Der stille Leader

Der stille Leader

Jonas Ledergerber zählt zu den alten Hasen bei Floorball Köniz (FBK). Er war schon beim ersten Meistertitel 2018 dabei, beim zweiten trug er die Captainsbinde. Nun blickt er auf die erfolgreiche Unihockey-Saison zurück.

Der 28-Jährige war «schon immer beim FBK». Er durchlief alle Juniorenstufen und seit 2014
gehört er fest zum NLA-Kader. In den Playoffs wurde er gleich zweimal zum «Matchwinner»
als er in der Verlängerung das entscheidende Tor erzielte. Insgesamt waren es in dieser
Saison 25 Scorerpunkte. Aber nicht nur auf dem Feld war er ein wichtiger Baustein, sondern
auch daneben.

Anderer Stil
Nachdem sein langjähriger Weggefährte Stefan Castrischer vor gut einem Jahr
zurückgetreten ist, wurde das Amt des Captains frei. Jonas Ledergerber wurde von seinem
Team zum Nachfolger ernannt. «Das war eine grosse Ehre und Wertschätzung für mich.
Ich würde mich eher als einen ruhigen Typ beschreiben und es war kein konkretes Ziel von mir», erklärt er und ergänzt: « (Kaspar Schmocker) ist sehr extrovertiert, Casi hatte ebenfalls einen eigenen Führungsstil und beide haben ihren Job super gemacht. Daher habe ich mich mehrmals hinterfragt, ob meine Art wie ich ein Team als Captain unterstützen kann, ebenfalls Anklang findet. Aber dass die Mannschaft das Gefühl hat, ich kann das machen, war natürlich toll.» Anfangs sei es speziell gewesen und habe Überwindung gekostet, doch dass die Mitspieler an ihn glaubten, habe geholfen. Ein weiterer Grund ist, dass es den
sogenannten Captainsstaff gibt, sprich neben dem eigentlichen Captain gibt es weitere
Spieler, die Verantwortung übernehmen. So werde diese auf mehrere Schultern verteilt.
«Das ist gut, denn ich bin zum Beispiel nicht der Typ, um in den Trainings Stimmung zu
machen, da sind andere besser und können das Team in diesen Situationen mitreissen», erzählt Johnny, wie er im Verein genannt wird, lachend.

Gutes Gespür
Seine Rolle sei hauptsächlich rund um die Spiele zum Tragen gekommen: «Ich
versuche jeweils durch meine Aktionen auf dem Feld für Stimmung zu sorgen, meine
Ansprachen werden wahrscheinlich nicht in die Geschichtsbücher eingehen.» Doch auch
neben dem Feld empfindet er die Rolle als Captain wichtig: «Ich versuche die jungen Spieler
mitzunehmen, sie zu integrieren. Das Wohl der gesamten Mannschaft liegt mir am Herzen.
Mir wird gesagt, ich hätte ein gutes Gespür dafür. Man muss merken, wenn
es jemandem nicht gut geht und versuchen die Probleme der Spieler zu verstehen.
Dass muss auch nicht immer vor allen anderen geschehen. Ich halte mich lieber im Hintergrund und versuche mit den entsprechenden Spielern eine
Lösung zu finden.»

Einfach und kurz
Durch das Amt entwickelte sich Ledergerber weiter. Trotzdem waren lange Monologe in der
Garderobe weiter nicht sein Ding: «Ich versuche einfach und kurz mitzuteilen, was mir am
Herzen liegt. Auch wenn es mal nicht gut lief, wurde ich nicht unbedingt laut. Das entspricht nicht meinem Naturell.» Bei seinen Mannschaftskollegen sei das gut angekommen. Es unterscheidet ihn von seinem WG-Kollegen Kaspar Schmocker, mit
dem er noch bis zum Sommer zusammenwohnt. Dieser war laut und mitreissend, auch auf
dem Feld. «Ich bin nicht der superemotionale Typ und versuche eher durch Aktionen auf
dem Feld, die Mitspieler zu animieren», erläutert der Stürmer.

