Wissen, Werte, Wunderwaffe

Wissen, Werte, Wunderwaffe

«Euch da zu haben ist bedeutend», lobt Gemeindepräsidentin Tanja Bauer (SP) die Unternehmen. Vor allen Dingen all jene, die an der ersten Industrienacht der Gemeinde Köniz Tür und Tor für Bevölkerung, Politik und Schülerschaft öffneten: Adval Tech AG, Haag-Streit AG, mb-microtec AG, merz und benteli AG, myStromer AG und Thömus.

Stimmen überlagern sich. Da lacht eine Frau, dort gestikuliert ein junger Mann mit fuchtelnden Armen – wie ein Dirigent. Nebenan schütteln sich andere die Hände und freuen sich, einander zu sehen. Die hohen Räume der «Vidmarhallen» erinnern zeitweise an das emsige Marktgeschehen einer italienischen Kleinstadt. Feilgeboten werden aber keine Tomaten, Orangen oder Oliven, sondern Wissen, Werte und eine Wunderwaffe.

Der neue Königsweg

«Köniz ist nach Burgdorf und Thun erst die dritte Gemeinde im Kanton Bern, die eine Industrienacht veranstaltet», lobt Regierungsrat Christoph Ammann (SP). Man sei also noch vor der Bundesstadt Bern. Die Könizerinnen und Könizer überrascht das nicht. Sowohl politisch als auch wirtschaftlich darf die grösste Agglomerationsgemeinde des Kantons auf einige Vorreiterentscheidungen blicken. Stolz? Nein, das Wort passt nicht zu Köniz. Selbstbewusst schon eher. Die Unternehmer, welche die 20’000 Arbeitsplätze in der Gemeinde sichern, zeigen sich dankbar, dass Köniz eine deutlich wirtschaftsfreundlichere Politik lebt wie der grosse Nachbar Stadt Bern. Ihnen aus dem Herzen spricht Ammann dann, als er das duale Bildungssystem mit den Lehrberufen als Königsweg betitelt. Etwas überspitzt darf man sich von den Worten des Regierungsrats entfernen und interpretieren: Früher sprach man bei der Elite noch von «Gelehrten», da steckt das Wort «Lehre» oder das Verb «lernen» schon mit drin, heute redet man von Studierten, da steckt das Grübeln und Überlegen mit drin. Zufall? Nein, beides ist wichtig und richtig. Aber jeder Betrieb braucht Lernende. Beenden sie die Lehre, wäre es doch anerkennend und wertschätzend, wenn man wieder von «Gelehrten» sprechen würde. Wie einige Unternehmerinnen und Unternehmer an der Industrienacht bekannt geben, bilden sie Lernende aus, die zu 90 % danach im Betrieb bleiben können. Sie bilden ihren eigenen Nachwuchs aus. «Wir wollen gute Leute haben? Dann müssen wir auch etwas dafür tun», sagt etwa Martin Frieden von der gibb Berufsfachschule Bern am Podiumsgespräch.

Unsichtbares «Hightech»

Wie viel in Köniz dafür getan wird, das beweisen die Unternehmer Thomas Binggeli (Thömus), Thomas Bernhard (Haag-Streit) und Christoph Mani (Adval Tech) am Podium. «Wir wollen die eigenen Leute ausbilden. Früher war Velomech kein angesehener Beruf. Heute ist das hochspannend. Wir haben rund 60 Mechaniker bei uns», beeindruckt Binggeli. Ob er, Mani oder Bernhard, sie alle haben den Königsweg absolviert und stehen heute namhaften Firmen aus Köniz vor. Moderatorin Sonja Hasler fragt denn auch am Podium, was sie sich von der Industrienacht erhoffen. «Unsere Produkte sieht man nicht im Laden, man weiss nicht, was hinter dem Firmennamen steckt. Ich bin sehr dankbar, dass wir so sichtbar werden. Es hilft uns, vor Ort bekannter zu werden», sagt etwa Mani. Die Gemeinde hat bewusst einen Schwerpunkt auf Hightech-Unternehmen und die MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) gelegt. Gerne mit der Absicht, dass die vermeintliche Männerdomäne auch zu einer Frauendomäne wird. Auf Entdeckungstour gehen die Schülerinnen und Schüler bereits am Nachmittag, vor der eigentlichen Industrienacht, um – getreu Mani – hinter die Fassade der klingenden Namen zu blicken. Mit dabei die Gemeindepräsidentin höchstpersönlich. Ihre Begeisterung nach den Besuchen lässt beinahe die Vermutung aufkommen, sie würde in einem nächsten Leben selbst gerne in einen solchen MINT-Beruf einsteigen.

Per Bus zur Gastfreundschaft

Und sie ist damit nicht alleine. Die Besuchenden kehren diskutierend zurück aus den verschiedenen Betriebsbesichtigungen. Themen wie Präzision oder Innovation made in Köniz begeistern und regen die Fantasie an. Wissen Sie etwa was eine Spaltlampe oder ein Phoropter ist? Nein? Dann haben Sie wohl die Industrienacht verpasst. Nimmt man noch die Hochgeschwindigkeitspresse von Adval Tech dazu, dann ist hier die Rede von Innovationen aus Köniz, welche die Firmen national und international zu Aushängeschildern machen. Und um noch etwas Wissen zu vermitteln: Die Spaltlampe ist ein medizinisches Gerät, das in der Augenheilkunde verwendet wird, um das Auge mit einem schmalen Lichtstrahl (dem sogenannten Lichtspalt) zu betrachten. Der Phoropter wiederum ist ein Gerät mit verschiedenen Linsen, die vor die Augen des Patienten geschaltet werden, um eine subjektive Refraktion durchzuführen (Bestimmung von Sehstärke und Anpassung der Brille). Bernhard verrät, dass die neusten Modelle von Haag-Streit kurz vor der Industrienacht bei einer Messe in Deutschland für Furore gesorgt haben.

Über die Wichtigkeit der Firmen vor Ort

Solche Innovationen schüren den Stolz der Gemeinde auf die ortsansässigen Unternehmungen. «Global denken und lokal handeln», pflegt die Gemeindepräsidentin jeweils zu sagen und ergänzt: «Ich kann dem Werkplatz Köniz nur danke sagen, euch zu haben ist bedeutend.» Davon legt die erste Industrienacht ein eindrückliches, entspanntes und erquickendes Zeugnis ab. Köniz kann alles, ist man geneigt zu denken. Die Gemeinde, KMU Köniz, der Handels- und Industrieverein des Kantons Bern sowie das Lehrstellennetz haben den Puls der Zeit zu einer Herzensangelegenheit von Köniz erklärt. Daher erstaunt es nicht, wenn es am Ende der Veranstaltung heisst: Das war bestimmt nicht die letzte Industrienacht. In zwei Jahren soll die nächste stattfinden. Was es wohl dann anstelle von Phoropter oder Spaltlampe zu entdecken gibt? Egal, was es ist, es wird erneut die drei Ws beinhalten: Wissen, Werte und Wunderwaffen. Was letztere denn sind? Nun, Regierungsrat Christoph Ammann hat es erwähnt: das duale Bildungssystem. Lehrberufe ebnen die Entdeckungs- und Entwicklungsreise. Bestes Beispiel sind die anwesenden CEOs, die allesamt diesen Weg bestritten haben.

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