Seit 10 Jahren gibt es den Schnuppermorgen im Wangental. Zuerst von der IG Wangental ins Leben gerufen, gehört der Anlass heute zum Angebot des Lehrstellennetzes Köniz. Organisiert haben die 10. Ausgabe Erika Aebi und Gründervater Istvan Jakab. Der Jubiläums-Schnuppermorgen war geprägt von Rekorden. In diesem Jahr präsentierten 16 Firmen insgesamt 25 Berufe. In 100 Workshops konnten 194 Schülerinnen und Schüler der Gemeinde Köniz mal Berufsluft schnuppern: Sei es als Dachdecker, Maurer oder als Fachmann Betreuung, Richtung Kinderbetreuung. Letzteres übrigens ein Beruf, der erstmals am Schnuppermorgen vom
10. September präsentiert worden ist. Im letzten Jahr kamen bereits die Berufe Fachangestellte Gesundheit und Coiffeur bzw. Coiffeuse dazu. «Ja, wir konnten in den vergangenen Jahren mehr typische Frauenberufe zeigen», freut sich Erika Aebi, die seit drei Jahren bei der Organisation mithilft. Mit der Anzahl Berufen steigt auch die Zahl der Firmen und Organisationen, die sich am Schnuppermorgen präsentierten. «Wir zeigen bewusst auch handwerkliche Berufe», erklärt Istvan Jakab. «In erster Linie wollen die Firmen der Jugend ihre Berufswelt, ihr Handwerk zeigen und dazu motivieren, eine solche Ausbildung zu machen.»
Das bestätigt auch Bernhard Lauper von der GLB, die seit Jahren Einblicke in die handwerklichen Berufe wie Dachdecker oder Maurer gewährt. «Der Arbeitsmarkt in der Baubranche ist heute tatsächlich ausgetrocknet. Wir haben deshalb ein grosses Interesse, unseren beruflichen Nachwuchs selber auszubilden», sagt er. «Der Schnuppermorgen ist für uns die ideale Gelegenheit, Kontakt mit potenziellen Lernenden zu knüpfen und uns als Ausbildner zu präsentieren!» Die GLB schaue bei Bewerberinnen und Bewerbern allerdings nicht ausschliesslich auf die Schulnoten. «Für uns sind die sogenannten ‹weichen Faktoren› mindestens ebenso wichtig. Im Umgang mit den Arbeitskollegen, dem Lehrmeister sowie Vorgesetzten und insbesondere der Kundschaft ist die ‹Kinderstube› letztlich wichtiger als die Note in Französisch», gibt Bernhard Lauper zu bedenken. Das stellt auch Istvan Jakab fest. Als Geschäftsführer der Sportbörse in Niederwangen bildet er angehende Detailhandelsangestellte und KV-Angestellte aus. «Wir beobachten bei unseren Auszubildenden immer mehr eine Entwicklung in Extreme – Top oder Flop. Mit anderen Worten: Es fehlt an der Breite. Das erklärt auch, weshalb etliche Ausbildungsplätze gar nicht besetzt werden.» Immerhin attestiert er der heutigen Jugend, dass sie im Umgang mit Erwachsenen selbstbewusster, aber auch reifer auftrete.
Theo Beyeler, ehemaliger Präsident der IG Wangental, hat den Schnuppermorgen gemeinsam mit Istvan Jakab initiiert. Diese Veranstaltung ermögliche den Firmen, mit verhältnismässig geringem Aufwand viele Jugendliche direkt und persönlich anzusprechen. «Man kann die Berufe am Schnuppermorgen realistisch und interessant vorstellen», ist er überzeugt. «Zudem ist der Anlass auch eine Werbeplattform für die Unternehmen.» Für Theo Beyeler ist wichtig, dass sich Jugendliche auf ihre Stärken und Neigungen besinnen und diese bewusst besser kennenlernen. «Man sollte sich nicht nur von Verdienstmöglichkeiten leiten lassen. Vielmehr sollen sich Jugendliche auch mit der Frage auseinandersetzen, welche Berufsleute in der Wirtschaft gesucht sind.» Und ganz wichtig: Der einmal eingeschlagene Ausbildungsweg soll bis zum Ende gegangen werden, also bis zum Lehrabschluss. Dem kann Istvan Jakab nur beipflichten: «Unser offenes Bildungssystem lässt viele Möglichkeiten zur Weiterentwicklung zu: Kein Abschluss ohne Anschluss!», erinnert er an die Vorzüge dieses dualen Systems.
Und wie erleben die Schülerinnen und Schüler den Schnuppermorgen? Als spannend und abwechselnd. So jedenfalls der Eindruck von Beobachtern, die sahen, wie Schülerinnen und Schüler während der Workshops mit Elan einen Holzmast hinaufkletterten, mit Eifer einen Stecker verdrahteten und zusammenschraubten, anpackend eine Mauer aufzogen oder auf dem Dach herumkletterten – jedenfalls die meisten. Denn der Schnuppermorgen weckte einmal mehr nicht nur Begeisterung für verschiedene Berufe, er zeigte auch Grenzen auf. Wenn plötzlich am Holzmast die Höhenangst ein Weiterklettern verhinderte oder die Arbeit auf dem Dach nicht ausgeführt werden konnte, da der Schüler oder die Schülerin sich am Dach festkrallend einfach sitzen blieb.