Ein Chor für alle Fälle

Ein Chor für alle Fälle

In der Schweiz leben rund 1,7 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Täglich sind sie mit Hindernissen konfrontiert, die ihnen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschweren. Im Rahmen eines inklusionsfördernden Projektes organisiert der Gospelchor Liebefeld zu seinem 25-Jahr-Jubiläum eine barrierefreie Konzertreihe. Der Chor setzt damit ein Zeichen, Kultur allen zugänglich zu machen.

Der Gospelchor Liebefeld ist bekannt für seine legendären Konzerte, welche traditionell jeweils im November in der Thomaskirche stattfinden. Mit abwechselnden Themen und der Verschmelzung von verschiedenen Musikgenres begeistert der Chor sein Publikum durch Ideenreichtum und lässt sich nicht in die klassische Gospelschublade stecken. «Diese Vielfalt ist dem Verein sehr wichtig», sagt Claudia Keller. Die Pflegefachfrau ist leidenschaftliche Sängerin und seit 2011 Mitglied im Vorstand. 

«Barrierefreiheit bedeutet Mehraufwand»

2020 startete die Fachstelle Kultur der Gemeinde Köniz eine Initiative, um Projekte unter dem Aspekt «Inklusion» zu fördern. Kulturschaffende, welche sich für die soziale Gleichstellung engagieren, um Menschen mit einer Behinderung zu integrieren, sollen durch die Gemeinde finanziell unterstützt werden. «Als wir von dieser Initiative erfuhren, hatten wir die Idee, dieses Projekt zum Anlass unseres 25-Jahre-Jubiläums im Jahr 2023 umzusetzen», erzählt Keller begeistert. Zusammen mit Claudia Bühr, Sängerin und Vizepräsidentin des Gospelchors, und Michelle Zimmermann, Aktivistin für mehr Inklusion, wurde ein Konzept auf die Beine gestellt, welches die Gemeinde überzeugte. «Es ist eine Tatsache, dass es ein finanzieller Mehraufwand ist, Konzerte barrierefrei zu gestalten. Die Kosten für das Projekt hätte unser Verein nicht allein stemmen können», sagt Bettina Inderbitzin, die Präsidentin des Chors, dankbar. 

«Auf gleicher Augenhöhe»

So ist es möglich, dass die Konzertreihe vom 10., 11. sowie 12. November 2023 durch den Verein MUX auf Gebärdensprache für Hörbehinderte übersetzt wird. Dank des guten Beziehungsnetzes von Zimmermann, welche die Anlässe moderiert, gelang die Zusammenarbeit mit der Solosängerin Tamara Roth, welche seit 20 Jahren mit einer Tetraplegie lebt. Sichtlich gerührt erinnern sich die Initiantinnen an die erste Gesangsprobe: «Als Tamara das Solo sang, waren wir alle wie verzaubert, das war ein purer Hühnerhautmoment», berichtet Keller. Zimmermann nickt zustimmend und setzt an: «Genau das ist der Punkt. Kultur muss für alle Menschen zugänglich sein, denn Menschen mit einer Behinderung haben genauso Talente wie Menschen ohne Behinderung.

«Es ist normal, verschieden zu sein»

Zimmermann geht sogar noch einen Schritt weiter, indem sie sagt: «Haben wir nicht alle in irgendeiner Form eine Behinderung oder können etwas nicht gleich gut wie jemand anderes? «Jeder hat seine Stärken und Schwächen.» Zimmermann selbst ist von der im Volksmund bekannten «Schmetterlingskrankheit» betroffen und weiss aus eigener Erfahrung um die täglichen Hürden. Die Inklusion ist für sie eine Herzensangelegenheit, deshalb gründete sie ihre eigene Firma «active integration».

«Aufklärungsarbeit und Sensibilisierung sind wichtige Aufgaben auf dem Weg zur Inklusion von Menschen mit einer Behinderung in unserer Gesellschaft», sagt die Kulturbegeisterte überzeugt. Die Leitung sowie die Sängerinnen und Sänger des Gospelchors sind sich einig: Es liegt in der sozialen Verantwortung eines jeden einzelnen, sich dafür einzusetzen, dass Menschen mit einer Behinderung ein selbstbestimmtes Leben führen dürfen.

Teilen Sie diesen Bereich

Beitrag:
«Ein Chor für alle Fälle»

Die meistgelesenen Artikel

Kontakt

Datenupload

Der einfachste Weg uns Ihre Daten zu senden!

Werbeberatung

Schritt 1 von 2