Skifahren gehörte schon immer zur Familie Ritschard, die im Skigebiet Elsigen-Metsch eine Ferienwohnung besitzt. So waren Lorin und seine zwei Jahre ältere Schwester Alani von klein auf mit zwei Brettern unterwegs. «Wir wollten dann in die Skischule, um mit Gleichaltrigen zu fahren, doch dort wurden die Gruppen nach dem Alter und nicht der Leistung eingeteilt», erklärt der Wünnewiler und lacht: «Wir waren zu jung für das, was wir konnten.» So wurde es stattdessen die Mitgliedschaft im Skiclub: «Es ging nur um Spass. Mein Vater, der früher Chef Alpin beim Schneesport Mittelland-Nordwestschweiz war, wollte nicht unbedingt, dass wir in Richtung Rennsport gehen.»
Die Anfänge
Aber wie so oft, kam es anders, als man denkt. Es begann mit der Teilnahme an regionalen Skirennen. «Es machte Spass, die Resultate waren gut und ich wurde schon bald in einen Kader aufgenommen», erläutert Lorin Ritschard die Anfänge. Inzwischen ist er Mitglied im Berner Oberländischen Skiverband (BOSV). Das bedeutet vier Nachmittage in der Woche Training. Dazu kommen Rennen, Gletscher- und selbstständiges Konditionstraining unter der Woche. «Daher habe ich nach der 8. Klasse überlegt, ob ich auf eine Sportschule wechseln soll», erläutert der 14-Jährige. Man setzte sich mit den Verantwortlichen von der OS Wünnewil zusammen und danach wurde entschieden, «dass wir es probieren». Nun versucht er «vorzuarbeiten», sich den Stoff also vorgängig anzueignen, das funktioniere bisher gut. Genauso akribisch geht er in Sachen Skifahren vor so schaut er gerne Trainingsvideos von Weltcupfahrern an, um so durchs Visualisieren zu lernen. Umsetzen konnte er es diese Saison vor allem im Training, denn bis März fanden keine Rennen statt. Als es endlich losging, schaffte Lorin Ritschard nach zwei sechsten und einem fünften Rang den Sprung aufs Podest.
Zwei Leidenschaften
All das wäre ohne die Unterstützung seiner Familie nicht möglich. Die Eltern fahren ihn nicht nur unter der Woche ins Berner Oberland, sondern haben auch viel Zeit und Geld in ihn investiert. «Halbherzig bringt nix und solange die Resultate stimmen und die Freude da ist, passt es. Sie richten alle ihre Planung nach mir aus, aber es hilft, dass die ganze Familie skibegeistert ist», meint Lorin Ritschard. Eine zweite Leidenschaft, die geteilt wird, ist Velofahren. Im Sommer geht es mit Rad und Zelt auf Touren oder auch mal quer durch Amerika: «2013 sind wir in acht Wochen von Denver nach San Francisco gefahren, das war toll.» Er sei auf allen Velos zuhause und so kam ihm die Idee, für sein Abschlussprojekt im Fach «Individuelle Vertiefung und Erweiterung» aufs Rad zu steigen.
Das Projekt
«Anfangs hatte ich keine Ahnung. Bis ich mit meinem Vater auf dem Skilift darüber gesprochen habe, wie sehr uns eine längere Tour reizen würde. Ich wollte mit Kollegen um den Bodensee fahren, aber Berge reizen mich mehr», sagt der Sportler. So entstand die Idee, das Projekt mit einer Velofahrt zu verbinden. Nur die sportliche Leistung alleine konnte der Lehrer nicht gelten lassen, machte verschiedene Vorschläge, die seinem Schüler aber nicht zusagten. «Als ich ein Crowdfunding-Projekt bei ‹Lokalhelden.ch› lancierte, hat mich Christine von Steiger unterstützt. Sie engagiert sich für die Urwaldschule in Ecuador. Da ich gerne etwas zurückgeben wollte, kam mir die Idee mit der Spendenfahrt», erläutert der Wünnewiler. Geplant ist, dass er von verschiedenen Unterstützern für jeden zurückgelegten Kilometer einen Betrag, den diese selbst wählen können, erhält: «Das Geld wird von den Leuten nach der Spendenfahrt direkt auf das Konto der Urwaldschule überwiesen, damit es sicher 1:1 dort ankommt.» Von Steiger war natürlich begeistert und vermittelte Kontakte, unter anderem zum Journalisten Reto Brennwald, der wiederum die Verbindung zu Claudio Righetti herstellte. «Righetti unterstützt mich mit seinem Netzwerk und hat mir hilfreiche Inputs gegeben, die ich nun in die Promotion des Projekts einfliessen lassen kann», erzählt Lorin Ritschard. So kam das Projekt ins Rollen. Wer spenden will, der findet auf seiner Website mehr Informationen.
Planänderung
Die ursprüngliche Idee von Wünnewil via Thun und Meiringen über die drei Alpenpässe Susten, Furka und Grimsel zurück zum Startort zu fahren, musste der Nachwuchssportler verwerfen: «Ich muss die Arbeit Mitte Juni abgeben, aber zu dieser Zeit haben sie wahrscheinlich noch Wintersperre.» Jetzt ist er an der Streckenplanung. 300 bis 400 Kilometer sollen in 24 Stunden zurückgelegt werden. Im letzten Sommer fühlte er sich nach einer 200 Kilometer-Tour über den Grimselpass noch «erstaunlich fit». Überhaupt liebe er verrückte Sachen: «Mein Motto ist, wenn ich ein Ziel erreiche, ohne hart dafür zu arbeiten, dann war es nicht hoch genug gesteckt.» Wenn man das hört, dann ist es nicht schwer zu glauben, dass der junge Mann alles schaffen kann, was er sich vornimmt, und sei es der Start in einem Weltcuprennen in ferner Zukunft.
Erwachsener Teenager
Es klingt erwachsen, wenn er sagt: «Ich verbringe trotz allem noch viel Zeit am Handy und habe gedacht, ich könnte diese sinnvoller nutzen. Ich hoffe, dieses Projekt motiviert auch andere Jugendliche ihre Bildschirmzeit ein wenig zu überdenken. Vielleicht auch einmal etwas anderes zu unternehmen oder etwas für andere zu tun oder zu organisieren.» Ebenfalls reif klingt die Aussage, dass er gerne Leute anschreibe, um Spenden zu sammeln und «mehr als nein sagen können sie nicht. Ich kann nicht weniger haben als vorher. Wenn man es nicht probiert, dann schafft man es auch nicht.» Das gilt sowohl fürs Skifahren als auch für den Rest des Lebens. Eine Weisheit, die sich manch einer von uns zu Herzen nehmen sollte.