«Wir sagen DANKE und verabschieden

«Wir sagen DANKE und verabschieden

Die Medienmitteilung ist wohltuend kurzgehalten, ohne Firlefanz, auf das Wesentliche beschränkt: Die Karl Kaufmann AG Recycling gehört seit 2015 zur Thommen AG, einem führenden Recycling-Unternehmen der Schweiz. Die Zugehörigkeit des Betriebs in Thörishaus wurde per 1. Januar sowohl auf Namensebene als auch im visuellen Auftritt vollzogen, der Betrieb heisst jetzt Thommen AG Köniz & Givisiez. Untrennbar mit dem Standort verbunden war der langjährige Geschäftsführer Werner Nydegger, der noch in diesem Jahr seine Pension geniessen wird.

Stephen King («A car named Christine») könnte sich auf dem Areal in Thörishaus gleich für mehrere Thriller oder Horrorstories inspirieren lassen, denn das Gelände ist nicht bloss beim Eindämmern oder in der Nacht wirklich «spooky» und surreal. Kein Wunder also ist es immer wieder Schauplatz von Foto-Shootings der besonderen Art. Auch Rockkonzerte haben hier schon stattgefunden.

Von Kuhhörnern und Gold
Das 996 Meter lange und bis zu 60 Meter breite Areal, auf dem sich Autowracks, ausgediente Haushaltsgeräte oder Elektronikschrott türmen, kann man nicht übersehen. Hier sind die 34 Mitarbeitenden der Thommen AG in Thörishaus (weitere 16 sind im Zweigbetrieb Givisiez beschäftigt) in ihrem Element, wenn auch mit leicht anderen Waren als noch bei der Gründung der Karl Kaufmann AG, als Kuhhörner – «gefüllt» und «leer» –, Pferdeschweife, Knochen und Textilien sortiert und einer Wiederverwendung zugeführt wurden. Das Prinzip hingegen ist seither gleich geblieben: Aus vermeintlichem Abfall will man noch vorhandene Wertstoffe retten und verwerten – unter anderem Zink, Aluminium, Kupfer, Titan, Stahl, Eisen, Bronze, ja sogar Gold.

Diese Zeitung hat in den letzten Jahren bereits mehrmals über die «Schrotthaufen» berichtet, letztmals vor 4 Monaten, als die 2. Umbauetappe mit einem Tag der offenen Tür abgeschlossen wurde, mit dem Resultat, dass die Umgebung akustisch nun wesentlich weniger mitbekommt, was drinnen passiert. Dafür sorgt unter anderem die grosse Sicht- und Lärmschutzwand, die 12 Meter hoch und über 200 Meter lang ist. Am Ende dieser gigantischen Wand – bei der man unweigerlich an politische Ereignisse denken muss – stehen «Recy-Hof» und «Recy-Profi»: Gewerbetreibende, wie auch Private können in diesem Bereich ihre Abfälle deponieren, recycelbares Material ohne Kostenfolge, andere Materialen gegen Entgelt. Hauskehricht kann nicht entsorgt werden.

Autos werden zertrümmert
Interessant ist, dass die augenfälligen Autos auf dem 30’000 m² grossen Gelände nur einen Viertel der zu verarbeitenden Ware ausmachen. Imposant in diesem Zusammenhang zweifelsohne der Autoschredder, der mit unglaublicher Wucht einen Mittelklassewagen – ohne noch verwertbare Ersatzteile – innert 2 Minuten in faustgrosse Teile zerschlägt, die danach sortiert und dem jeweiligen Metallrecycling zugeführt werden. Übrigens: Die Fahrzeuge treffen «trocken» in Thörishaus ein, ohne Rückstände von Flüssigkeiten wie Brems- oder Motorenöl, von Benzin ganz zu schweigen. Und wenn ausnahmsweise nicht, dann steht neu – gegen Verrechnung – eine Trockenlegungsstation zur Verfügung. Interessantes am Rande: In Thörishaus werden vor allem Autos der unteren und mittleren Preiskategorien verarbeitet. «Gehobene Modelle von Audi, BMW oder Mercedes werden Sie hier kaum finden», sagte Werner Nydegger beim Gespräch Tage vor seiner Pension. «So lange sie noch fahren können, werden sie nach Nordafrika verkauft, wo sie dann umherkurven, bis sie wirklich auseinanderfliegen und den Geist aufgeben…»

Vom blauen Dunst
Womit wir im Gespräch mit Werner Nydegger wären, der am ­
3. März 1975 – also vor 45 Jahren! – als Unterhaltsmechaniker bei der Karl Kaufmann AG begonnen hat und der Firma immer treu blieb, davon 25 Jahre als Geschäftsführer. «Obwohl ich meine operativen Aufgaben in den letzten Monaten sukzessive abgegeben habe, bin ich noch bis am 3. März dieses Jahres angestellt.» Und welche Episoden kommen ihm spontan in Erinnerung? Da war diese Sache mit den Sturmgewehren, die in einer von der Militärpolizei streng überwachten Aktion unbemerkt hätten entsorgt werden sollen, weil noch funktionstüchtig. Nichts dergleichen: «Weil in den Gewehren noch jede Menge Fett vorhanden war, gab es weitherum sichtbaren blauen Rauch, ein Journalist hat sogar darüber berichtet», stellt Werner Nydegger mit Schmunzeln fest. Um einen grossen Kranhaken ging es in einem anderen Fall: Werner Nydegger wollte ihn unbedingt behalten, aber Eisenplastiker Bernhard Luginbühl habe so lange um den Haken nachgefragt, dass Werner Nydegger zum Schluss «weich» wurde, wie er sagt. «Immerhin habe ich den Haken dann bei der grossen Luginbühl-Ausstellung 1989 in der Reithalle wiedergesehen.» Und dann noch dies: Einmal hatten sich Diebe aufs Gelände eingeschlichen, die Polizei wurde umgehend informiert, die mit Spürhunden das grosse Areal absuchte. Nur: Die einzigen Verdächtigen, welche die Vierbeiner in einem Versteck aufspüren konnten, waren Werner Nydegger und sein Buchhalter, «Herr Jenni».
Thörishaus und Südafrika
Und was jetzt, nach der Pension? «Ich habe eine Tochter in Südafrika, sie werde ich sicher öfter besuchen», erklärt Werner Nydegger und kommt ob den südafrikanischen Weinen sofort ins Schwärmen. Auch Australien reizt ihn. Und sonst? Er, der in Thörishaus wohnt, interessiert sich sehr für die Dorfgeschichte. Was ihn im Moment besonders beschäftigt, ist der ehemalige «Hirschen». Weshalb das? «Bei Ausräumarbeiten hat man festgestellt, dass das Haus um Jahrhunderte älter als vermutet ist, gewisse Eichenbalken wurden um 1625 herum geschlagen, das gilt es jetzt zurückzuverfolgen.» Der Thommen-Gruppe wird Werner Nydegger weiterhin in technischen Belangen zur Verfügung stehen. Apropos: Die Nachfolge von Werner Nydegger wurde vor langer Zeit schon aufgegleist: Georges Janett hat als Standortleiter in den letzten Monaten das operative Geschäft sukzessive übernommen.

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