Die Pandemie ist vorbei. Zumindest, wenn man dem Bundesrat Glauben schenkt, der Anfang April die «Rückkehr zur normalen Lage» verkündet hat. Endlich Freiheit. Normalität. Wenn es nur so einfach wäre. Auch wenn der Alltag wieder entspannter wirkt, so haben die letzten beiden Jahre markante Spuren hinterlassen. Stress, finanzielle Unsicherheiten, Angst vor Ansteckung, Vereinsamung durch weniger Kontakte, Verschmelzung von Privatleben und Arbeit im Homeoffice – die Auswirkungen sind spürbar. Beim regionalen Sozialdienst Laupen ebenfalls. Die Geschäftsleiterinnen Karin Möschberger und Jelena Riniker spüren zwar aktuell die Entspannung, aber erwarten mit dem Krieg in der Ukraine und den geflüchteten Familien bereits die nächste Herausforderung. «Den Einfluss der Situation in der Ukraine kann man noch nicht abschätzen. In der Sozialhilfe werden unsere Fallzahlen durch den Status S nicht markant ansteigen. Anders könnte es in den Schulen aussehen», erzählt Riniker. Bereits während der Corona-Zeit hat sich der Aufwand dort deutlich erhöht: «Die Pandemie beschäftigt unsere Klientinnen und Klienten im Alltag, aber auch die Mitarbeitenden. Wir merken, dass es die Menschen stark belastet, gerade Familien. Wir beobachten mehr häusliche Gewalt, psychische Störungen bei Jugendlichen nehmen zu und die Institutionen sind ausgelastet.»
Zu Beginn der Pandemie wurde eine Zunahme der Sozialhilfefälle von rund 12% prognostiziert. Diese Schätzung hat sich relativiert. Die Fallzahlen sind gemäss der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS bisher entgegen den Befürchtungen während der Pandemie nicht gestiegen und sinken seit Sommer 2021 unter den Durchschnitt von 2019. Allerdings ist diese Entwicklung mit Vorsicht zu geniessen: Andere Sozialwerke wurden ausgebaut, sodass die Unterstützung während der Krise für finanziell Betroffene breiter abgestützt war. Mit der Aufhebung der Massnahmen und dem Wegfallen dieser zusätzlichen Leistungen durch bspw. AHV oder Corona-Erwerbsersatz rechnet die SKOS bis Ende 2023 wieder mit einem Anstieg, sogar um 13,8%. Ein düsteres Bild. Der regionale Sozialdienst Laupen bestätigt die Entwicklung. «Die Fallzahlen sind nicht überdurchschnittlich gestiegen», berichtet Jelena Riniker. in der Sozialhilfe sind sie dennoch um knapp 7% gestiegen, im Kindes- und Erwachsenenschutz um rund 10%. Die Fallbelastung, berichtet Möschberger, sei bereits vor der Pandemie höher gewesen als empfohlen, die Mitarbeitenden waren ausgelastet. Dank raschem und entschlossenem Handeln auch seitens Vorstand konnte die Situation entschärft werden. Neue Stellen wurden geschaffen, Pensen befristet erhöht und Praktikantinnen weiterbeschäftigt. Obwohl alle Sozialdienste gleichzeitig in der gleichen Lage waren, konnten die Stellen optimal besetzt werden. «Unsere Mitarbeitenden waren in dieser Zeit gefordert. Für die Sozialarbeitenden fiel unter anderem der reduzierte fachliche Austausch im Team ins Gewicht», so Möschberger. Die Geschäftsleitung ist sich einig: «Wir haben grossen Respekt gegenüber dem Engagement und dem Einsatz, den unsere Mitarbeitenden in diesem schwierigen Umfeld an den Tag legen.»
Dass das Klima im Sozialdienst spürbar gut ist, liegt den beiden Geschäftsleiterinnen am Herzen. In ihrem Führungsstil ist ihnen Transparenz und gute Kommunikation auch auf emotionaler Ebene wichtig. Es sei ein Vorteil des Betriebs, dass Frauen in der Geschäftsleitung sitzen, sind sie sich einig. Einerseits harmonieren die beiden gut, andererseits weist das Frauen-Duo Qualitäten auf, die sich in der Teamkultur bewähren. Emotionale Intelligenz statt harter Autorität. «Wir hören nicht nur, wenn man uns etwas sagt, sondern wir spüren auch, was auf emotionaler Ebene in der Luft schwebt», beschreibt es Möschberger. «Die Mitarbeitenden sind uns wichtig, wir wissen, was sie leisten – und sie müssen viel leisten oder sogar zu viel, auch bei maximaler Auslastung müssen neue Fälle bearbeitet und übernommen werden.» Kein Kaffeekränzchen-Führungsstil, das ist den beiden Geschäftsleiterinnen wichtig. Das Team des regionalen Sozialdienstes Laupen ist mehrheitlich weiblich. Dass Frauen in Sozialberufen deutlich stärker vertreten sind als Männer, ist nicht neu und geht auf die Entwicklung der Sozialen Arbeit aus oftmals freiwilliger Care-Arbeit zurück, die vor allem von Frauen geleistet wurde und wird. In der Sozialen Arbeit brauche es aber sowohl Frauen als auch Männer. Es sei schwierig, Männer zu finden, wenn man Stellen ausschreibe, wissen die beiden. «Wir haben einen Beruf mit hoher sozialer Interaktion mit Klienten, es braucht viel Empathie», versucht Riniker eine Erklärung zu finden. «Es stellt sich die Frage bei der Studienwahl: Will ich mir diese oft belastenden Situationen zum Beruf machen? Frauen haben da eventuell eine tiefere Hemmschwelle.» Auf jeden Fall schätzen beide ihre weibliche Co-Leitung. «Wir verstehen und ergänzen uns gut», freut sich Möschberger. Eine gute Voraussetzung, um auch in der kommenden, vermutlich weiterhin turbulenten und unsicheren Zeit, die Ruhe zu wahren und den Sozialdienst Laupen umsichtig zu führen. Karin Möschberger und Jelena Riniker liegt es am Herzen, den Mitarbeitenden in ihrem anspruchsvollen Umfeld auch weiterhin ein wohlwollendes Arbeitsklima zu bieten. Sie werden es brauchen.