«Wollten nicht… Sie die Kamera einsenden?»

«Wollten nicht… Sie die Kamera einsenden?»

Es ist noch kein Fachmann vom Himmel gefallen, wir alle haben einmal als Lernende angefangen. Nur eben: Damit man(n) weiterkommt, ist eine anständige Führung der Auszubildenden Pflicht, sonst ergeht es dem Kunden wie in der heutigen Realsatire. Und, Achtung, liebe Profis! Die Story fand nicht in einem Fachgeschäft statt, sondern bei einem «Gros­sen» im Bereich der Unterhaltungselektronik.

Ich hatte mein Leben lang immer nur Glück, auch bei der KV-Ausbildung bei «Gfeller Sport» in Bern, denn als Erstlehrjahres-Stift 1966 nahm mich der Oberstift – im 3. Lehrjahr – unter seine Fittiche, Bernhard Binggeli (der heute übrigens in Laupen wohnt und den ich regelmässig treffe, über 50 Jahre später, meistens bei Pouletflügeli auf dem Bramberg). Item. Während meiner Ferien beliebte mein Fotoapparat definitiv ausser Betrieb zu gehen, das Display, schon länger nach einem Sturz eine zerschlagene Ecke aufweisend, gab seinen Geist end- und gültig auf. Mattscheibe, nichts mehr zu machen, auch nach gutem Zureden nicht. Weil Bo aber immer viel schlau (jaja!), hatte ich die Vorgängerin mitgenommen, in weiser Vorahnung, eine kleine Lumix, uralt, die aber, so stellte sich zum Schluss heraus, die gleich guten Bilder wie die viel teurere Canon festhält. Soll da noch einer den Durchblick haben.

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Apropos Durchblick, den hatte auch mein Berater nicht, aber dafür will ich ihn nun echt nicht verantwortlich machen. Das ist Chefsache, ihn «comme il faut» durch die Ausbildung zu begleiten. Gopf. Als ich eintrete, steht mir David Zürcher* am nächsten. Erster Eindruck des jungen Mannes: Seresta 50 mg, möglicherweise aber auch von einer Freinacht herrührend. «Guten Tag», bekommt der als «Lernender» auf seinem Namenspläggli Angeschriebene zu hören, «ich habe hier einen Patienten, das Display funktioniert nicht mehr, es bleibt schwarz.» Er nimmt die Kamera in die Hand und schaut sich das Malheur wie ein Unbeteiligter an. «Haben Sie noch Garantie?» – «Nein, aber das ist ja offensichtlich kein Garantiefall, das sieht man doch.» – «Ja, stimmt, jetzt, da Sie es sagen.» Was ich jetzt damit wolle? «Können Sie die Kamera zur Reparatur einsenden?» – «Ja das kann man machen, kostet aber unter Umständen viel.» – Dann soll Canon doch einen Kostenvoranschlag machen.» – «Das kostet Sie 80 Franken.» – «Aha, und was dann?»

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Es stellt sich heraus, dass mir die 80 Franken bei einer Reparatur angerechnet, bei einem Verzicht – weil zu teuer – mir jedoch nicht zurückerstattet werden. Sagt er mir emel. «Wie alt ist die Kamera?» – «Puuh, 5, vielleicht 6 Jahre alt.» – «Und wie teuer war sie?» – 500, 600 Franken, ich weiss es nicht mehr genau, aber vielleicht können wir ja im Regal mit den ausgestellten Kameras nachschauen.» Das tun wir. Und, logo: Meine Canon hat in der Zwischenzeit schon 2, 3 Nachfolgemodelle zur Welt gebracht, heute um die 1000 Franken. «Ich muss nachschauen, ob dieses Modell überhaupt noch repariert werden kann.» – «Dann tun Sie das doch», womit der junge Mann an seinen PC schreitet und zu surfen beginnt. Nach gefühlten 5 Minuten wird er fündig. «Ja, das geht. Wollen Sie einen Kostenvoranschlag, das kostet Sie aber 80 Franken.» – «Das sagten Sie schon, ja, gerne einen KV.» Ein Display wird ja nicht mehr kosten als eine neue Kamera. Aber wie ist das doch gleich mit den Druckerpatronen?

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Also geht es jetzt ans Administrative. Er möchte zuerst meine Telefonnummer. «Nullsiebenün…», beginne ich. «Haben Sie zuhause keine Fixstation?» – «Doch, aber auf meinem Natel** erreichen Sie mich besser.» Ich zeige ihm mein uraltes Nokia, das ihn offensichtlich in Staunen zu versetzen vermag, wohl unter dem Motto: «Wie bitte? Und damit kann man telefonieren?» Ich nenne ihm also die 031er-Nummer. «Bornhäuser?» – «Jaja, so ungefähr…» Wie hat er das rausgefunden, frage ich mich, via local.ch, um den ihm unbekannten Kunden zu identifizieren? Wie auch immer: Er tippt weitere Details in seine Kiste, verlangt zum Schluss aber gleichwohl meine Handynummer. Soll noch einer drauskommen. «Wissen Sie, die Reparatur kann 4 Wochen dauern, eventuell weniger lang.» Na bitte, das nenne ich doch eine fundierte Auskunft. «Okay, ich kann eh nicht mehr damit fotografieren.» – «Ja, genau. Also, dann bekomme ich 80 Franken von Ihnen.» – «Im Voraus?» – «Im Voraus, wie gesagt, bei einer Reparatur werden sie angerechnet. Sie erhalten eine Nachricht auf Ihr Handy, wegen der Kosten.» Ich tue wie befohlen, erhalte als Gegengeschäft die Quittung. Dann händigt er mir die Kamera aus. ­«Ehhhh… Wollten nicht… Sie die einschicken?» – «Ja, stimmt.»

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Einige Tage später der KV auf meinem Handy, 370 Franken. Ich erkläre mich umgehend damit einverstanden, ist günstiger als ein neuer Apparat. Bevor ich nach knapp 4 Wochen rückfragen will, wann ich die Canon geheilt zurückerwarten dürfe, die Mitteilung auf dem Handy, dass sich die Reparatur verzögert. Der neue (sic!) «voraussicht­liche Abholtermin» wird mit weiteren 4 Wochen angegeben. Und 4 Wochen später der Bescheid, dass es nochmals 4 Wochen dauern werde. Tage danach die Mitteilung: Kamera kann nicht mehr repariert werden. Aus die Maus. Pech gehabt. Wegwerfgesellschaft.

Fazit: Ich bin zu einfach strukturiert, um das alles zu begreifen. Der «Grosse» hat sich zum Schluss aber als kulant erwiesen. Immerhin.

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