusst wird, dass in der Stadt – um nur ein Beispiel zu nennen – die Dis­tanzen zu Patienten vergleichsweise kurz sind, im Gegensatz zum Nieder- oder Obersimmen­­­tal.»
Aufruf zu einem Streik?
Pflegende haben bereits mehrmals auf die Missstände aufmerksam gemacht, mit Demos und Transparenten vor dem Rathaus in Bern. Anscheinend mit wenig Erfolg. Müssten also nicht die Spitex-Leute auf die Barrikaden gehen und einen Generalstreiktag ausrufen, um sich Gehör zu verschaffen?

Bernhard Zaugg schmunzelt, wählt aber klare und abschlies­sende Worte: «Pflegende haben dies bisher nie getan, weil ein Streik ausschliesslich zu Lasten der Patienten gehen würde, und diesen fühlen sich nicht bloss Spitex-Pflegende verpflichtet. Ein Streik würde ihrer Berufsethik völlig widersprechen. Sie hofften bislang, dass sich Gesellschaft und Politik endlich bewusst werden, dass gute Pflege und Betreuung in diesem Land nicht gratis sind. Vielleicht ist der Druck aber bald doch gross genug. »

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