Der Captain geht von Bord

Der Captain geht von Bord

Nach Ende der abgebrochenen Saison fasste Castrischer den Entschluss, sich in Zukunft vermehrt auf seinen Beruf zu konzentrieren. Nach 16 Jahren bei «Floorball Köniz» kein leichter Entscheid für den 28-Jährigen, der von seinen Teamkollegen vermisst werden wird.

Familie Castrischer aus Schliern ist eigentlich als Läuferfamilie bekannt, so organisieren sie seit mehreren Jahren den «Bärner Bärgloufcup». Wie also kam es dazu, dass der mittlere der 3 Brüder zu einem der besten Verteidiger in der Unihockey-NLA geworden ist? «Mein damals bester Freund nahm mich mit. Als ich beim Schulsport Köniz mitmachte, kam ‹Schmüdu› vorbei und machte Werbung für Probetrainings», erzählt Stefan Castrischer. Thomas «Schmüdu» Schmutz, der Leiter des Kinder­unihockeys bei «Floorball Köniz» ergänzt: «Casi war athletisch und technisch einer der Besten, deshalb habe ich ihn gefragt, ob er für uns spielen würde. Er war schon damals ein äusserst angenehmer und freundlicher Kerl. Es bricht mir jedesmal das Herz, wenn einer der bei mir war, seine Karriere beendet.»

So entdeckte Stefan Castrischer seine Leidenschaft fürs Unihockey und durchlief bei FBK alle Juniorenstufen, bis er vor 8 Jahren einen Vertrag für die NLA-Mannschaft erhielt. Mit dieser konnte er 2018 den Schweizer Meistertitel feiern. In der darauffolgenden Saison wurde er nach dem Rücktritt von Kaspar Schmocker zum Captain ernannt. Sein langjähriger Trainer René Berliat schwärmt: «Ich habe die Zeit mit ihm im Team ausserordentlich genossen. Einerseits als wichtiger Spieler, auf den ich immer vertrauen konnte, andererseits als Mensch. Er besass die Gabe, sehr gut mit Mitspielern umgehen zu können. Auch ich als Trainer schätzte es sehr, dass er ein Gespür dafür hatte, wie er Anliegen des Teams oder seine eigenen vorbrachte. Gerade dann, wenn ich emotional aufgeladen war.» Berliat trainierte ihn ab Sommer 2009, als Castrischer mit jüngerem Jahrgang in den Kader der U21 befördert wurde. Dort setzte sich der Verteidiger, der sich durch sehr grosse Cleverness im Zweikampfverhalten auszeichnete, auf Anhieb durch. Gemeinsam feierten sie zweimal den Gewinn der Schweizer Meisterschaft auf dieser Stufe. «Der NLA-Titel war zusammen mit der U18-Meisterschaft, die meine erste war, und dem Cup-Sieg einer der Höhepunkte meiner Karriere», blickt «Casi», wie er von allen genannt wird, zurück: «Er sticht aber auch am meisten heraus. Es war sehr emotional. Ich habe über all die Jahre mit den gleichen Leuten und Freunden zusammengearbeitet. Das Familiäre ist, was FBK ausmacht und was mich all die Jahren angetrieben hat, weiterzumachen.» Seine Karriere endete mit dem Abbruch der Saison, das habe ihn seinen Entschluss kurz überdenken lassen. Trotzdem bereut er seinen Rücktritt bisher nicht. Das könne sich ändern, wenn er als Zuschauer ein enges Spiel verfolgen werde, verrät der 28-Jährige schmunzelnd. «Auch wenn ich mir ein schöneres Ende gewünscht hätte, die letzte Saison war ein perfektes Gesamtpaket – vom Sport und vom Team her. Es hat bis zum letzten Training richtig Spass gemacht und ich wollte immer aufhören, so lange ich noch Freude habe», betont der «Sportrentner».

Am meisten vermissen werde er die Anspannung und den Nervenkitzel vor entscheidenden Spielen, aber ebenso das Teamleben und die lustigen Momente mit Freunden. Doch der Zeitpunkt war gekommen, wo für ihn die Balance zwischen Aufwand und Ertrag nicht mehr stimmte. Das Training machte ihm zwar Spass, doch der Zeitaufwand neben dem Beruf ist gross. Bei diesem setzt er nun vermehrt seine Prioritäten. «Ich erachte es als grosses Privileg, dass ich meine gesamte Karriere bei ‹Floorball Köniz› verbringen durfte. Daher werde ich irgendwann zurückkommen. Ich möchte mir aber noch offenhalten, in welcher Funktion, vielleicht als Trainer», sagt der Schlierner.

Den «Aderlass» nach diversen Rücktritten und Abgängen sieht der ehemalige Captain als Chance: «Viele der jungen Spieler sind bereit, den nächsten Schritt zu machen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Simon Müller und Stefan Hutzli werden noch mehr zu Leadern, davon bin ich überzeugt. Wechsel bieten immer Chancen: Es kommt neuer Wind, neue Motivation, neuer Drive. Durch die Neuzugänge wird das Team noch kompetitiver. Ich glaube, sie werden eine grosse Chance auf den Titel haben.» Aber auch Castrischer selbst wird nicht untätig sein. Die Laufbegeisterung, die ihm im Blut liegt, spielt eine grosse Rolle. So nimmt er gemeinsam mit seinen Brüdern jährlich am Berner Grand Prix teil, im nächsten Jahr rechnet er sich im internen Familienduell grössere Chancen aus: «Bisher war es immer so, dass ich noch mitten in der Saison steckte. Nun kann ich mich richtig vorbereiten.» Ansonsten wolle er mal schauen, welcher Sport ihm noch Spass mache. Squash und Rennvelo fahren stehen oben auf seiner Liste, aber auch Triathlon reize ihn, «obwohl ich kein guter Schwimmer bin». Langweilig wird ihm sicher nicht und die Fans können sich darauf freuen, den sympathischen Spieler in der nächsten Saison zumindest noch einmal kurz auf dem Feld zu sehen, wenn er gemeinsam mit seinem langjährigen Weggefährten Yves Pillichody und den anderen verabschiedet wird.

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