Die etwas andere Dr. Dolittle

Die etwas andere Dr. Dolittle

Wenn Tiere Schmerzen haben, nicht stubenrein werden oder aggressives Verhalten aufweisen, können sich Besitzerinnen und Besitzer oft nicht erklären, wie und weshalb es dazu gekommen ist. Der Grund: Menschen können nicht mit Tieren sprechen. Oder zumindest nicht alle. Eine, die es kann, ist Jasmine Hertig aus Kehrsatz.

Als die verschwundene Katze einer Waberer Familie auch nach mehreren Tagen vergeblichem Suchen, Befragen der Nachbarn im Quartier und Aufhängen von Zetteln nicht nach Hause zurückkehrt, ist die Familie verzweifelt. Im Unwissen, ob ihr Haustier überhaupt noch lebt, entscheidet sie, sich dafür mit einer Tierkommunikatorin in Verbindung zu setzen. Der Vater ist skeptisch, die Mutter und Töchter wollen es versuchen. Ganz nach dem Motto: Wenn’s nichts nützt, so schadet es auch nicht. Die Tierkommunikatorin aus Zürich braucht lediglich ein Bild und eine Beschreibung des Tieres. Nach ein paar Stunden erhält die Familie den genauen Standort ihrer Katze, eingezeichnet auf einer Karte: Sie lebt, ist aber eingeschüchtert in einer Garage im Dorf eingesperrt. Wie kann das sein? Zur Einordnung haben wir mit einer Tierkommunikatorin aus der Region gesprochen.

Wie im Internet

«Grundsätzlich ist eine Kontaktaufnahme mit einem Tier mit, aber auch ohne Bild möglich. Habe ich aber das genaue Alter und ein Bild, geht es schneller», erklärt Jasmine Hertig. Die Kommunikation dürfe man sich nicht als Gespräch in Worten ausmalen, viel mehr als Gedanken- und Gefühlsaustausch mit dem Tier. «Man kann es sich vielleicht wie das Internet vorstellen. Ich gehe online und in diesem für uns unsichtbaren Raum verbinde ich mich telepathisch mit dem Tier, vermittle und übersetze Gefühle in Sprache.» Was dabei unabdingbar ist: nicht zu interpretieren beginnen, sondern stets nur das Wahrgenommene beschreiben.

Besser verstehen

Die Gründe, wieso sich Tierbesitzerinnen, meist von Hunden oder Katzen, mit einer Tierkommunikatorin in Verbindung setzen, sind vielfältig. Etwa dann, wenn eine Katze immer an den Schrank pinkelt oder der Hund ohne erkennbaren Grund in der Nacht oft jault. Auch, wenn das Tier Schmerzen hat oder an einer Krankheit leidet. Oder eben, wenn es verschwunden ist. «Es geht dabei immer darum, das Tier besser zu verstehen und in seinem besten Sinne zu handeln», erklärt Hertig. So versteht sie das Tier durch die Kontaktaufnahme oft besser, beispielsweise wieso es weggelaufen ist. «Einige Tiere wollen nicht mehr nach Hause, da sie sich dort nicht gut behandelt fühlen, andere sind erschrocken, etwa beim Feuerwerk am 1. August, und weggerannt.» Den Standort der Tiere findet Hertig heraus, indem sie selbst Anhaltspunkte wie etwa ein «Holzbigi» im Wald sieht oder die Tiere selbst wissen, wo sie sind oder wie sie dorthin gelangt sind. Allerdings gilt es zu beachten, dass die Suche nach vermissten Tieren eine der schwierigsten Disziplinen in der Tierkommunikation darstellt. Weshalb es keine Garantie gebe, dass sie klappt. «Je nach Zustand des Tieres, etwa nach einem Unfall, ist es oft desorientiert oder auch traumatisiert und kann nicht mehr kommunizieren.» Allgemein sei es wichtig, sich bewusst zu sein, dass Tierkommunikation keinen Arztbesuch ersetzt. Und man dadurch nicht das Verhalten des Tieres steuern kann. «Ich helfe den Besitzern, Antworten auf ihre Fragen zu finden. Wie sich das Tier aber verhält, liegt an der Erziehung und am Charakter des Tieres.» Und am Besitzer. «Es ist dessen Aufgabe, aktiv mitzuhelfen, die Zeichen des eigenen Tieres zu verstehen und auf das Tier und seine Bedürfnisse einzugehen», meint Hertig.

Ein Hund, fünf Katzen

Grundsätzlich können Tierkommunikatoren mit allen Tieren Kontakt aufnehmen. Was nicht heisst, dass sie dies auch tun. «Wir haben einen Ehrenkodex, an den wir uns halten», sagt sie schnell. So nehme sie nur Kontakt mit einem Tier auf, wenn dessen Besitzerin und das Tier selbst sich dazu bereit erklären. «Und ausserdem habe ich im normalen Alltag mit Kindern, einem Hund, drei jungen und zwei grossen Katzen noch genug anderes zu tun», schmunzelt sie. Bereits als Kind war der grösste Wunsch der Kehrsatzerin, mit Tieren sprechen zu können. «Ich habe mir das immer wie bei Dr. Dolittle vorgestellt», lacht sie. 2005 machte die Sozialpädagogin schliesslich die Ausbildung zur Tierkommunikatorin. Damals sei sie eine komplette Exotin gewesen, heute sei die Tierkommunikation etablierter und es gebe ein grosses Angebot. So ziehen auch Tierärztinnen vermehrt Tierkommunikatoren bei. 

Nicht sichtbar gleich nicht existent?

Telepathie, egal ob zu Menschen oder Tieren, wird oft auch kritisch betrachtet. Unlogisch, zu weit hergeholt, zu wenig greifbar, heisst es etwa. Wissenschaftliche Belege gibt es (noch) keine. So bleibt sie also vor allem Glaubenssache. Dem ist sich auch Hertig bewusst. «Ich wollte nie jemanden überzeugen. Wenn jemand Tierkommunikation komisch findet, ist das sein gutes Recht und seine Entscheidung», sagt sie bestimmt. Denn die Frage sei: Wolle man jemanden von etwas überzeugen, oder es einfach für sich selbst als gegeben betrachten? «Als Kind einer buddhistischen Mutter war für mich schon immer klar:  Nur weil wir etwas nicht sehen können, heisst es nicht, dass es deshalb nicht existiert. Liebe sehe ich ja auch nicht und kann sie trotzdem empfinden.» Dass sich immer wieder neue und auch dieselben Menschen bei ihr melden, um ihre Tätigkeit zu beanspruchen oder auszuprobieren, zeige ihr, dass viele offen für Tierkommunikation seien und es ihnen helfe. «Diese Bestätigung und die Hilfe, die ich bieten kann, sind das Schöne an meiner Tätigkeit als Tierkommunikatorin. Für mich ist es wunderbar, wenn am Schluss die Besitzer und ihr Tier zufrieden sind.» Man kann von Tierkommunikation halten, was man möchte. Die Familie aus Wabern ist dennoch dankbar, ihre Katze wieder bei sich zu haben. Und wohl froh, ganz nach dem Motto «Wenn’s nichts nützt, so schadet es auch nichts» gegangen zu sein. 

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