«Guet, guet, guet, nid eso guet, guet …»

«Guet, guet, guet, nid eso guet, guet …»

Der Zeitpunkt unseres Besuches beim offiziellem Pilzkontolleur der Gemeinde Wünnewil-Flamatt und Ueberstorf, Benjamin Brülhart, in der Zivilschutzanlage Eggelried 1c am späten Sonntagnachmittag war ideal. Tage zuvor wechselten sich nämlich Regengüsse mit Sonnenstrahlen ab, was die Pilze in grosser Zahl aus dem Waldboden spriessen liess. Heisst: Kein Wunder, waren viele Sammlerinnen und Sammler erfolgreich unterwegs. Nur: Hatten sie ausschliesslich Speisepilze in ihren Körben?

Liebe Lesende, haben Sie eine Ahnung, wie viele Pilzsorten es allein in Mitteleuropa gibt? Jede Zahl, die Sie jetzt im Kopf haben, ist… falsch. Es sind zwischen 5000 bis 10’000. Kein Wunder also, ist ein entsprechendes Fachbuch bei Benjamin Brülhart ständig zur Hand, und sei es nur darum, dass er zum Beispiel nach einer deutschen Bezeichnung für den asperum, den Spitzschuppigen Stackel-Schirmling, sucht. Dieser Pilz hat es nämlich in sich, weil stark giftig. Die Art enthält Giftstoffe, die sich vor allem auf den Magen-Darm-Bereich auswirken. Bei Alkoholkonsum verstärkt sich die Giftwirkung, selbst vier Tage nach dem Verzehr. Lebensbedrohliche Vergiftungen sind dabei nicht ausgeschlossen. 

Maximal 2 Kilogramm pro Tag

Damit wir uns richtig verstehen: Ein solcher Giftpilz war bei unserem Besuch nicht dabei. Und der Pilzkontrolleur kennt jene über 20 Giftpilze, die hierzulande hauptsächlich zu finden sind, aus dem Effeff. Überhaupt war auffallend, dass die meisten Sammlerinnen und Sammler die Pilzkontrolle nicht zum ersten Mal aufgesucht haben. Georges Buser aus Wünnewil ist bereits eine Viertelstunde vor Ort, hat einiges an Pilzen gesammelt, jedoch unter der möglichen Höchstgrenze von zwei Kilogramm pro Person und Tag. Er ist erzürnt, weil er beobachten musste, wie Jugendliche mit Speisepilzen Fussball gespielt und viele sinnlos zerstört hätten. Stellt sich also die Frage, ob eine Verrohung ob der stark steigenden Anzahl an Sammlerinnen und Sammlern seit Corona stattfindet? Benjamin Brülhart winkt ab. «Rücksichtslose Übergriffe in der Natur gab es schon immer. Entscheidend ist etwas anderes: Diese Leute müssen sich bewusst sein, dass die Pilzvernichtung im Kanton Freiburg verboten ist. Das gilt es, zu kommunizieren.»

Regelmässige Verwechslungen

Gibt es Sammelnde, die einfach mal drauflos Pilze suchen und dann alles vor Benjamin Brülhart ausleeren, Motto «Lueg sälber»? Er lacht, gab es doch einmal tatsächlich eine Zeitgenossin, die zwei prallvolle Robidog-Säckli (!) vor ihm ausgeleert hat. «Das isch es richtigs Mues gsi…» Er hat ihr dann erklärt, worauf zu achten ist, dass zum Beispiel ein Tuch in einem Körbli ideal ist. «Sie hat meine Ratschläge befolgt, kommt jetzt richtig professionell daher.» Will heissen: Vorsortiert im Korb, nicht mit dem halben Waldboden. Ein Stück Alufolie im Korb, um die Pilze zu separieren, sollte auch nicht fehlen.

Benjamin Brülhart teilt Pilze in drei Kategorien ein: Speisepilze, keine Speisepilze und giftige. Unter «keine Speisepilze» fallen jene, die nicht giftig sind, sich aber nicht wirklich zum Essen eignen. Die Kontrollen (5 Franken) werden dokumentiert, die Sammler erhalten das Original ausgehändigt, der Kontrolleur behält das Doppel.

 

Benjamin Brülhart
Der verheiratete und zweifache Familienvater und Pilzfachmann wohnt seit 1998 in der Gemeinde Wünnewil. Ursprünglich hat er Automonteur gelernt, heute ist er beim Werkdienst der Gemeinde tätig. Seine Begeisterung für Pilze hat er bereits als Bub von seinem Vater mit auf den Weg bekommen. Fast logisch, dass er im Teenageralter andere Interessen hatte, danach jedoch wieder – nach einem «pilzigen» Freizeitanlass  bei der Feuerwehr – durch die Wälder streifte. Pilzkontrolleur wurde er 2018, weil sein Vorgänger den Wohnort gewechselt hatte. Für Benjamin Brülhart wichtig: Er sieht sich nicht bloss als Kontrolleur, sondern als Ratgeber für die Pilzsammlerinnen und -sammler, auch in Bezug auf Rezepte. Er wird von der Gemeinde für sein Fachwissen entschädigt, kann damit jedoch nicht reich werden, profitiert hingegen von Weiterbildungskursen. Persönlich engagiert er sich mit einer nationalen Petition, die das Verschwinden der Pilzkontrollstellen verhindern will. Unterschriftsbogen gibt es bei VAPKO, der Vereinigung amtlicher Pilzkontrollorgane der Schweiz, die heuer übrigens ihr 100-jährigen Bestehen feiert.

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