Konfliktzone Wald

Konfliktzone Wald

Lebensraum, Erholungsort, Klimaregulation, Sauerstoffproduzent, Holzlieferant: Der Wald ist ein Multitalent und als solches von verschiedenen Gruppen begehrt. Im Könizbergwald wecken kahle Stellen Sorgen bei der Gruppe «Freund:innen des Könizbergwalds».

Die Luft riecht frisch und kühl, es ist ruhig im Wald. Nur ab und zu ein Rascheln im Unterholz oder knirschende Schritte auf dem Waldweg. Durch die Äste der noch laubfreien Bäume stehlen sich immer mehr Sonnenstrahlen und besprenkeln den Waldboden mit goldenen Flecken. Es ist Samstagmorgen im Könizbergwald. Die Ruhe täuscht. Aus allen Richtungen finden Menschen ihren Weg zum Treffpunkt einer gemeinsamen Waldbegehung. Initiiert wurde das Treffen von der Burgergemeinde Bern. Es ist Teil ihrer Reaktion auf eine im Herbst 2021 eingereichte Petition «Stopp den Kahlschlägen im Könizbergwald». Damals äusserte eine lose Gruppierung namens «Freund:innen des Könizbergwalds» ihre Besorgnis und ihre Bedenken darüber, dass die Bewirtschaftung des Waldes in nicht nachhaltiger Weise stattfinden und die Burgergemeinde Bern ihre Verantwortung gegenüber dem Ökosystem Wald nicht wahrnehmen würde. Die Burgergemeinde Bern gab eine Überprüfung in Auftrag. Das Amt für Wald und Naturgefahren bestätigte daraufhin die gesetzeskonforme Waldbewirtschaftung. Mit öffentlichen Waldführungen – wie an besagtem Samstagmorgen im Könizbergwald – will die Burgergemeinde Bern den Dialog mit der Bevölkerung suchen.

Neugierig, besorgt, wütend

Rund fünfzehn Interessierte nehmen an der Waldbegehung teil. Viele kennen sich, man tauscht sich aus. Ins Geplauder mischen sich neugierige, besorgte und wütende Töne. Eigens recherchierte Infos oder Fotos aus dem Alltag des Waldes fehlen ebenso wenig wie Notizmaterial – man will genau zuhören und festhalten. Katrin Sedlmayer, Initiantin der «Freund:innen des Könizbergwalds», macht ihren Standpunkt auch gleich in der Begrüssung deutlich: Ihre Sorgen sind gross, die Skepsis die Burgergemeinde Bern betreffend ebenfalls. Der Gruppe gegenüber stehen als Vertretung der Burgergemeinde Bern die beiden Co-Leiter des Forstbetriebs, Philipp Egloff und Philipp Hug, Henriette von Wattenwyl, Burgergemeindeschreiberin, Markus Rufener, Forstwart, sowie Stefanie Gerber, verantwortlich für die Kommunikation. «Der Wald ist ein Thema, das alle betrifft. Wir wollen seitens der Burgergemeinde Bern den Wald der Bevölkerung zur Verfügung stellen, sogar über die übliche Nutzung hinaus», heisst es in der Begrüssung. Philipp Egloff betont: «Veränderung im Wald geschieht nicht nur durch die Bewirtschaftung, sondern auch durch den Klimawandel. Diesen Veränderungen stellen wir uns, indem wir den Wald bei der Adaption an neue Bedingungen unterstützen.» Dies geschehe aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse und begleitet durch Expertinnen und Experten.

Auch Sturmschäden

Wer durch den Könizbergwald spaziert, kommt nicht umhin, farbige Markierungen an den Bäumen oder leer wirkende Flächen zu bemerken. Die Zusammenhänge dahinter sind nicht einfach zu erkennen. Die Markierungen bedeuten nicht alle das Todesurteil für den jeweiligen Baum und was nach rücksichtslosem Kahlschlag aussieht, ist auch seitens der Burgergemeinde Bern nicht gewollt. Das würde auch wirtschaftlich keinen Sinn machen – wenn nichts wächst, kann auch kein Holz geliefert werden. Die sichtbaren Schneisen im Wald sind in erster Linie Nachwirkungen von Stürmen wie Burglind, Käferbefall und zu heissen Sommermonaten. Klar ist, dass durch die Bewirtschaftung in den Wald eingegriffen wird, dass es gewisse Beeinträchtigungen für Pflanzen und Böden gibt. Allerdings, so erklären die Zuständigen der Burgergemeinde Bern anschaulich, wird versucht, dies auf ein minimales Mass zu beschränken.

Die Waldbewirtschaftung ist in ihrer Vielschichtigkeit komplex. Es gilt zahlreiche Themen und Aspekte zu berücksichtigen: Bodenschutz, Anpassungen an die sich verändernden klimatischen Bedingungen etwa durch Einführung neuer Baumarten, Pflege von Biodiversität und Ressourcennutzung – es ist ein Balanceakt zwischen vielen und wenigen Eingriffen.

Nicht gleicher Meinung

Es wird an diesem Samstagmorgen schnell klar: Auf ein friedliches Einvernehmen darf man kaum hoffen. Obwohl das Grundinteresse der beiden Gruppen das gleiche ist – nämlich das nachhaltige Wohlergehen des Ökosystems Wald – so liegen die Überzeugungen, wie dies zu erreichen sei, weit auseinander. «Der Wald würde überleben auch ohne Eingriffe, er könnte aber die Funktionen nicht mehr erfüllen, die er aktuell erfüllt und von welchen wir alle profitieren», so eine der anwesenden Expertinnen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. Für Katrin Sedlmayer ist jedoch nach wie vor klar: «Ihr gebt den Bäumen den Rest.» Die Forderung der Gruppierung bleibt auch nach dem Rundgang gleich: Die Industrialisierung der Wälder muss gestoppt werden. Gefordert wird eine naturnahe und schonende Bewirtschaftung des Waldes. Keine Kahlschläge, keine Schneisen, die den Wald erwärmen, den Boden verdichten und erodieren lassen.

Die Burgergemeinde Bern steht hinter ihrer Strategie der Waldbewirtschaftung. Allerdings sind sich die Verantwortlichen bewusst, dass eine offene und transparente Kommunikation enorm wichtig ist. Künftig will die Burgergemeinde Bern den Dialog mit der Bevölkerung verstärkt suchen und sie umfassender für die verschiedenen Themen im Wald sensibilisieren.

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