Ein Tropfen auf den heissen Stein?

Ein Tropfen auf den heissen Stein?

Überall auf der Welt sind Tiere in Not. Besonders gross ist das Leid von Katzen und Hunden in Tunesien. Seit ihrem ersten Urlaub vor 18 Jahren setzt sich Gisella Romdhani unermüdlich für die Rettung der Tiere auf Tunesiens Strassen ein. Nicht selten stösst die Flamatterin an ihre Grenzen. Doch jedes Tier, welches gerettet wird, gibt ihr neue Kraft.

«Die Einstellung vieler Einheimischer gegenüber Tieren und vor allem von der Regierung ist nicht mit unserer Kultur vergleichbar», sagt Gisella Romdhani, schüttelt den Kopf und fügt an: «Es ist paradox: Katzen und Hunde dürfen nicht in Mietwohnungen gehalten werden. Auch im öffentlichen Verkehr ist es verboten, Hunde mitzuführen. Unzählige Tiere landen auf der Strasse, leiden an Hunger und werden krank. Sie werden geschlagen, getreten, ja manchmal sogar angezündet, um sie zu vertreiben oder gar zu töten. Es gibt regelmässige Tötungsaktionen, die von der Regierung organisiert werden, um die Strassen, besonders in den Touristenregionen, ‹zu säubern›. Gleichzeitig ist die Kastration von Tieren total verpönt.» Dies gelte als «haram», was übersetzt so viel bedeutet wie «verboten/Sünde», erklärt die tierliebende Flamatterin. Dabei sei genau diese Massnahme die effektivste, um das Übel an der Wurzel zu packen. «Das Kastrationsprogramm ist unsere oberste Priorität», sagt die Gründerin und Präsidentin des Vereins «Animal Heart Tunisia» überzeugt.

Willkür und strenge Auflagen

Seit 18 Jahren engagiert sich Romdhani für Tunesiens Strassentiere. «Mein Mann und ich besuchten regelmässig seine Familie in der Grossstadt Kairouan. Ich war entsetzt über die Missstände, die ich angetroffen habe. Ich konnte nicht länger wegschauen.» Die Mutter eines heute 16-jährigen Sohnes baute sich vor Ort über die Jahre hinweg ein Beziehungsnetz auf. Dazu gehören heute sechs freiwillige Helferinnen und sieben Tierärztinnen. «Diese Menschen sind mittlerweile wie eine Familie für mich geworden, ich habe absolutes Vertrauen zu ihnen.» Von der Schweiz aus koordiniert die Tierliebhaberin im engen Austausch mit den Helferinnen vor Ort sämtliche Rettungs- und Fütterungsaktionen und organisiert Patenschaften sowie Adoptionen. Die gefundenen Tiere werden gepflegt, medizinisch behandelt, kastriert und geimpft.  «Es ist ein Kräfteakt», sagt Romdhani. Die tunesische Regierung erschwere mit willkürlichen Entschlüssen und komplizierten Bestimmungen den Einsatz. «Wir stehen täglich vor vielen Herausforderungen. Das mangelnde Bewusstsein in der Gesellschaft für das Tierwohl, die strengen Auflagen und die hohen finanziellen Aufwände machen uns zu schaffen.»

Gemeinsam ist vieles möglich

Auch in der Schweiz hat sich die Tierschützerin mit Gleichgesinnten zusammengetan. Nach 15 Jahren Engagement gründetete Romdhani vor drei Jahren den Verein «Animal Hearts Tunisia». Zum Gründungsteam gehört Beat Feller. Er hat die Patenschaft von zehn Katzen übernommen und vier dieser Tiere in die Schweiz adoptiert. «Meine Pension steht bald bevor und ich wollte eine sinnstiftende Aufgabe übernehmen» erklärt der Thuner. Diesen Oktober reiste er zusammen mit Romdhani und fünf weiteren Vereinsmitgliedern nach Tunesien. «Ich wollte mir mit meinen eigenen Augen ein Bild vor Ort machen. Ich war auf das Schlimmste gefasst, aber meine Befürchtungen wurden sogar noch übertroffen», erzählt Feller bestürzt.

Tier um Tier für eine bessere Welt

Auch Romdhani macht das Tierleid zu schaffen. «Es gibt immer wieder Momente, in denen ich verzweifelt bin und an meine Grenzen stosse. Zudem ist das Engagement nicht nur für uns persönlich eine mentale Belastung, auch finanziell tragen wir eine hohe Bürde», berichtet sie, senkt den Blick und meint nach einem tiefen Atemzug: «Aber nie im Leben werde ich ‹meine› Tiere im Stich lassen. Das ist keine Option für mich. Auch wenn es manchmal hoffnungslos erscheint, lohnt es sich für jedes einzelne Tier zu kämpfen, das gerettet werden kann. Jedes Happy End gibt mir neue Kraft, um weiterzumachen.» Feller nickt zustimmend und ergänzt: «Es ist vielleicht ein Tropfen auf den heissen Stein. Aber wenn alle so denken würden, würde sich auf unserer Welt nie etwas ändern.»

www.animalheartstunisia.com

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