Sechs Meistertitel gewann der Könizer Volleyball-Verein, davon fünf in Folge zwischen 2000 und 2004, vier Mal kürten sie sich zum Cup-Sieger, aber diese erfolgreichen Jahre sind vorbei. 2016 belegte die Mannschaft den 6. Platz in der Liga, 2017 den 7. Rang, und auch in dieser Saison lief es nicht wunschgemäss. «Es ist in Ordnung, mal zu verlieren und Vierter oder Fünfter zu werden, aber Rang sieben ist für unsere Ansprüche als Ex-Meister einfach zu wenig», erklärt Rainer Gilg, der Präsident von «Edelline Köniz». Im Februar jeden Jahres müssen die Weichen für die kommende Saison gestellt werden. Dabei stellten sich die Verantwortlichen um Gilg die Frage: «Wo geht unser Weg hin? Können wir einen Schritt nach vorne machen?» Die Erkenntnis war, dass der Verein seine Ressourcen nicht steigern kann und dementsprechend auch keinen Schritt nach vorne machen würde – das Potenzial ist einfach nicht vorhanden. «Der Kampfgeist im Team ist da und ich glaube, dass sie in den Play-offs auch noch einmal Akzente setzen könnten, aber die Limits sind einfach da», sagt Gilg kritisch und setzt hinzu: «Die Probleme schwammen länger mit. In der Vorbereitung für die letzte Saison stellten wir bereits fest, dass wir überall am Limit sind. Es war ein Kampf ums Geld, Spielerinnen und bei organisatorischen Punkten. Jetzt müssen wir zwei Schritte zurück machen, um danach wieder einen nach vorne zu gehen.»
Probleme
Im Vordergrund steht die Sanierung des Vereins, die Schulden sollen abgetragen werden. Auch die vernachlässigte Sponsorensuche und -pflege soll mithilfe von Fred Bächer in Angriff genommen werden. Der ehemalige CEO von «Wacker Thun» verfügt über eine sehr grosse Erfahrung in diesem Bereich. «Wir haben die Sponsorenpflege in den letzten Jahren vernachlässigt. Wir hatten einfach zu wenig Leute, um allem gerecht zu werden», erläutert Rainer Gilg. Zusammen mit seinem Vorgänger Beat Ackermann habe er dies zwar versucht, doch die anderen Aufgaben und beruflichen Verpflichtungen liessen ihnen einfach zu wenig Zeit.
Ob und in welchem Umfang die bisherigen Sponsoren dem Verein treu bleiben, steht ebenso noch in den Sternen wie die Zusammensetzung der Mannschaft. «Die Ausländerinnen werden Köniz verlassen, das sind alle Profis, deren Gehaltsvorstellungen wir nicht erfüllen können. Patricia Schauss wird voraussichtlich am Ende der Saison ihre Karriere beenden. Ob die jungen Schweizerinnen bleiben, werden wir sehen. Aber das Team wird es so nicht mehr geben», meint Gilg. Die Sportchefs der anderen Vereine wittern ebenfalls ihre Chancen und versuchen Spielerinnen abzuwerben. So steht auch der Neuaufbau der Mannschaft im Vordergrund. Dabei soll vor allem auf den Nachwuchs gesetzt werden. Auch im Hinblick auf die Zuschauer. Waren in Hochzeiten über 1200 Leute vor Ort, sind es heute gerade einmal 200. «Durch viele Wechsel hat das Publikum den Bezug zur Mannschaft verloren. Die Identifikation ist abhanden gekommen. Das ist schade und wir müssen daran arbeiten», erläutert Rainer Gilg. Mit dem lettischen Trainer Agris Leitis wird ein Vertrag über fünf Jahre abgeschlossen
Herzenswunsch
Das Projekt «Woman Leadership» – ein Aspekt bei der Neuformierung des Vereins – liegt dem Präsidenten besonders am Herzen. Da es keine Profi-Schweizerinnen gibt, soll den Frauen die Chance gegeben werden, nicht nur im Sport, sondern auch im Beruf Karriere zu machen. «Wir wünschen uns, dass wir weibliche Führungskräfte oder Unternehmerinnen als Mentorinnen gewinnen können. Sie können ein Vorbild für die Sportlerinnen sein und mit ihren Erfahrungen Inputs geben», sagt Gilg. Denn es sei wichtig, dass gerade junge Spielerinnen gefördert werden und eine Chance erhalten, im Beruf nicht nur anwesend zu sein und sich ansonsten auf den Sport zu konzentrieren, sondern in beiden Bereichen Karriere zu machen. «Nach dem Coaching sollen die Frauen wissen, was sie können und wollen. Was ihr Ziel für die nächsten 10 bis 15 Jahre ist. Sie sollen klare Vorstellungen entwickeln, was sie sportlich und beruflich erreichen wollen», erklärt Rainer Gilg. Um das Projekt ins Rollen zu bringen, konnte Mateja Kramar gewonnen werden. Sie ist nicht nur eine Netzwerkerin im Bereich«Woman-Business», sondern auch ehemalige Leistungssportlerin. Damit ist sie für die Spielerinnen eine Mentorin, die Sport und Berufliches miteinander verbinden kann.


