Die Beständigkeit in Person

Die Beständigkeit in Person

Personalwechsel, Personalmangel. Die Gemeinden sind unter Druck, um all ihre Verwaltungsaufgaben erfüllen zu können. Nicht so Mühleberg. Langjährige Mitarbeitende sorgen für Konstanz und Ruhe. Allen voran der frisch pensionierte Gemeindeschreiber Ernst Schmid. 40 Jahre lang war er in diesem Amt tätig.

Das Vogelkonzert auf den Ästen der wuchtigen Bäume neben dem Gemeindehaus hat Symbolcharakter. Seit der Sanierung 1999 dient das idyllisch gelegene Gebäude in dieser Form der Verwaltung. Im Inneren geht es nahtlos weiter mit der friedlichen Stimmung. Wo man Hektik und unbesetzte Stellen vermuten würde, erledigen einige Menschen in stoischer Ruhe ihre Arbeiten. Einer davon ist Ernst Schmid; seit 40 Jahren. Wie kommt Mühleberg zu diesem Luxus?

Aufgeteilt
«Ich glaube, wir haben eine gute Aufteilung zwischen Finanzen, Bauwesen und Schreiberei. Das sorgt für moderate Aussen- sowie Abendtermine und macht die Arbeitsmenge etwas erträglicher», analysiert er. Für die Antwort lässt er sich ein wenig Zeit, reflektiert und spricht dann ruhig, aber bestimmt. Nein, Schmid ist keiner, der Behauptungen aufstellt oder emotional handeln würde. Mit seiner besonnenen Art ist er vielleicht mit ein Grund, weshalb Mühleberg keine internen Krisen erlebt hat. «Die stabile Personalsituation gibt es seit vielen Jahren und das spürt man im Arbeitsalltag.» Klingt da ein wenig Wehmut mit? «Lange verspürte ich mehr die Vorfreude auf die Pension. Nun, wo es soweit ist, vermischt sie sich mit anderen Gefühlen und ich merke, dass es mir schwer fällt, loszulassen», gibt er zu.

Unverhofft
Das liegt nicht nur an seiner akkuraten Arbeitsweise, sondern auch daran, dass er eine bewegte Entwicklungszeit der Gemeinde miterlebt und geprägt hat. Als er 1977 nach der Lehre ins Bausekretariat kam, bestimmten noch elf Gemeinderäte mit einer Vielzahl an Kommissionen die Geschicke der Gemeinde. Damals entstand ein reger Baumboom mit etlichen Infrastrukturprojekten, weil die Angestellten des AKW Platz brauchten. Vier Jahre später erkrankte der Gemeindeschreiber und Schmid sprang als Stellvertreter ein, parallel absolvierte er die entsprechende Ausbildung und bereits 1982, im zarten Alter von 24 Jahren, übernahm er die Verantwortung der Gemeindeschreiberei. «Alle haben mich unterstützt, das beeindruckt mich bis heute», erinnert er sich. Es war ein mutiger Entscheid der Gemeinde, einen solch jungen Mann ins Amt zu setzen; heute weiss man: Es war genau das Richtige. Auch für Schmid selbst. «Ich bin immer gerne zur Arbeit gegangen. Frühstmöglich in den Prozessen miteinbezogen zu sein, das interessiert mich stets. Heute frage ich mich ehrlich gesagt, wie ich auch als Pensionierter noch an diese Informationen gelangen könnte», schmunzelt er.

KKW
Das dürfte alleine deshalb gelingen, weil er der Gemeinde für Rückfragen weiterhin zur Verfügung steht. Seit 1977 arbeitet er nicht nur, sondern wohnt auch mit seiner Familie in Mühleberg. «Es gab zwar keine Wohnpflicht, aber nahegelegt hat man mir schon, dass ich hier leben soll», lacht er. Viele nutzen die Pen-
sion für einen Wechsel oder eine lange Reise, nicht aber der ehemalige Gemeindeschreiber. «Eigentlich sind wir lieber hier, als in die Ferne zu schweifen», gibt er zu. Das sind gute Nachrichten, mitunter für seine Nachfolgerin Tanja Gilomen. Mit der 31-Jährigen setzt die Gemeinde wieder auf einen jungen Menschen und ihr Vorgänger wird das tun, was sein Umfeld vor 40 Jahren getan hat: Unterstützung geben, wo erwünscht. So funktioniert das in Mühleberg. Selbst auf die KKW-Polemik angesprochen, reagiert der Pensionierte ruhig und gelassen: «Wir haben auf Verwaltungsebene relativ wenig damit zu tun gehabt. Lediglich bei den Demonstrationen mussten wir uns mit der Polizei absprechen», sagt er. Das schlug sich auch finanziell nieder: «Viele meinen, dass Mühleberg mit dem AKW viel verdient hat. Das stimmt so nicht ganz, die BKW als Betreiberin hat den Steuersitz in Bern», erklärt Schmid. Dennoch steht es gut um die Finanzen der Gemeinde. Dies aber ortet der Gemeindeschreiber viel mehr der angesprochenen, guten Arbeitsaufteiltung und der Moderaten Gemeindeentwicklung zu.

Eines aber wird der vielgelobte Gemeindeschreiber nicht allzu stark vermissen: die zunehmende Komplexität. «Systembedingt übergibt der Kanton immer mehr den Gemeinden. Man ist in vielen anderen Teilen dafür nicht zuständig und trotzdem redet der Kanton mit. Das ist eine Belastung.» Das wiederum bedeutet, dass die Gemeindeschreiberei einen erheblichen Aufwand leistet, um all die Verantwortlichen zu informieren und gleichzeitig stets auf dem neusten Stand zu sein. Gelungen ist das dennoch immer. Dank einer guten Aufteilung in der Gemeinde, einer stabilen Personalsituation und einem Gemeindeschreiber mittendrin, der die Beständigkeit in Person ist. Ernst Schmid hat nichts mehr und nichts weniger als ein Stücklein Mühleberger Geschichte mitgeschrieben. Ein erfolgreiches dazu.

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