Als Team
Die Stimmung im Könizer-Team wurde ebenso wie der Zusammenhalt während der Saison
ein ums andere Mal von Experten und Journalisten hervorgehoben. So gelang es der
Mannschaft öfters Spiele im letzten Drittel zu drehen oder fulminante Aufholjagden zu
starten. Nicht nur jedes Tor, sondern auch abgewehrte Schüsse oder gute Abwehrreaktionen
wurden von der Bank frenetisch gefeiert. «Wir kommen alle gut miteinander aus und haben
den Willen etwas zu erreichen», meint Ledergerber. In der letzten Saison habe man
festgestellt, dass emotionslose Spiele den FBKlern eher Mühe bereiten, so wurde
das Hauptaugenmerk daraufgelegt, Stimmung aufzubauen, auch auf der Bank. Spätestens
nach der Winterpause sei das automatisch gelungen, da ab diesem Zeitpunkt jede Partie entscheidend war.

Entschluss
Das tolle Team ist auch der Grund, warum sich der Biomedical Engineer entschlossen hat, weiterzumachen. «Die Zeit mit den Jungs zu verbringen war dieses Mal
schöner als der eigentliche Titelgewinn», gibt er zu und ergänzt: «Gerade die Woche danach
haben wir noch einmal viel Zeit miteinander verbracht. Das war toll.» Denn er musste sich
zudem von Manuel Maurer (nach Schweden) und Simon Müller (Karriereende)
verabschieden. Mit beiden spielte er schon seit der Kindheit zusammen. Nachdem
Castrischer und Yves Pillichody im letzten Jahr zurücktraten, sind von seiner «alten Garde»
nur noch wenige Spieler übrig. Dafür kommt Silvan Bolliger zurück, mit dem Ledergerber
bereits drei Saisons bei Floorball Köniz spielte.

Das Kribbeln
Ledergerber selbst stellt sich nach jeder Saison die gleiche Frage: noch ein Jahr dranhängen
oder nicht? «Man schaut in den Kalender, will Ferien planen und fragt sich: Will ich im
Herbst lieber in der Halle stehen oder etwas anderes unternehmen? Auch das
Umfeld sowohl privat wie im Beruf spielen dabei eine grosse Rolle. Sobald mich das innere
Kribbeln nicht mehr packt, trete ich zurück», macht er deutlich. Es habe eine schwierige Phase gegeben. Gerade als der zweite Unterbruch im Herbst erfolgte und aufgrund von Covid-19 grosse Unsicherheit über die Fortsetzung der Saison herrschte. «Da habe ich eher zum Aufhören tendiert, da wir ohne Spiele und ohne greifbares Ziel weitertrainierten. Aber als es wieder losging mit den Matches und vor allem in den Playoffs, wurde mir wieder bewusst, wieso ich diesen Sport ausübe», sagt Ledergerber.

Polysportiv
Bis zum Saisonstart sind nicht mehr viele freie Wochenenden im Kalender. Denn neben dem Unihockey ist er oft mit dem Velo oder in den Bergen unterwegs. Im Winter dann auf den
Skiern. Langlaufen und Skitouren machen sind sein Ausgleich. Dafür nimmt er sich unter der
Woche auch mal einen halben Tag frei. Im Kraftraum findet man ihn dagegen eher während
des Sommertrainings: «In der Saison ist dafür nicht viel Platz, da musste ich auch schon
individuelle Lösungen mit dem Trainerstaff finden.» Schliesslich ist Jonas Ledergerber nicht nur Leistungssportler, sondern hat auch eine 100%-Anstellung: «Man ist sich das gewöhnt, wir haben von klein auf diese Doppelbelastung. Sport und Schule, dann Studium oder Lehre. Ich habe früher Musik gespielt, da war es sogar eine Dreifachbelastung.» Der Wechsel ins Berufsleben habe die Situation fast noch vereinfacht, man muss nicht mehr nach dem Training oder am Wochenende lernen. Aber wenn man eine solch erfolgreiche Saison hinter sich hat, dann ist das alle Mühe wert. Und man darf optimistisch sein, denn das Meisterteam bleibt nahezu gleich. Die wenigen Abgänge wurden durch vielversprechende Zugänge
kompensiert.
Kirstin Burr

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