Lange bevor Hipster den Wert der Wiederverwendung und trendige «Upcycling-Projekte» für sich entdeckten, krempelten Istvan Jakab und Heinz Julmy bereits die Ärmel hoch und verwandelten einen leerstehenden Lagerraum in einen Marktplatz für Sportartikel. «Es ging bei mir immer um Sport, Natur und Umwelt», sagt Istvan Jakab heute. Damals war er selbständiger Unternehmensberater und organisierte nebenbei die Velomesse. Der Wunsch, eigene Ideen umzusetzen und zu realisieren, spukte ihm bereits eine Weile durch den Kopf, als ihn Stefan Bracher darauf aufmerksam machte, dass die Lagerhalle neben seinem Veloladen an der Murtenstrasse leerstehe. Eine alte «Villa Durchzug», wie Jakab sie rückblickend liebevoll nennt, 500 m² Steinboden, eine Tür, ein Schlüssel, keine Sanitäranlagen.
Es brauchte nicht viel, um das Projekt zu starten, kein Geld und fast kein Material. «Wir nahmen Kisten aus dem Veloladen und strichen sie farbig an», erinnert sich Jakab, «darauf stellten wir die Artikel aus.» In den ersten zwei Wochen wurden ausschliesslich Waren angenommen, die nach einem Aufruf in den Medien ihren Weg an die Murtenstrasse fanden. Und bald schon türmten sich anstelle von Marmeladengläsern Sportartikel aller Art – Surfbretter, Zelte, Velos.
Eine grosse Portion Idealismus
Istvan Jakab weiss, dass 1993 auch eine grosse Portion Glück mit im Spiel war. Angefangen hatten sie zu zweit, nachdem sein Kollege ausstieg, zog er alleine am Karren. Unterstützung fand er aber immer. Bald wandelte er die Kollektivgesellschaft in einen Verein um, zusammen mit Andrea Tanner und Stefan Roth. «Man hat daran geglaubt, man ist gewachsen», beschreibt er, «die Menschen machen aus, ob man etwas erreichen kann.»
Bald schon kam ein Velomechaniker dazu, irgendwann war Geld genug da für eine Skimaschine, wodurch das Angebot auch im Service ausgebaut werden konnte. Immer mehr Leute sprangen auf die Idee und das solide Angebot an, so dass in der einst leeren Lagerhalle reger Betrieb herrschte. Allerdings war Jakab von Anfang an klar, dass die Tage an der Murtenstrasse irgendwann ein Ende nehmen würden: «Es war ein Abrisshaus und ich wusste, dass ich nur mit drei Jahren rechnen kann.» Es wurden sieben Jahre daraus, dann musste eine Lösung her. Die Suche sei intensiv gewesen, erinnert sich Jakab. Wieder sprang das Glück für die Sportbörse in die Bresche. Im Jahr 2000 standen viele Räume leer in der Region – Weltuntergangsstimmung, Stillstand, so wie Jakab beschreibt. Auch die «Ascom» verkaufte ihre Räumlichkeiten und so kam die Sportbörse zu ihrem neuen Zuhause.
Mehr als nur ein Geschäft
Aktuell befinden sich Büroräume, eine Werkstatt und ein grosser Ausstellungsraum in Betrieb und nach wie vor steht fest: Es geht nicht ums Geld, es geht um Menschen. Sie sind der Antrieb hinter dem Projekt. Wer hier arbeitet – und das sind immerhin sechs Personen, ein Lehrling dazugezählt – steht voll und ganz hinter der Idee der Wiederverwertung und des Upcyclings. Gummibänder aus alten Veloschläuchen, Preisschilder aus Verpackungsmaterial zeigen überall deutlich, welche Haltung das Haus vertritt. Weggeworfen wird wirklich nur, was nicht anders genutzt werden kann. Irgendwann entwickle man ein Bewusstsein dafür, ein spezielles Auge, erklärt Istvan Jakab. Stehen grössere Anschaffungen an, braucht es Geduld und das Gespür für die richtige Liquidation, den richtigen Moment. Einzig die Kaffeemaschine ist neu, schliesslich soll nicht an der morgendlichen Energiequelle der Macher gespart werden.
Den Faden weiterspinnen
Nach einem Vierteljahrhundert ist die Sportbörse immer noch aktuell. Die Ideen sprudeln nach wie vor. «Wir sind dabei aufzustocken», verrät Jakab, «am liebsten hätten wir mehr Werkstätten, eine Schuhmacherei, ein Nähatelier… denkbar ist vieles!»
War die Beschaffung der Verkaufsware anfangs manchmal ein zähes Unterfangen, sieht es heute anders aus. Jakab stellt fest: «Es kommt ein Umdenken, das ist sehr erfreulich.» Die Jungen erwachen langsam aus dem Konsumwahn, hinterfragen die Wegwerfmentalität. Studentinnen und Gymnasiasten bitten um Einblick in das Projekt. Viele Kunden geben nachhaltiges Denken an ihre Sprösslinge weiter, weshalb nun nach 25 Jahren teilweise Kunden aus der dritten Generation in der Sportbörse vorbeischauen. Ein gutes Gefühl, meint Jakab. «Das schönste ist der Laden und die Atmosphäre», schwärmt er, «es ist fast ein Begegnungszentrum.» Auf jeden Fall ist die Sportbörse auch nach 25 Jahren ein Ort, an dem Idealismus zur Realität wird.