Es ist ein altbekannter Spruch: «Aus der Not eine Tugend machen.» Hin und wieder beschreibt der alte Wortlaut auch ganz aktuelle Geschehnisse; insbesondere wenn aus einer unglücklichen Situation mit vereinten Kräften etwas noch Besseres entsteht. Genau wie in Neuenegg. Gemeindepräsidentin Marlise Gerteis-Schwarz (SVP) und der Vorsitzende der Bankleitung der Raiffeisenbank Sensetal Daniel Grossrieder treffen sich in diesen Tagen öfter als üblich. Der Grund ist herzlich einfach: Die regionale Raiffeisenbank baut ihre Filiale wieder auf und nutzt die Gelegenheit, um die Bank neu zu gestalten und auf die Bedürfnisse der Gemeinde einzugehen.
Einzige Bank im Ort
«Kürzlich schloss die Valiant ihre Bank in Neuenegg. Wegen der Sprengung waren wir besorgt, dass es zukünftig bei uns gar keine Bank mehr geben könnte. Wir sind froh, dass die Raiffeisen trotz des Vorfalls am Standort festhält», sagt die Gemeindepräsidentin mit einem heiteren Gesicht, das ihren Worten viel Glaubwürdigkeit schenkt. «Wir haben uns natürlich beraten und überlegt, was wir machen wollen, aber es kam nie die Idee auf, den Standort ganz aufzugeben», unterstreicht der Bankleiter. Wer die Raiffeisen kennt, der weiss, dass die einzelnen Genossenschaften ganz individuelle Konzepte entwickeln, damit ihre Bank bestens an die örtlichen Gegebenheien adaptiert ist. Die Raiffeisenbank Sensetal Genossenschaft hat dies in Flamatt mit dem «Senseträff» schon demonstriert. Entstanden ist nicht einfach eine weitere Bankfiliale, sondern ein veritabler Treffpunkt, ein Kulturplatz und ein Begegnungsort. Gerteis blickt aus dem Fenster der Gemeindeverwaltung auf den Dorfkern und meint: «Schön, dass die kundennächste Bank bleibt.»
Dorfkern schützen
Was darf man nun Kreatives vom sanierten Raiffeisen-Standort in Neuenegg erwarten? «Im Moment sammeln und studieren wir hierfür die Bedürfnisse und örtlichen Gegebenheiten», sagt Grossrieder. Skizzenhaft lässt sich aus heutiger Sicht schon mal ein Rahmen erkennen: «Wir sind bestrebt, dass der Dorfkern lebendig und voller Gewerbe bleibt, das ist für unsere Zukunft wichtig», weiss die Präsidentin und der Bankleiter fügt an: «Und wir wollen sicherlich ein Gesicht dieses Dorfkerns sein.»
Technik und Tradition
Im Inneren der neuen Geschäftsstelle wird die Raiffeisen auf die bewährte Kombination von Digitalisierung und Menschen vor Ort setzen, und prüft eine sogenannte hybride Lösung, die von Jung bis Alt die verschiedenen Ansprüche an ein Bankenhaus erfüllen soll. «Der Mensch ist ein soziales Wesen, je digitaler alles wird, desto mehr braucht es den physischen Kontakt. Das ist unsere Art, etwas an unsere Genossenschafterinnen und Genossenschafter zurückzugeben», fügt Grossrieder an. «Gerade ältere Menschen können mit diesem Konzept gut abgeholt und betreut werden», stellt die Präsidentin zudem fest.
Selbstverständlich ist dieser bedürfnisorientierte Wiederaufbau in Neuenegg nicht. «Wäre die Raiffeisen nur auf Profite aus, würde man sicherlich ein anderes Konzept fahren», weiss Grossrieder. Das beste Beispiel dazu sind Bancomaten. Diese sind in den allermeisten Fällen nicht rentabel. Die Investitionen sind hoch, der Unterhalt aufwändig und der Bargeldbezug nimmt zudem aufgrund neuer Zahlmöglichkeiten stetig ein wenig ab. Die Raiffeisenbank Sensetal denkt als Genossenschaft ein wenig anders und versteht sich seit bald 120 Jahren als Teil der Gesellschaft, als Gesicht in der Region, als integratives Element eines lebendigen Dorfkerns. Bancomat inklusive. Gemeindepräsidentin Marlis Gerteis und Bankvorsitzender Raiffeisenbank Sensetal, Daniel Grossrieder, nutzen die unsägliche Sprengung nun ganz einfach als Chance.
