Mit einem kleinen, unscheinbaren Büchlein namens «Immer höher» nahm vor einigen Jahren alles seinen Anfang. Besagtes Büchlein enthält Erzählungen des bekannten Autors Franz Hohler, die die Leserschaft zu immer höheren Gipfeln mitnimmt. Ruedi Horber, selber leidenschaftlicher Bergsteiger, lässt die Idee nicht mehr los – schliesslich hat er selbst bereits unzählige Gipfel in aller Welt bestiegen, vom Berner Hausberg bis hin zu Fünf- und Sechstausendern in aller Welt. In einem Vortrag für den Berner SAC stellt er einige seiner eigenen Touren vor, immer höher. Warum das Referat nicht zu einem Buch ausbauen? Diesen Herbst ist es nun soweit: Sein Buch «Höher und höher» erscheint im Eigenverlag, über 200 Seiten mit 90 Bergtouren aus dreizehn Ländern locken mit Infos, Bildern und persönlichen Erfahrungen.
Trouvaillen und Geheimtipps
Dass es nun 90 Gipfel in das Buch geschafft haben, ist kein Zufall. Mit einem Augenzwinkern und einer nicht ganz lupenreinen Rechnungsformel ermittelte Ruedi Horber, dass er im Prinzip 90 Jahre alt werden müsste. Für jedes dieser Lebensjahre suchte sich Horber eine Bergtour aus, die er im Laufe seines Lebens gemacht hat. Wer so viele Gipfel erklommen und Berge erwandert hat wie Horber, hat sprichwörtlich die Qual der Wahl. «Ich wollte Touren beschreiben, zu denen ich eine emotionale Verbindung und bleibende Erinnerungen habe», so der Gipfelstürmer. Zusammengekommen ist ein buntes Sammelsurium. Klettertouren oder Vulkantouren, Routen für das ganze Jahr, anspruchsvoll und einfach. Unter vertraute Namen aus der Region wie Gantrisch, Bürglen oder Möntschelespitz mischen sich Exoten wie der Volcán Lonquimay, die Aiguille d’Argentière oder der Nevado Pisco. Genau so vielfältig wie die Auswahl wünscht sich Ruedi Horber seine Leserinnen und Leser, denn Inspiration finden Wanderneulinge genauso wie erfahrene Bergsteiger. «Es hat Touren drin, die kein Mensch kennt. Trouvaillen und Geheimtipps, die sehr schön sind», so Horber, «wenn jemand dank dem Buch etwas Neues erlebt, ist das toll!»
Persönliche Note
Horber selbst hat auf seinen zahlreichen Touren viel Faszinierendes, aber auch so manch Tragisches erlebt. Wer nah an der Natur unterwegs ist weiss, dass Schönheit und Gefahr oft nur einen Wimpernschlag auseinander liegen. Unfälle können passieren, wie Horber selbst erleben musste. Auch gibt es Touren, die er abbrechen musste – meist aus Wettergründen. Auch diese Gipfel haben in «Höher und höher» einen Platz gefunden. Ein versöhnlicher Umgang mit Pech und Scheitern. Ressentiments bleiben keine. Die Porträts der absolvierten Touren sind nebst sachlichen Informationen auch mit abwechslungsreichen Erlebnisberichten versehen. An Geschichten und Gedanken mangelt es nicht, Ruedi Horber weiss zu jedem Gipfel etwas zu erzählen. «Ich versuchte, jeweils etwas Spannendes hinzuzufügen, bewegende Begegnungen oder historisch Relevantes etwa», erklärt er. Die Abwechslung sei ein wichtiges Kriterium für die Auswahl gewesen. Entsprechend lange hat sich Ruedi Horber Zeit für die Umsetzung des Buches genommen, seine Aufzeichnungen und Erinnerungen durchwühlt und bis in die Jugendjahre zurück geforscht. So hat es auch der Zuger Wildspitz ins Buch geschafft, den Ruedi Horber als kleiner Bub mit seinen Eltern erklommen hat.
Näher, dafür mehr Tempo
Ob mit dem Besuch des Wildspitz die Leidenschaft für Bergtouren ihren Anfang nahm, bleibe dahingestellt. Auf jeden Fall kam Ruedi Horber durch seine Eltern zum Wandern, später wurde er Mitglied des SAC und begann zu klettern. Auch heute hat die Familie Anteil an seinen Touren. Horbers Frau ist ebenfalls begeisterte Berggängerin und begleitet ihren Mann sehr oft. «Es ist ein Ausgleich zum Alltag, ich bin gern draussen und nah an der Natur», erzählt Horber und schmunzelt: «Es hält jung!» In punkto Fitness macht dem über 65-Jährigen tatsächlich kaum ein Jungspund etwas vor. Als Trailrunner joggt Horber regelmässig auf den Gurten oder auf den Niesen. «Ich bleibe heute immer mehr in der Nähe, setze dafür auf mehr Tempo», erklärt er. Wo es früher möglichst hoch und möglichst schwierig sein musste, reicht heute auch eine einfachere Strecke. Lockt dann doch ab und zu die Ferne, ist auch da die allgemeine Richtung klar: Süden. «Ich friere eigentlich nicht gern, deshalb habe ich lieber tropische Regionen», lacht Horber. Süd- und Zentralamerika sind da bestens geeignet, aber auch die Mittelmeerregion bietet sich an. Und besonders Vulkane haben es Ruedi Horber angetan. So gibt es tatsächlich noch einen nah gelegenen Feuerspeier, der nach ihm ruft. «Auf den Aetna will ich unbedingt noch», schwärmt Horber. Bevor es aber wieder auf ausgedehntere Reisen geht, wartet «Höher und höher» nach 3 Jahren Arbeit auf den Abschluss. Auf den freut sich Ruedi Horber: «Das ist wie nach einer Bergtour zu einem schönen Gipfel, sobald man wieder zu Hause ist, kommt die Erleichterung.»