Legenden der Leidenschaft

Legenden der Leidenschaft

So sehr ein herumtollendes Fohlen mit seinen staksigen Beinen den «Jö-Effekt» in uns hervorruft, so sehr bräuchte es zusätzlich noch einen «Wow-Effekt». Denn Züchten ist teuer, riskant und zeitintensiv. Vor allen Dingen in der Schweiz. Die Familie Krebs tut es trotzdem und feierte nun einen Erfolg, den man eigentlich kaum je erreichen kann.

Alle Fohlen der Schweizer Sportpferdezucht müssen sich in allen Herrenwinkeln und Frauenfeldern der Schweiz einer gestrengen Jury präsentieren. Nur die Besten erreichen den Final und reisen nach Avenches. Von Fohlen mit Mutter bis zu den achtjährigen Pferden, die kurz vor dem Sprung in den grossen Sport stehen: Sich mit einem oder sogar zwei Pferden für die Schweizermeisterschaften der CH-Sportpferde zu qualifizieren, ist das grosse Ziel der Züchterinnen und Züchter.

K wie Krönung oder Krebs?

Doch was wäre, wenn man gleich alle vier Fohlen für diesen Final qualifizieren kann? Genau das schaffte nämlich die Familie Krebs aus Rüeggisberg im Herbst 2023. «Sowas gibt es extrem selten, schliesslich braucht es schon enorm viel, um überhaupt bis nach Avenches zu kommen», sagt Daniel Etter, SRF-Experte für Pferdesport und Co-Equipenchef der Nationalmannschaft Springen. Doch aufgepasst: Barbara, Fritz, Nicole und Daniela Krebs haben sogar noch einen draufgesetzt: Alle vier Fohlen kamen auf den ersten vier Rängen zu stehen, zweimal Rang zwei und zweimal Rang vier. «Das ist eigentlich kaum zu schaffen», lautet der demütige Kommentar des Sportexperten Etter. Wie ist das möglich? Rüeggisberg ist ja nicht unbedingt das Pferdemekka der Welt, um es mal ein wenig vorsichtig zu sagen? Tochter Nicole Krebs versucht einzuordnen: «Es ist für meine Eltern wie die Anerkennung eines Lebenswerks.» Die erfolgreiche Ausbildnerin der Zuchtpferde der Familie Krebs verneigt sich vor ihren Eltern Barbara und Fritz, die seit über 40 Jahren hoch über der Nebelgrenze Sportpferde züchten. Dabei war eines der vier Fohlen ihr erstes von der eigenen Stute. Es ist für die ganze Familie Krebs, zu der auch Daniela, die Schwester von Nicole, als erfolgreiche Sportreiterin in der Zentralschweiz zählt, wie eine Krönung. Alle Pferde aus ihrer Zucht tragen den Buchstaben K am Schluss ihres Namens. Er steht zwar für den Familiennamen Krebs, dürfte aber fortan auch ein wenig für «königlich gut» stehen.

Internationale Ausrufezeichen

Mit Glück hat dieser Erfolg herzlich wenig am Reithelm. In der über 40-jährigen Zuchtgeschichte der Familie Krebs gibt es einige Ausrufezeichen und Erfolge auf höchstem Niveau. Die Stute La Bamba etwa war für die mexikanische Nationalmannschaft in den Nationenpreisen siegreich. Aus ihren Genen entspringt der Hengst Chicago K, der mit Nicole und Daniela Krebs zweimal den Schweizermeistertitel der CH-Sportpferde feierte. Die Stute Sydney K doppelte diesen Erfolg nach. Und mit dem Hengst Mister X begann Vater Fritz Krebs als einer der ersten privaten Hengsthalter der Schweiz bereits einen mutigen Schritt zu machen. So verwundert es nicht, dass schon vor sechs Jahren der Verein Sportpferde Schweiz die Arbeit der Familie Krebs mit dem Titel Züchter des Jahres beehrte; notabene anlässlich des Weltcup-Turniers CSI Basel.

Harte Arbeit

Im Jahr 2024 steht nun der nächste grosse Schritt an: Tochter Nicole übernimmt nicht mehr nur die Zügel der Jungpferde in der Ausbildung, sondern gleich auch jene der Zucht sowie des Landwirtschaftsbetriebs. Ihre Eltern dürfen sich etwas mehr zurücklehnen. Wobei aus dem Zurücklehnen bei Vater Fritz, spätestens wenn es um die Hengstwahl und die perfekten Paarungen geht, ein Vorlehnen wird. «Die Wahl der richtigen Paarung nehmen wir gemeinsam vor, das ergibt spannende Diskussionen», freut sich die Tochter schon wieder auf das nächste Mal. Und manch Pferdefreund würde gerne Mäuschen spielen, um die ideale Paarung «à la Krebs» herauszufinden. «Wir suchen die bestmögliche Qualität. Ich bin ein Fehlergucker, ich kenne unsere Stuten und deren Schwächen; diese müssen kompensiert werden», verrät Nicole Krebs. Der grosse Vorteil der Familie sind die herausragenden Stuten. Für sie ist klar: «Aus einer mässigen Stute und einem Spizenhengst gib es keinen Grand-Prix-Sieger.» Doch wenn es um die Zuchtziele geht, leuchten die Augen der neuen Chefin der Krebspferde. Die Strapazen, Kosten und Risiken, bis ein Pferd so weit ist, sind wie vom Stallbesen weggewischt. Das Feuer der Leidenschaft brennt. Und das muss es auch, denn bis ein solches Pferd vierjährig ist, häufen sich Kosten von Decksprung, Tierarzt, Futter, Turniere etc. auf zirka 20000 Franken an. Und das ist noch wenig, denn Nicole Krebs ist talentierte und motivierte Ausbildnerinnen von Jungpferden.

Vom Anziehen des Halfters bis zum siegreichen Parcours auf Schweizermeisterschaftsniveau führt sie die Talente behutsam heran. In Rüeggisberg, weit weg von den grossen Pferdesportanlagen, in dunklen Wintertagen, draussen bei Sonne, Wind und Regen. Seit Jahrzehnten und neben ihrer Vollzeit-Arbeitsstelle. Das Resultat sind Spitzenpferde, die man gemeinhin als «Legenden der Leidenschaft» bezeichnen darf.

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