Eine Ära geht zu Ende

Eine Ära geht zu Ende

Max und Hildegard Jungo machen Ernst und schliessen ihr Geschäft nach 40 arbeitsreichen Jahren Ende Februar. Während rund 70 Jahren wurde im Herzen des Dorfes geschlachtet, gewurstet und verkauft. Trotz intensiver Suche fand sich leider kein Nachfolger.

Angefangen hat die Erfolgsgeschichte anno 1947, als Hans und Leonie Jungo-Gauderon mit nichts als ihren Händen und harter Arbeit ihre eigene Metzgerei eröffnen konnten. Einquartiert waren sie damals im ehemaligen Landi-Gebäude mitten im Dorfkern. 1965 bedienten sie ihre Kundschaft im neu erbauten Wohn- und Geschäftshaus vis-à-vis vom «Senslerhof». Bereits mit 60 Jahren übergab Hans Jungo das Geschäft seinen beiden Söhnen Georges und Max. Fortan blieb er als Angestellter dem Betrieb noch etliche Jahre treu. Später entstanden aus dem Betrieb zwei Einzelfirmen.

Begehrte Ware
Nicht nur im Dorf waren Jungos Fleischspezialitäten äusserst beliebt, sondern auch in der ganzen Region und im Bernbiet; ja sogar im Kanton Solothurn fanden sie reissenden Absatz. Rein zufällig absolvierte der Küchenchef vom Kursaal Bern vor
etlichen Jahren seinen Militärdienst im Sensebezirk und stand eines Tages im Laden von Max Jungo. Begeistert von der Qualität seines Fleisches, wollte er sich künftig von ihm beliefern lassen. «Diesem glücklichen Umstand und vielen guten Beziehungen ist es zu verdanken, dass wir bis zum Schluss in den Kursaal und das Casino in Bern, das Hotel Viktoria‑Lauberhorn in Wengen und sogar auf die Kleine Scheidegg liefern durften», freut sich Max Jungo zu Recht. Pro Saison wurden im Berner Oberland tausende von Würsten verkauft. Am «Snowpenair» und während der Lauberhorn-Rennen stand der Meister oft höchstpersönlich am Grill. Seine Schweins- und Kalbsbratwürste sowie Bauern- und Trockenwürste wurden sogar prämiert und haben Goldstatus.

Fast 40 Jahre lang hat das Ehepaar Jungo mit Freude und Herzblut praktisch sieben Tage in der Woche für das Geschäft gearbeitet. Viele Vereine aus der Umgebung bestellten das Fleisch für ihr Fest bei ihnen. Sogar spätabends genügte bei Bedarf ein Telefonanruf, und der Metzgermeister stand prompt mit Nachschub vor der Tür. «Manchmal haben wir im Notfall sogar am Sonntagmorgen frische Würste zubereitet», erinnert sich die Ehefrau lachend. Für Hobbys und Vereine blieb wenig bis gar keine Zeit.
Ferien gönnten sie sich jahrelang nur jeweils eine Woche im Frühling und im Herbst. Die beiden bereuen ihren Einsatz aber keineswegs, denn das Geschäft lief gut und die Arbeit hat ihnen Spass gemacht. Aus Kundenkontakten sind zum Teil Freundschaften entstanden. «Ohne meine Frau wäre das alles nicht möglich gewesen», ist sich Max Jungo bewusst. «Wir sind ein gutes Team und ich bin dankbar für ihre Unterstützung».

Keinen Nachfolger gefunden
Über die Jahre durften über 30 Lernende ihre Ausbildung machen und in den Spitzenzeiten beschäftigte die Metzgerei zehn Angestellte. Trotz allem haben sich Jungos vor vier Jahren entschieden, dass im Februar 2017 für sie Schluss ist. Der Chef wird dieses Jahr pensioniert; die Chefin ist eigentlich schon zwei Jahre im «Ruhestand». «Wir wollen aufhören, wir müssen nicht», sagt er. Denn zusammen haben sie noch viel vor und wollen dies tun, solange sie fit sind: Reisen, Golf spielen, E-Bike fahren, Freundschaften pflegen und Zeit mit den Enkelkindern verbringen; einen Gang zurückschalten, geniessen, sich Zeit nehmen und sich keine Gedanken und Sorgen mehr machen müssen. Bereits vor vier Jahren begann die Suche nach einem Nachfolger. Nicht einmal Inserate in der Metzger-Fachzeitung waren erfolgreich. Der Nachwuchs fehlt. Ausserdem haben sich die Ess- und Einkaufsgewohnheiten und die Lebensweise im Allgemeinen im Lauf der Jahre stark verändert. Heute wollen Väter ihr Arbeitspensum reduzieren, der Mensch will aus Mangel an Zeit sämtliche Einkäufe an einem Ort erledigen und geht zum Grossverteiler, dazu werden die Vorschriften für Einrichtung und Hygiene in Metzgereibetrieben immer strenger und erfordern oft hohe Investitionen. «Früher kamen die jungen Leute kurz vor Feierabend noch in die Metzgerei, um Grillfleisch zu besorgen, bevor es an die Sense ging; heute fährt man schnell beim Tankstellenshop vorbei», erzählt die zweifache Oma.

Alles hat ein Ende
Die Kundschaft bedauert die Schliessung des Geschäftes (am 25. Februar) sehr, und sicher geht für das Dorf etwas unwiderruflich verloren, aber dem aufgestellten und freundlichen Metzger-Ehepaar sei es gegönnt. «Es wird auch ohne uns weitergehen», sind sich die beiden einig. Was mit den grosszügigen Räumlichkeiten passiert, wissen sie indes noch nicht. Alles sei möglich: von Büros über Gewerberäume bis zu Wohnungen. Langsam leeren sich die Kühlschränke und Regale. Irgendwie mutet sie dies doch etwas seltsam an. Doch für alles gibt es ein Ende. Und wenn Max und «Hildy» Jungo ein letztes Mal ihre Kunden im Laden begrüssen, bedanken sie sich
ihrerseits für deren Treue.

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