Auch Garagen, die seit Generationen für eine Marke eingestanden sind. Lebenswerke müssen aufgegeben werden, nur weil die Autoindustrie am liebsten Autos nur noch über den digitalen Warenkorb verkaufen würde und mit Agenturen im Land den Kundenservice sicherstellen will.
Systemfehler?
Das besagt die sogenannte KPMG-Studie 2022 «Autozukunft 2030». Diese analysiert Aussagen von über 1000 Autohändlern aus 31 Ländern. In Europa sollen bis 70 % der Autos zukünftig online bestellt werden, 40 % gar ohne jegliche Garagistenbeteiligung. Das Resulat ist, dass die Importeure die Bedingungen für die Garagisten verschärfen. Es sei an dieser Stelle aber gestattet, die Interpretationen rund um diese Grossumfrage in Frage zu stellen. Seit die Könizer Zeitung | der Sensetaler Autotests anbietet, zeigt sich, auf das Verteilgebiet dieser Zeitung heruntergebrochen, ein gegenteiliges Bild. Die zahlreichen Traditionsbetriebe der Region haben alle Hände voll zu tun, um in einem Automarkt mit vielen verschiedenen Antriebsformen und Möglichkeiten für jede individuelle Person das passende Gefährt zu finden. Diese Beratung dürfte nicht durch einen digitalen Fragebogen ersetzt werden können, weil nur äusserst fachkundige Personen die komplexen Zusammenhänge angepasst zu deuten wissen. Zudem berücksichtigt die Studie in keiner Weise die kulturellen Unterschiede der Länder, geschweige denn der Regionen oder den Unterschied zwischen Stadt und Land. Das Kaufverhalten eines Seislers dürfte sich durchaus von jenem einer Madrilenin unterscheiden. Was bei den Fahrzeugtests der Könizer Zeitung | Der Sensetaler immer wieder auffällt: Die Garagisten haben alle Hände voll zu tun, haben teilweise ähnlich lange Tage wie die Gastronomie und beraten vom kleinsten Check vor dem Urlaub bis zum Neuwagenkauf unentwegt ihre Kundinnen und Kunden. Schwer vorstellbar, dass diese Nachfrage künftig abreissen soll.
Vernetzung
Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Neuwagen nicht immer verfügbar sind. Die Studie zeigt weiter, dass nur 48 % der Autohäuser in Zukunft für solche Krisen gewappnet sind. Die Garagisten haben viele Franken in Form von Autos «rumstehen», sie tätigen grosse Ausgaben, damit Fahrzeuge verfügbar sind. Und sie arbeiten zusammen. Ein kurzes Telefonat mit den Markenkollegen, um den Kundenwunsch nach einem bestimmten Auto zu erfüllen. Die Garagisten tauschen untereinander die Fahrzeuge, helfen sich aus und unterstützen sich gegenseitig. Die Zusammenarbeit geht aber noch weiter. Carrosserieschäden müssen behoben werden, Firmenautos werden beschriftet, andere brauchen eine Anhängerkupplung oder einen Spezialeinbau für das Haustier. Die Liste an Zusatzwünschen liesse sich noch beliebig erweitern und zeigt doch immer wieder dasselbe auf: Die Garagisten sind längst so gut untereinander vernetzt, dass sie individuelle Bedürfnisse befriedigen, beraten und umsetzen können. Da dürfte der digitale Markt hinterherhinken und die einzelne Agentur oder der Satelit eines Importeurs ebenfalls.
Kundenverantwortung
Bliebe also noch de Frage, ob die grossen Autohäuser die kleinen verdrängen werden. Eine klare Antwort zu finden ist schwer, weil es einerseits solche Beispiele gibt, anderseits die grossen Schweizer Importeure wie AMAG oder Emil Frey, die mehr als 40 % aller Neuwagen der Schweiz verkaufen, keine solchen Ziele verfolgen, wie es auf Anfrage heisst. Wenn Garagisten in der Nähe der grossen Autohäuser verschwinden, dann vielleicht, weil die Anschaffung von stetig neuen teuren Gerätschaften, um die Neufahrzeuge zu warten, sowie die Weiterbildung herausfordernd sind.
Eines dürfte mit Blick auf die KPMG-Studie klar sein: Die Interpretationen erscheinen wenig reflektiert. Die Autofahrerinnen sind gut beraten, wenn sie im Hinblick auf all die verschiedenen Antriebsarten und Technologien eine Garage ihres Vertrauens beibehalten. Vielleicht sogar zukünftig mehr denn je. Dank der Vernetzung in der Region dürften sich die Autohäuser der Region zukünftig gut am Markt behaupten können. Zumindest, wenn die Kundschaft erkennt, wie wichtig die persönliche Beratung ist und welche Auswirkungen digitale Einkäufe auf den regionalen Markt haben. Das Modell des digitalen Autohandels mit Agenturen scheint aus regionaler Sicht doch eher eines mit Pannengarantie zu sein.