Bereits im Alter von sieben Jahren begann Ivan Böhlen mit dem Motocrosssport. Er durchlief sämtliche Motocross-Kategorien von den «Kids» (50 cm³) bis zur zweithöchsten Kategorie, den «Lites» (250 cm³). Gemeinsam mit Cyril Zurbrügg aus Köniz, fuhr Böhlen im «Z&B Racing Team», das ihre Väter leiten. Sie nahmen jeweils an den Rennen der Regional- und Schweizermeisterschaft teil. An den traditionellen Motocrossrennen Frauenkappelen waren die beiden als Lokalmatadoren am Start. Trainiert haben sie vorwiegend im Ausland, wo sie jeweils von ihren Familien mit dem Motorhome begleitet und betreut wurden.
Ivan Böhlen absolvierte eine dreijährige Berufslehre als Gärtner EFZ in Garten und Landschaftsbau, seinem Traumberuf. Nach der Berufslehre setzte der gebürtige Frauenkappeler während zwei Jahren voll auf Motocross. «Dazu arbeitete ich im Teilzeitpensum. Ich wollte den Sport professionell betreiben und schauen, was ich bei den ausreizen konnte», so Böhlen. Zusammen mit einem Motocrossfreund reiste er für das Winterhalbjahr 2018 nach Neuseeland zu einer Auslandschweizer Familie. Die beiden bestritten die Neuseeländische Motocrossmeisterschaft, die Böhlen auf dem 4. Gesamtrang beendete. «Neuseeland ist für mich bezüglich Motocross und meinem bisherigen Leben der Höhepunkt. Die Herzlichkeit der Gastfamilie, die Landschaften und Reisen und die Atmosphäre an den Rennen, bleiben für mich unvergessliche Erinnerungen», schwärmt Böhlen. Neuseeland war zugleich Wendepunkt in seinem Leben. «Ich merkte, dass meine Leidenschaft für den Gartenbau bislang zu kurz kam und wollte etwas mit den Händen erschaffen das Bestand hat und die Aus- und Weiterbildung im Leben auch wichtig ist. Deshalb beschloss ich, fortan den Motocrosssport ausschliesslich als Hobby zu betreiben.
Diagnose Krebs
Böhlen arbeitete wieder intensiver im Gartenbau: «Dabei liess meine Leistungsfähigkeit von Woche zu Woche nach und ich wurde immer müder.» Als es schlimmer wurde, liess er sich von Ärzten untersuchen. Deren Diagnose: Lymphdrüsenkrebs im fortgeschrittenem Stadium. «Das war ein grosser Schock für mich, die Familie und Freunde. Ich stellte mir viele Fragen zur Verträglichkeit der Chemo und den Bestrahlungen. Ob ich mich im Spiegel ohne Haare und mit aufgedunsenem Gesicht durch die hohe Cortison-Dosis noch erkennen würde?», erzählt der Frauenkappeler. Während eines halben Jahres folgten Chemo-Zyklen und Bestrahlungen. Glücklicherweise schlugen diese Behandlungen gut an. «Das Schlimmste war, dass ich im Spital mit Abstand der Jüngste unter den Krebspatienten war», sinniert Böhlen. Zurzeit muss er noch engmaschige Kontrolluntersuchungen machen, diese geben ihm Sicherheit.
Der 23-Jährige kann dem Krebs auch Positives abgewinnen: «Plötzlich steht man an einem Punkt im Leben, wo man nicht mehr weiss, wie es mit der Gesundheit weitergeht. Das löst viel aus. Dabei kommt der Perspektive des Lebens zentrale Bedeutung zu. Ich lebe heute zielgerichteter und achtsamer, schätze auch die kleinen Dinge. Ich fragte mich: , mein Kindheitstraum, die eigene Gartenbaufirma, verwirklichen.» Das Wissen um seine Ziele, die vor der Chemo bereits fix geplante dreijährige berufsbegleitende KV-Ausbildung und der Plan für den Schritt in die Selbständigkeit, zogen ihn aus der Negativ-Spirale: «Die Unterstützung durch Familie, Freunde und Bekannte machten dies erst möglich. Dafür bin ich allen sehr dankbar.»
Eigene Firma
Mit «Böhlen Landschaftsbau GmbH» gründete Ivan Böhlen im Frühjahr 2020 seine eigene Firma. Für ihn war klar, dass er seinen Berufskollegen aus der Gartenbaulehre anstellt. Heute stehen fünf Personen in unterschiedlichen Arbeitspensen für das Unternehmen im Einsatz. «Es ist schön, täglich mit dem jungen, kompetenten Team zu arbeiten. Die Planung der Projekte und Arbeitsabläufe ist interessant und anspruchsvoll. Ich achte darauf, dass die Mitarbeitenden ihren Stärken entsprechend zum Einsatz kommen. Der Garten- und Landschaftsbau bietet dazu eine breite Palette an Tätigkeiten.» Man habe auch in schwere Maschinen und Gerätschaften investiert, wodurch Projekte von Fremdfirmen, Kommunalbehörden oder kleineren Gartenbaufirmen als Subunternehmen ausgeführt werden können. Seit der Krebs-Diagnose hat sich der zielstrebige Jungunternehmer einem neuen Credo verschrieben: «Ich will aus jedem Tag das Beste machen.»
Daniel Bill