Was sich im Kleinen abzeichnet, kann Auswirkungen auf das Grosse haben. Oder: Der gute alte Wochenplatz ist tatsächlich nur ein kleines Steinchen im gros-
sen Mosaik der Wirtschaftswelt. Aber er kann für Schülerinnen und Schüler eine sehr hilfreiche Grundlage sein, um die richtige Lehrstelle zu finden und ihnen somit den Weg in die Berufswelt zu ebnen. So betrachtet, ist der Wochenplatz Teil eines Schweizer Erfolgsmodells, nämlich unseres Berufsbildungssystems mit dualer Ausrichtung.
Auf die Frage nach einem Wochenplatz folgt bei jungen Leuten meist Kopfschütteln oder ein fragender Blick. Oder beides. Das muss nicht bedeuten, dass sie kein Interesse daran haben. Sie wissen oft gar nicht, was es überhaupt ist.
Was ist ein Wochenplatz?
Der Wochenplatz ist eine kleine Arbeitsstelle für Oberstufenschüler ab 14 Jahren. Dabei verrichten sie regelmässig Arbeiten in einem Betrieb, – meist an einem freien Nachmittag – verdienen ein Taschengeld und lernen die Arbeitswelt kennen. Darin kennt sich Istvan Jakab aus.
Der Betriebsökonom HWV leitet die Sportbörse in Niederwangen und befasst sich seit 30 Jahren mit dem Thema der Berufsbildung. Er geht Herausforderungen von der praktischen Seite an. «Das war auch der Auslöser, die Wochenplatzbörse zu installieren», sagt er. «Wir waren überzeugt, das sei eine Chance für alle Beteiligten. Nun müssen wir feststellen, dass wir nicht viel weitergekommen sind.» Woran das liegt, kann er nicht exakt definieren. Er stellt aber fest, dass viele Ausbildungsbetriebe bei Lernenden oft den Durchhaltewillen und die Eigenverantwortung vermissen. Da müsse doch angesetzt werden, findet er und ist überzeugt, dass man jungen Menschen zu Erfolgserlebnissen verhelfen soll. «Gerade für schwächere Schüler ist das besonders wichtig. Ein Wochenplatz bietet einfache, unkomplizierte Arbeiten und ist nicht verpflichtend für die spätere Berufswahl. Dafür sehr hilfreich.» Resignation passt nicht zu einem, auf dessen Hemd ein Sticker mit dem Slogan «Unternehmer mit Herz» angebracht ist. Eine gewisse Ratlosigkeit lässt er hingegen zu. «Mit den Schulen der Gemeinde Köniz wurden Anlaufstellen geschaffen, um sich zu informieren. Für Betriebe, Schüler und Eltern verfügen wir über alle nötigen Informationen.» Trotzdem fragt sich Istvan Jakab, wie denn bei Jugendlichen das Feuer entfacht werden könnte. Oder ob gar ein allgemeines Desinteresse an der Begeisterung für Leistung besteht. «Unser Schulsystem», präzisiert er seine Haltung, «ist einzigartig im positiven Sinn. Die Berufswahl ist in der Gemeinde integriert. Aber es gibt einen Trend zur Akademisierung. Generell konzentriert sich die Ausbildung stark auf die Förderung von Berufen ohne Wertschöpfung.»
Praktiker: gesucht und gefragt!
Immer mehr Länder interessieren sich für unser System der dualen Ausbildung. Internationale Delegationen holen sich diesbezüglich Wissen in der Schweiz, Bundesrat Johann Schneider-Ammann macht das Modell unserer Berufsbildung bei jeder Gelegenheit populär. Die Berufslehre wurde sozusagen zum Exportschlager. Sind wir nun drauf und dran, exakt an jenem Ast zu sägen, auf dem wir sitzen? Istvan Jakab macht keine einseitigen Schuldzuweisungen, hält jedoch an seiner Überzeugung fest, dass der Wochenplatz eine unkomplizierte und unbürokratische Chance darstellt, die Schlüsselkompetenzen zu schulen und dabei noch das Taschengeld aufzubessern. «Schülern, die sich in einem Wochenplatz bewährt haben, fällt es viel leichter, ihre Wunschlehrstelle zu finden.» Umgekehrt ist es für Betriebe eine Chance, Lernende zu finden. Aber: «Vermutlich müssen wir verstärkt die Eltern ansprechen, um diese von den Vorteilen eines Wochenplatzes und damit den Erfolgsaussichten in der Arbeitswelt zu überzeugen.» Dabei stellt er fest, dass häufig die Kenntnis über unser Bildungssystem fehlt. «Oft herrscht die Meinung vor, dass nur erfolgreich wird, wer studiert hat. Insbesondere bei Eltern mit Migrationshintergrund, die aus Ländern kommen, die nur den universitären Weg als Erfolgschance kennen.» Gegen diese Haltung stemmt sich Istvan Jakab. Dafür steht er selbst und seine Erfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen als Beispiel. Vor allem ist er voll und ganz überzeugt, dass Erfolg nicht nur eine finanzielle Angelegenheit ist. «Aus jungen Menschen sollen vollwertige Mitglieder der Gesellschaft werden. Das ist unsere Verantwortung als Erwachsene. Es ist eine hohe soziale Verantwortung.»