«Ich möchte die Lücke zwischen Menschen mit beziehungsweise ohne Behinderung minimieren», machte Andrea Berger vor und nach ihrer Wahl deutlich. Dies ist ihr in den letzten Monaten bei Auftritten im Fernsehen, an Podiumsgesprächen, an Veranstaltungen, bei gesellschaftlichen Anlässen und Schulbesuchen sowie in Interviews gelungen.
«Es ist wie ein Stein, der – einmal ins Wasser geworfen – immer grösser werdende Wellen zieht», bekräftigt sie. Hemmschwellen und Vorurteile werden abgebaut. Dabei hilft ihr offenes und unverkrampftes Auftreten. Seit ihrer Wahl hat sie nichts von ihrer Lebensfreude verloren. Im Gegenteil, ihr Amt beflügelt sie, Berührungsängste kennt sie nicht.
Ihr Einsatz ist gefragt
«Die ersten Wochen waren happig», gibt Andrea Berger unumwunden zu. Da war sie praktisch jedes Wochenende und mehrere Abende pro Woche unterwegs. Manchmal kam sie um zwei Uhr früh nach Hause und war am Morgen wieder pünktlich im Büro. Inzwischen hat sich alles eingespielt. Ungefähr drei bis vier Anlässe sind es pro Monat. Sie darf selbst Vorschläge und Ideen einbringen, so wie ihre Teilnahme als Moderatorin am Musikfest der Stiftung Bernaville Mitte Juni. Ihr Interview mit Direktor Vinzenz Miescher beeindruckte, ihre Autogramme waren begehrt. Sie nahm sich viel Zeit für persönliche Gespräche.
«Ein besonders schönes Erlebnis hatte ich beim Besuch einer siebten Schulklasse», erinnert sich Andrea Berger. «Dies war für mich eine echte Herausforderung, wie erkläre ich den Schülern den Begriff Inklusion?» (siehe Kasten). Sie fertigte eigens eine Präsentation an und löste das Problem spielerisch mit Gummibärchen. Die Jugendlichen waren begeistert, erhielten auf ihre unverblümten Fragen direkte Antworten. Ein Highlight für beide Seiten.
Das Positive überwiegt
Auch die Nomination für den «TV Glory Award» der TV-Sendung «Glanz und Gloria» bedeutete Andrea viel. Aber nicht etwa als Auszeichnung für sich selbst: «Ich betrachtete es als vollkommen gelungene Inklusion.» Sie erhielt zwar den Award dann nicht, feierte aber an diesem Tag ihren 20. Geburtstag und war gerührt über das Happy-Birthday-Ständchen und einen wunderbaren Blumenstrauss.
Früher, vor allem als Kind, wurde sie oft angestarrt. «Diese Blicke habe ich immer gespürt und wusste damals noch nicht, wie reagieren.» Inzwischen hat sie sich genug Schlagfertigkeit zugelegt, die aber nicht immer nötig ist. Andrea Berger berichtet von einem schönen Erlebnis: «Ich stieg langsam am Bahnhof die Treppe zum Perron hinauf, da fühlte ich wieder diesen Blick.» Oben kam eine Frau auf sie zu mit den Worten: «Hallo, ich habe Sie im TV gesehen und finde es toll, was Sie da tun!»
Zwei Jahre Miss und
Mister Handicap
Die Miss-Handicap-Organisation behält den Zweijahresrhythmus bei und somit werden voraussichtlich 2016 zwei neue Botschafter für Menschen mit Behinderung gewählt. Andrea Berger wird also länger als Botschafterin tätig sein. Sie sieht dies als Chance, ihr Anliegen noch intensiver voranzutreiben: «Ich plane ein eigenes Projekt, das vom bisher üblichen Weg abweicht.»
Hat der Titel sie verändert? Andrea Berger überlegt lange, dann schüttelt sie entschieden den Kopf: «Nein, meine Ansichten sind die gleichen. Ich möchte andere motivieren und dabei nicht nur predigen, sondern Dinge auch selbst in Angriff nehmen.
I bi immer no d’Andrea!»