Es dauert, bis er die Käserei verlässt. Erst wird die Milch zu einer kompakten Masse verarbeitet, danach in die runde Form gebracht. Es folgt das Salzbad, anschliessend eine intensive tägliche Pflege und schliesslich die Lagerung auf einem Holzgestell im Käsekeller. Nach vier Monaten wird er als Laib abgeholt. Etwa 60 Zentimeter im Durchmesser, zirka 35 Kilogramm schwer und 10 Zentimeter hoch ist der Käse.
Die Dimensionen des Neubaus sind anders. Die Fläche wird
525 m2 betragen, in der Eisenbetonkonstruktion mit Holzelementen für Fassade und Dach werden zwei Tanks mit einem Fassungsvermögen von je 9000 Litern installiert, jährlich werden 2,5 Millionen Liter Milch verarbeitet, die Gesamtkosten belaufen sich auf 4,5 Millionen Franken.
Wer solches berichtet, muss es wissen: Martin Knapp von der SKS Architekten AG ist der verantwortliche Architekt. «Die Erfahrungen, die wir mit dem Bau von Käsereien gesammelt haben, sind uns im Projekt Guggisberg sehr hilfreich.» Ein Industriebau im herkömmlichen Sinne sei dort nie ein Thema gewesen, führt er weiter aus, alleine die Vorgaben von «Gruyère AOP» für den Neubau würden dies nicht zulassen. Zeitgemäss, zweckmässig und ästhetisch musste dieser geplant werden. Dazu unter Berücksichtigung des ländlichen Charakters. «Von der Bauherrschaft über den Architekten bis zu den Käsern: Alle richten sich nach dem strengen Pflichtenheft des Handelspartners. Lange, bevor der erste Laib die Käserei verlassen wird.» Davon weiss auch André Kohli zu berichten. Er ist Landwirt in Guggisberg und Präsident der Käsereigenossenschaft. «Seit ‹Gruyère AOP› vor etwa 10 Jahren den Vorschlag zum Zusammenschluss lanciert hatte und wir uns dafür entschieden, sind die umfassenden Anforderungen unseres Partners bekannt.»
Dazu gehört eine hohe Nachhaltigkeit. Holz ist in der Gegend im Überfluss vorhanden. Holz wird denn auch der einzige Energieträger für die neue Käserei sein. Das hört sich nicht nur im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit sinnvoll an, das macht auch wirtschaftlich Sinn: Milch braucht es zur Herstellung von Käse, Holz zur Gewinnung von Energie. Die 26 Bauern aus der Umgebung, die Genossenschafter sind, verfügen über beides. Und werden beides in die Käserei liefern. André Kohli dazu: «Damit ist eine weitere Auflage unseres Partners abgedeckt, nämlich kurze Transportwege.»
Anstatt drei Käsereien in Guggisberg gibt es künftig also nur noch eine. Weshalb eigentlich? André Kohli: «Es gibt vieles, das dafür spricht. Beispielsweise wird die Wertschöpfung für die Bauern erhöht.» Vor allem sieht er darin ein Projekt, das durch die Kooperation mit einem starken Partner für alle Beteiligten auf lange Zeit zur Existenzsicherung beitragen soll. Und die Finanzierung dieses Grossprojektes? «Der Erlös aus dem Verkauf der drei bisherigen Käsereien wird investiert, dazu kommen Beiträge aus öffent-
licher Hand sowie ein Agrarkredit in Form eines zinslosen Darlehens.»
Qualität über allem
Greyerzer-Käse wird seit 1115 nach demselben traditionellen Rezept hergestellt. Mittlerweile in total 223 Käsereien, verteilt auf fünf Kantone. Die hohen Qualitätsanforderungen von «Gruyère AOP» gelten für alle und überall. «Das erzeugt Druck für Käser und Bauer», ist sich André Kohli bewusst und gibt Einblick: «Die strikten Auflagen beginnen bei der Milch. Die Bauern liefern zweimal täglich Frischmilch in die Käserei. Von Kühen, die sich im Sommer auf der Weide aufhalten und im Winter mit Heu gefüttert werden. Die Qualität der Milch wird von ‹Gruyère AOP› laufend kontrolliert.»
Die Käserei muss sich in ihrer Arbeit an ein Punktesystem halten, das die Organisation zur Sicherstellung der Qualität einsetzt. Die Abnahmezusicherung ist strikt geregelt und darf nur innerhalb einer kleinen Toleranz überschritten werden. «Unser Partner legt grossen Wert darauf, dass die Käserei nur so viel liefert, wie gebraucht wird. Mehrlieferung würde sich sogar auf einen tieferen Preis für die Käserei auswirken.»
Am Standort der neuen Käserei stehen zurzeit die Bauprofile. Die Frage nach dem genauen Zeitplan richtet sich an Martin Knapp, den Architekten: «Das Baugesuch wurde eingereicht, die Vorabsprache ist erfolgt. Für die Bauphase rechnen wir mit eineinhalb Jahren ab Sommer 2016. Die Eröffnung wird also im Herbst 2017 erfolgen.» Amtlich beglaubigter Käse aus Guggisberg wird seit 1897 produziert. Für weitere Dekaden ist gesorgt.