«Im dritten Jahr werden wir Trauben lesen»

«Im dritten Jahr werden wir Trauben lesen»

Am Südhang des Gurten wurde bereits im Mittelalter Wein angebaut. Dieses Vermächtnis soll nun rund um den Trottenbühl-Hof wiederaufleben. Beat Fehlmann, Weinbauer aus Leidenschaft und treibende Kraft hinter dem Projekt, berichtet über Ideen und Pläne des eigens gegründeten Vereins Rebberg Trottenbühl.

Vereinzelte Höfe, zartgrüne Wiesen und Felder – das Köniztal ist eine Idylle. Angebaut wird hier wohl einiges, aber Wein? Auf den ersten Blick mutet der Gedanke etwas exotisch an, ist die Region Bern doch nicht in erster Linie für ihren guten Wein bekannt. Zumindest nicht mehr.

Im Herzen ein Italiener
Dass hier nun tatsächlich wieder Wein angebaut werden soll, wie in alten Zeiten, ist Beat Fehlmann zu verdanken. Ihm, seiner Neugier und einer glücklichen Verkettung von Umständen. Fehlmann ist, das wird im Gespräch rasch klar, ein Tausendsassa. Geschichtenerzähler und Tüftler, Geniesser und Macher in persona. Vor einigen Jahren kaufte er zusammen mit seiner Frau Marlène im Piemont ein Weingut mit 70 Aren Land – ohne bis dahin eine grosse Ahnung vom Rebbau zu haben. «Ich habe immer gesagt, ich möchte 2 bis 3 Rebstöcke haben», strahlt Beat Fehlmann. Nun sind es eben einige mehr. So oft wie möglich reist Fehlmann nach Italien und gesteht auch gleich: «Ich habe zwar den Schweizer Pass, bin aber im Herzen Italiener!» In einem früheren Leben war er in der Nähe seines Hofes Grossgrundbesitzer, ist er überzeugt. «Ich fühlte mich von Anfang an wie zu Hause und kannte mich in der Gegend aus.» Auf dem benachbarten Hof lernte er einige Grundlagen, besorgte sich aber, da die benötigten Maschinen allesamt defekt waren, kurzerhand seine eigenen Geräte. «Aus Freude, als Hobby, um draussen in der Natur zu sein und immer wieder etwas zu erproben», wie er erklärt. Tatsächlich kommen von Fehlmanns Weingut mittlerweile einige gute Tropfen, die er – angereichert mit der einen oder anderen Anekdote – gerne unter die Leute bringt. So auch an einem der Stadtlandmärkte, die das Label «Grünes Band» rund um Bern organisiert.

Aus Übermut wird ernst
Dort kommt Beat Fehlmann mit der ehemaligen Könizer Gemeinderätin Rita Haudenschild ins Gespräch. Im Übermut behauptet der passionierte Weinbauer, sein italienischer Tropfen stamme vom Hof seiner Schwester und sei einer der berühmten Trottenbühlweine. Von da an geht es rasch: Die Idee, am Südhang des Gurten im Köniztal Wein anzubauen wie anno dazumal, findet Anklang. Dass im Trottenbühl tatsächlich vor mehr als 500 Jahren Reben gezogen und Wein gekeltert wurde, ist belegt. Geblieben ist bis vor kurzem nur der Name: Eine Trotte dient dem Auspressen von Trauben respektive meint den Keller, in dem gepresst wird. Mit Unterstützung der Bernburger, denen das Land gehört, der Gemeinde Köniz und dem Label «Grünes Band» wurde alsbald geplant und die Finanzierung geklärt. Einzige grössere Hürde war die Renovierung des historischen Ofenhäuschens, das im Trottenbühl von alten Zeiten zeugt. Die Auflagen für das denkmalgeschützte Gebäude sorgten für einiges Kopfzerbrechen. Doch nach einigem Hin und Her fand sich auch mit der Denkmalpflege eine Lösung. Mittlerweile schmiegen sich um das herausgeputzte und wieder mit einem Ofen versehene Häuschen Trockensteinmauern und Terrassen an den noch nackten, unbepflanzten Hang.

Aktivmitglieder packen mit an
Das Gelände ist vorbereitet, Material und Schösslinge sind reserviert, Ende März ist geplant, Kataster zu ziehen, und Mitte April, wenn die Frostperiode hoffentlich vorbei ist, soll gepflanzt werden. 400 Rebstöcke der Sorte Divico – eine neue besonders robuste Rebsorte – sollen im Köniztal gedeihen. «Ich schätze, im 3. Jahr werden wir erstmals Trauben lesen», ist Beat Fehlmann zuversichtlich. Um dieses Ziel zu erreichen und finanziell abgesichert zu sein, rief er im Januar den Verein Rebberg Trottenbühl ins Leben, denn: «Im Moment hängt noch alles an mir.» Rund 50 interessierte Menschen kamen an die Gründungsversammlung, die Hälfte davon wird künftig als Aktivmitglieder die Ärmel hochkrempeln und im Rebberg jäten, Pfosten setzen, Drähte spannen, hegen und pflegen und, wenn alles gut geht, Trauben lesen. «Wir haben interessierte und interessante Leute, auch Quereinsteiger, dabei», freut sich Vizepräsident Beat Fehlmann, «gemeinsam möchten wir Richtung biologischen Rebbau gehen, aber nicht zu 100%.» Dafür fehle die Zeit, ein Minimum an Chemie wird deshalb zum Einsatz kommen.

Die Lage im Trottenbühl sei ideal, um möglichst viel Sonne einzufangen. «Es geht uns nicht darum, einen Spitzenwein zu machen. Das Erlebnis rund um den Gurten ist mir wichtiger», erklärt Beat Fehlmann seine Vision, «meine Faszination ist es, den Leuten zu zeigen, was in einer Flasche Wein alles drinsteckt.» An Arbeit, Leidenschaft und Zeit. Im Trottenbühl soll dies künftig eingebettet zwischen Rebberg, Wanderweg und Gutshof möglich sein. Bei diesem Ambiente und einem guten Glas Wein dürfte sich wohl mancher von Beat Fehlmann und dem Verein Rebberg Trottenbühl mit der Begeisterung für den Rebbau anstecken lassen.

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